Story: Das Leben und Leiden vor dem ersten Mal

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Offline Janno

    • I don't know you, but I think I hate you
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    Okay, denn ist hier mal die andere (nicht Horror) Geschichte von mir.
    Aber erwartet nichts großartiges :)

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    Verdammt, entweder will mich der Spiegel ärgern oder meine Haare führen ein Eigenleben und haben sich gegen mich verschworen. Wieso wollen sie gerade heute nicht so, wie ich will?!
    Oh, bevor ich es vergesse - ich bin Logan. Okay, bisher nichts außergewöhnliches, doch es gibt da eine Sache, die für die meisten recht außergewöhnlich klingt. Ich bin sechsundzwanzig Jahre alt und hatte in meinem ganzen Leben noch nie ein richtiges Date. Klingt eigenartig? Glaubt mir, das ist es auch. Woran es liegt? Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich weiß jedoch, dass heute alles anders werden soll.
    Ein wichtiger Abend steht mir bevor. Ein großer Schritt für mich, ein kleiner (oder eher gar kein) Schritt für die Menschheit. Sein oder nicht sein? Pizza oder Spaghetti? Ist eine fettige Pizza überhaupt das richtige für das erste Date? Spaghetti sind da doch viel dezenter und angebrachter. Und wenn ich da an Susi und Strolch denke, wo sie sich das Fleischbällchen mit der Nase entgegenrollen. Na gut, das würde bei diesem Date sicherlich nicht passieren, aber süß ist es trotzdem. Vielleicht sollte ich mit der Geschichte ganz vorne anfangen.

    Es war einer dieser Samstagabende, an denen die meisten Leute auf die Piste gehen, literweise Alkohol in sich hineinschütten und beim Tanzen schwitzen wie die Tiere. Für mich war das noch nie das Bild eines gelungenen und erfüllenden Abends. Mein bester Freund Denton pflegte immer zu sagen: "Du musst die Nacht zum Tag machen. Das ist das wahre Leben." Ich hielt das alles für dummes Gerde und sah mir lieber DVDs in meiner kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung an. Ich hatte mir am Tag des Einzuges noch ein altes abgewracktes Stoffsofa aus der örtlichen Möbelfundgrube gekauft. Es hatte ein großes Loch in seinem rot/grün karierten Bezug und es roch etwas nach nassem Hund. Einfacher gesagt: es war potthässlich. Aber eine Sache hat mich an dieser muffigen Couch sofort angesprochen: sie war günstig. Sie war sogar sehr günstig. Zwanzig Mücken hab ich für dieses alte Teil hingeblättert. Und so fläzte ich mich jedes Wochenende auf eben dieses Sofa und schaute mir Filme sämtlicher Jahrzehnte an. Von dem Klassiker "Nosferatu", bis hin zu aktuellen Blockbustern wie "Fluch der Karibik".
    Eigentlich hatte ich auch an diesem letzten Wochenende vor gehabt, mich voll und ganz dem Glanze Hollywoods hinzugeben, doch plötzlich stand Denton vor meiner Tür und rief hysterisch durch das Haus, in dem meine Wohnung ist, noch bevor ich die Tür öffnen konnte. "Aaaaaaaaaalter, du musst mit zu dieser absolut geilen Party! Halbnackte Chicas und kübelweise Alk! Mach schon auf und lass mich rein!" rief er durch den Hausflur gegen meine weiße, leicht gesplitterte Wohnungstür. Ich schlurfte also langsam zur Wohnungstür und sah durch den Türspion. Dort sah ich Denton, der wie immer lässig gekleidet war. Labberige Skaterhosen und ein T-Shirt, worauf eine große Hand abgebildet war, die den Stinkefinger zeigte. Darunter stand in großen schwarzen Buchstaben "THIS IS FOR YOU". Und wie immer steckte in seinem rechten Ohr ein Ohrstecker, dessen anderes Ende in einen kleinen kompakten iPod führte, den er unter seinem Shirt verstaut hatte. Er hielt es für unglaublich cool, mit nur einem Ohrstecker herumzulaufen, ohne das auch nur ein Ton daraus kam.
    Ich öffnete langsam die Tür und noch bevor er in die Wohnung getreten war, sagte er: "Das wird der Hammer. Das wird der ab-so-lu-te Hammer." Ich schaute ihm verschlafen nach, wie er mit großen Schritten zur Couch wanderte und sich wie ein nasser Sack hinein plumpsen ließ. Ich schlurfte gemächlich zu der Armlehne des Sofas und setzte mich, während ich Denton, der aufgekratzt wie nach einer ganzen Kanne Kaffee wirkte, mit einem verschlafenen Blick ansah. "Und sonst so?" fragte ich gelangweilt.
    "Junge, mach dich fertig. Du kommst mit zu der geilsten Party des Jahres. Nach, was rede ich?! Die geilste Party des Jahrtausends", gab Denton aufgeregt zurück.
    Er schaltete meinen Fernseher ab, sah zu mir auf und grinste bis über beide Ohren. Da ich genau wusste, dass er nicht verschwunden wäre, wenn er nicht meine Zusage bekommen hätte, ging ich ins Schlafzimmer und zog mir die Jeans an, die am wenigsten Falten hatte und suchte mir ein T-Shirt, welches keinen dämlichen Spruch auf der Brust hatte. Ich zog meine schwarzen Schuhe der Marke Converse unter dem Bett hervor und schlüpfte rein. Da trotz Nieselregen eine fürchterliche Hitze draußen herrschte, verzichtete ich an diesem Abend auf meine Jacke und ging zurück zu Denton ins Wohnzimmer, sah zu ihm herunter und sagte: "Wenn das wieder so eine beschissene Technoparty ist, denn gnade dir Gott. Du schuldest mir was. Ich hoffe, dass dir das klar ist?"
    Denton sprang auf, packte mich und sagte: "Wie auch immer. Alter, das wird unser Abend. Ich und mein bester Freund sind die Herren der Nacht. Also, ab geht's." Nun zog er mich mit zur Wohnungstür, blieb aber noch im Türrahmen stehen. "Alter, hast du Kondome dabei? Man kann ja nie wissen?" fragte er mich mit einem verschmitzten Lächeln. Ich schüttelte den Kopf. Als ob jemals Kondome nötig gehabt hätte. Ich war selten draußen und traf mich auch selten mit anderen Leuten, um irgendwas zu unternehmen. Ich war mehr wie ein Einsiedler, der seine Zeit alleine genoss. An Mädchen war in meinem Leben gar nicht zu denken. Ich sprach selten mit ihnen, außer wenn ich im Supermarkt an der Kasse stand oder im Kino Eintrittskarten kaufte.

    Wir fuhren also zu diesem Club, der, wie Partybruder Denton sagte, der absolute Bringer sein sollte. Allein die Autofahrt war die reinste Tortur. Im Radio liefen die ganze Zeit Songs aus den Siebzigern, welche Denton alle auswendig kannte und lauthals mitsang. Ich dachte ich müsste bei "Stayin' Alive" langsam taub werden. Und um ehrlich zu sein, hätte ich mir das in diesem Moment auch sehnlichst gewünscht. Es dauerte gerade mal fünfzehn Minuten, bis wir den Club erreichten. Ein normaler Autofahrer hätte bestimmt gute fünfundvierzig Minuten gebraucht, aber Denton ist ein verdammter Höllenjockey, der seinen Wagen bis zum Anschlag ausreizt. Es war immer wieder wie eine Achterbahnfahrt, wenn ich auf seinem Beifahrersitz platz nahm.
    Der Club lag mitten in der Innenstadt und wirkte wie ein pompöser Tempel. Überall grelle Lichter, die sich in den Pfützen auf der Straße spiegelten. Über dem Eingang prangte der Name des Ladens: JOLLY'S FUNHOUSE. Für mich klang es eher wie ein Puff, jedoch nicht wie ein Club oder einer Diskothek. Eine große Schlange an Menschen stand vor dem großen Eingang, der aus zwei gläsernen Schwingtüren bestand. Ein bulliger Türsteher, dessen kahler Kopf eine Flammentätowierung zierte, winkte die Leute einem nach dem anderen herein. Und auch die Musik drang bereits zu uns durch. Es war beatlastiger Techno - mein schlimmster Albtraum. Ich wies Denton auf einen freien Parkplatz hin, während er noch ganz aufgeregt zu der Leuchtschrift starrte und fast in ein anderes Auto krachte. Er bog in den freien Parkplatz ein und kam schlussendlich zum Stehen. "Denn lass die Party beginnen", sagte Denton selbstsicher. Ich murmelte lediglich ein leises und unmotiviertes "Na yippie" vor mich hin und stieg aus dem Auto.
    Als wir den Eingang erreichten, schlängelten wir uns an der wartenden Meute vorbei und Denton wandte sich gleich an den Türsteher: "Terry, alter Kumpel. Wie geht's, wie steht's? Lässt uns gleich rein, oder wie seh ich das?" Ich schaute erst den Türsteher an und schwenkte erstarrt zu Denton. Terry schlug ihm leicht auf seinen rechten Arm und sagte: "Logo, geht ruhig rein und lasst es ordentlich krachen."
    Immer noch erstaunt sah ich Denton an und fragte ihn, ob er jeden in dieser Stadt kennen würde. Er lachte nur und sagte mir: "Mach dir darüber mal keinen Kopf. Hab einfach Spaß und lass ordentlich die Puppen tanzen." Kaum hatte er den Satz zu Ende gesprochen, stand ich auch schon alleine neben der Tanzfläche. "Super" dachte ich mir und schaute mich ein wenig um, indem ich durch den verrauchten Club wanderte. Die Luft war abgestanden und roch nach Schweiß, doch die umherwippende Meute schien das nicht zu stören.
    Dröhnende Technobeats pusteten durch meine Ohren und ich wusste genau, dass ich spätestens in zwanzig Minuten Kopfschmerzen von dem Krach bekommen würde. Überall waren tanzende Leute. Einige von ihnen waren nicht mehr bekleidet, als in diversen Schmuddelfilmen, die oft Nachts im Fernsehen liefen. Die Frauen waren zwar freizügiger als die Männer, aber selbst die waren hier nur knapp betucht. BHs waren wohl ebenso ungern gesehen, wie T-Shirts oder Hemden. Die meisten Männer tanzten oben ohne über die Tanzfläche. Zudem vermutete ich, dass Slips in diesem Laden auch eher eine Seltenheit waren.
    Mit einem bleiernen Hämmern im Kopf machte ich mich also auf den Weg an die Bar. Ein Zufluchtsort, an dem ich mich den Abend über verkriechen konnte, ohne das mich irgendein tanzender Technojunkie anrempeln konnte. Ich setzte mich auf einen freien Barhocker und richtete meinen Blick auf den Barkeeper, der gerade einem tänzelnden Mädchen etwas zu trinken einschenkte. Mein Blick blieb starr auf ihr gerichtet, bis er auch mich bemerkte, auf mich zukam und mir zunickte. Ich bestellte eine einfache Cola und ließ anschließend meinen Kopf auf den Tresen knallen. Ich wusste genau, dass dieser Abend ein kompletter Reinfall werden würde und Denton nur nicht alleine fahren wollte. Tja, denn musste halt wieder herhalten - wie immer. Ich hätte mich in diesem Moment von Keira Knightley oder Halle Berry verzaubern lassen können, doch stattdessen donnerte pausenlos Technogetöse in meinen Kopf.
    Stundenlang verharrte ich in dieser Position, die aussah, als sei ich am Tresen gestorben. Ich muß zugeben, dass ich mir den Tod nicht schlimmer vorgestellt hatte, als in dieser Disco zu sitzen.
    Plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz im Rücken, der mich blitzartig aufsehen ließ. Ich streckte mich und drückte mir eine Hand ins Kreuz. Ich ließ meinen Blick in alle Richtungen schweifen und sah rechts neben mir ein junges Mädchen sitzen. Sie konnte nicht älter als zweiundzwanzig Jahre alt sein. Eine Hälfte ihres Gesichtes wurde von ihren schulterlangen schwarzen Haaren verdeckt, was sie geheimnisvoll erschienen ließ. Außerdem glänzte ein Ring an der rechten Seite ihrer Unterlippe hervor. Sie hatte ihre Fingernägel schwarz lackiert, trug ein schwarzes Oberteil, welches wie ein Unterhemd aussah, und kurz über dem Bauchnabel abgerissen wurde. Darauf war ein Totenkopf zu sehen. Unterhalb des Oberteils blitzte ein weiteres Piercing, diesmal in ihrem Bauchnabel. Sie trug einen schwarzen Rock, der kurz über ihrem Knie endete. Gehalten wurde er mit einem Nietengürtel. Mein Blick wanderte an ihren makellosen Beinen herunter und traf auf etwas, was so nicht in dieses Erscheinungsbild passen wollte. Sie trug pinke Schuhe von Converse. Es traf mich wie ein Blitz. Ich glaubte zwar nie an Liebe auf den ersten Blick, aber was nun fühlte, war überwältigend.
    "Hey, alles klar bei dir?" fragte sie mit lauter Stimme, da die Musik fast ohrenbetäubend war. Während sie mir diese Frage stellte, verpasste sie mir einen kleinen Stoß gegen die Schulter. Ich bemerkte erst jetzt, dass ich sie die ganze Zeit über angestarrt habe. Peinlich berührt und leicht errötet riss ich meine Augen weit auf und sagte erschrocken: "Ja ja, klar. Alles super. Alles paletti. Alles in Butter. Alles total funky." Ich ballte vor Ärger, wegen dem, was ich grad gesagt hatte, eine Faust hinter meinem Rücken. Etwas Blöderes als "Alles total funky" hätte ich wohl nicht sagen können, hm? Jetzt saß ich also meiner Traumfrau gegenüber und sagte "Alles total funky". So wurde ein grausamer Abend zum schlimmsten Abend meines Lebens. Trotz meiner stümperhaften Reaktion lachte die unbekannte Schöne und sagte: "Ja, alles total funky."
    Um nicht noch in meiner Scham zu ersticken, lachte ich einfach herzlich mit, was jedoch mehr gespielt klang. Sie schaute mich an und fragte noch immer amüsiert: "Das ist dir peinlich, hm?"
    Mein Lachen flaute etwas ab und antwortete: "Ja, schon ein wenig."
    "Ist doch kein Problem. Mein Name ist Patricia, aber Freunde nennen mich...na, weißt du's?"
    In meinem Kopf schwirrten diverse Spitznamen für sie herum. Erst fiel mir "Engel" ein, dicht gefolgt von "Traumfrau". Doch das waren nicht die einzigen Namen. Ich schaute ihr in die Augen und sagte einfach: "Patty?"
    Sie nickte und lächelte mich an. "Genau", erwiderte sie.
    Gott, was war das für ein Lächeln? Mir blieb fast die Luft weg und ich merkte, wie aufgeregt ich in ihrer Nähe wurde. Ich war wie hypnotisiert. während mir ganz warm wurde. Ich spürte ein Kribbeln im Bauch, was ich vorher noch nie gespürt habe und mir wurde etwas schwindelig. Was war bloß los mit mir? Ich bekam schweißnasse Hände und mein Herz raste. Konnte es wirklich nur an diesem einen Lächeln gelegen haben? Ich war mir nicht sicher, konnte es mir aber nicht anders erklären.
    Ihr Lächeln verschwand, als sie ihren bestellten Drink bekam. Meine Nervosität blieb jedoch weiterhin bestehen. Nachdem sie einen ordentlichen Zug aus ihrem Drink genommen hatte, stellte sie das Glas wieder vor sich auf den Tresen und musterte mich. "Wie heißt du denn?" fragte sie.
    Ich war wie erstarrt und konnte kaum ein richtiges Wort heraus bringen. "Wer? Ich? Mein Name? Ah, schon klar", stammelte ich, nervös wie ich war.
    "Und? Wie heißt du denn nun?" fragte sie in einem heiteren Tonfall.
    "Oooh, tschuldigung. Ich heiße Logan. Logan Dingsda...ähm...Logan Madsen. Genau, so heiß ich."
    "Freut mich Logan. Ich bin normal nicht in solchen Läden. Mir gefällt die Musik nicht, die Leute sind mir einfach zu nackt und die Drinks zu teuer. Bist du öfter hier?"
    Langsam beruhigte ich mich wieder und meine Arme und Beine wurden wieder etwas lockerer. Am liebsten hätte ich ihr erzählt, dass mir dieser nikotinverseuchte Laden gehören würde, damit ich sie irgendwie beeindrucken konnte, doch ich sagte ihr die Wahrheit: "Nein, ich find es furchtbar hier. Ich finde die Musik auch grausig. Aber gegen nackte Leute hab ich nichts." Großer Gott, ich hatte tatsächlich gesagt, ich hätte nichts gegen nackte Leute. Sie würde sicher glauben, dass ich ein kleiner Perverser bin und mich allein am Tresen sitzen lassen. Doch das tat sie nicht. Sie blieb neben mir sitzen und fing an zu lachen. Etwas irritiert lachte ich mit, obwohl ich nicht wusste, ob sie vielleicht über mich in Gelächter ausbrach.
    Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Denton auf uns zukam. Er legte den Arm um mich und sagte: "Hey Alter, komm doch auch mal auf die Tanzfläche. Da geht doch die ganze Party ab." Er sah zu Patty rüber und musterte sie von oben bis unten. "Jesus, Maria und Josef. Sag mal Logan, willst du mir die nette Lady nicht mal vorstellen?" fragte er mich in einem etwas überheblichen Ton. Das war wieder typisch Denton. Ständig musste er den großen Macker raushängen lassen und brachte mich von einer peinlichen Situation in die nächste. Ich lächelte verlegen und wurde ein weiteres Mal leicht rot im Gesicht. "Denton, das ist Patricia. Patrica, das ist mein Freund Denton", sagte ich und zeigte jeweils auf die jeweilige Person.
    Patty sah mich entgeistert an. "Oh, dein Freund? Wie lange seid ihr denn schon ein Paar?", fragte sie neugierig. Ich erstarrte innerlich zu Stein und gab mir in Gedanken Ohrfeigen. Denton hingegen brach in schallendes Gelächter aus und hielt sich dabei den Bauch. War für ihn urkomisch zu sein schien, war für mich ein Schlag ins Gesicht. Ich stand meiner absoluten Traumfrau gegenüber und sie dachte, ich sei schwul. Super. Jetzt konnte es wohl kaum noch schlechter werden, außer vielleicht, wenn ich mich eingenässt hätte. Nachdem Dentons Lachen etwas abgeklungen war, sah er Patty an und sagte: "Fein Patty, hat mich gefreut. Und jetzt muß ich auch wieder los. Da wartet noch ein heißes Eisen auf mich. Ciao bella." Somit verschwand er wieder in der schwitzenden Menschenmenge auf der Tanzfläche.
    Patty schaute mich etwas besorgt an. "Findest du das okay, wenn dein Freund mit anderen Kerlen rummacht?" fragte sie. Ich gestikulierte wild mit den Armen umher, was sicherlich so aussah, als hätte ich versuchen wollen zu fliegen. "W-Was? Wie? Nein, um Gottes Willen. Wir sind doch nicht SOLCHE Freunde. Wir sind kein Paar. Ich kenne Denton schon seit dem Kindergarten. Er ist in Ordnung, nur immer etwas aufgedreht. Ganz anders als ich", rechtfertigte ich mich und musste ein wenig zu grinsen anfangen. Patty nickte mir zustimmend zu: "Ja, das kann ich mir vorstellen."
    Sie nahm ihren Drink und leerte ihn mit einem langen Zug. "So, es war nett, aber leider werd ich jetzt meine Freundin einsammeln und verschwinden. So sehr ich deine Gesellschaft auch genossen hab, ich werd jetzt abdampfen", sagte sie mit ihrem unvergleichlichen Lächeln und gab mir die Hand zum Abschied. "Mach's gut Logan Madsen." Auch ich verabschiedete mich und sah ihr nach, bis sie in dem Menschenpulk verschwand.
    So ging diese Frau nicht nur aus meinem Sichtfeld, sondern auch aus meinem Leben. Irgendwie fühlte ich mich in diesem Moment leer, als hätte man mir mein Geld oder mein teures Fahrrad gestohlen. Doch das einzige, was mir gestohlen wurde, war mein Herz. Mein Herz schlug für Patricia und ich wusste nicht, ob ich sie je wiedersehen würde. Jede Faser meines Körpers hatte es sich gewünscht, ihr ein weiteres Mal gegenüber zu treten. Doch standen die Chancen dafür mehr als schlecht. Bedrückt und sichtlich geknickt wandte ich mich wieder meiner Cola zu. Ich ließ meinen Kopf jedoch nicht wieder auf den Tresen fallen. Ein winziger Keim von Hoffnung blühte in mir auf, dass Patty wieder zu mir zurückkommen würde. Doch schon bald merkte ich, dass das nicht passieren würde. Enttäuscht setzte ich das halbvolle Glas an meine Lippen. In diesem Moment war das Glas für mich jedoch nicht halbvoll, sondern halbleer. Ich fand es schade, dass sie nicht länger bleiben wollte. Der Abend wäre mit ihr sicherlich erträglicher geworden.
    Während ich im Mitleid versank, kam Denton zu mir an den Tresen. Wie immer war er aufgekratzt und schweißgebadet. "Ich hab 'ne Braut kennengelernt, die ist der Oberhammer. Super Gestell und zwei wahnsinnig große...", Denton sah sich um und kam näher an mich heran. "Zwei wahnsinnig große Augen." Das sah Denton ähnlich. Er achtete nur auf das Äußerliche. Er wollte einfach nur Sex. Für eine Beziehung war er nicht geschaffen. Er würde es nie länger mit nur einer Frau aushalten. Und das wollte er auch gar nicht. Er genoss sein Leben in vollen Zügen und das konnte er eben nur, wenn er fast täglich neue "Freundinnen" hatte. Ich konnte mir so ein Leben nicht vorstellen. Ich würde eine Frau wollen, mit der ich so lange wie nur irgendmöglich zusammen sein kann. Eine traumhafte Beziehung, in der man sich vertraut und gemeinsam lachen kann.
    Ich wollte gerade auf die Toilette gehen, als mich Denton jedoch am Arm festhielt. "Pass auf, ich hol mir noch 'nen letzten Drink und denn hauen wir ab. Ich hab eine Schnalle klargemacht und du findest es hier bestimmt ätzend. Also lass uns einfach gleich fahren", schlug er vor. Endlich kam etwas Vernünftiges aus seinem Mund und ich willigte ein. Eine Chance, dass ich Patty hier wiedersehen würde, war mehr als gering. So bestellte Denton einen weiteren Drink, spülte ihn schnell herunter und zehn Minuten später waren wir auch schon auf dem Heimweg.

    Es war Mittwoch und ich kam gerade von meinen Eltern, die eine kleine sommerliche Grillparty veranstalteten. Jedes Jahr war es das Highlight für meinen Vater, seine Schürze mit der Aufschrift "KISS THE COOK" anzuziehen und Burger für die komplette Familie zu brutzeln. Seitdem er im Ruhestand war, gab es für ihn nicht mehr viel, auf das er sich richtig freuen konnte. Ihm hatte die Arbeit als Bauarbeiter Spaß gemacht, was ich nie nachvollziehen konnte. Er hatte es geliebt auf Gerüste zu klettern und schwere Metallstangen in zu schleppen. Für ihn war es die Erfüllung. Er hätte es gerne gesehen, wenn ich in seine Fußstapfen getreten wäre, aber die Bauindustrie war nichts für einen so schmächtigen Typen wie mich. Ich spielte zwar kurzzeitig mit dem Gedanken Bauzeichner zu werden, doch dieser verflog schnell wieder, als ich hörte, welche Noten für den Job verlangt wurden. Ich beschäftigte mich nun lieber mit Computern. Das war meine Berufung.
    Es war schon spät, als ich nach Hause kam und mein Telefon klingelte. Ich eilte so schnell es ging an den Apparat und nahm den Hörer ab. Als hätte ich es geahnt: es war Denton, der, nicht wie sonst, aufgekratzt klang, sondern eher gelassen: "Hi Logan. Sag mal, hast du nicht Lust, mit ins Kino zu kommen? Wir wollen diesen besonderen Film sehen, der heute läuft. Du weißt schon - dieser Aktionstag ist doch heute."
    Ich blätterte in der Zeitung, in der das Kinoprogramm abgedruckt war, damit ich verstehen konnte, wovon Denton sprach. Dort stand in einer großen Spalte "Aktionstag: Klassiker, die man gesehen haben muss - Eintritt 6$". Ich überlegte einen kurzen Moment und fragte: "Wir? Wen meinst du mit WIR?"
    Denton schluckte so laut, dass ich es durch das Telefon hören konnte. "Ich meine mich und das Mädel, welches ich am Samstag im Jollys kennengelernt habe. Dieses heiße Gerät, von dem ich dir erzählt habe. Amanda heißt sie"
    "Na spitze" dachte ich. Ich fragte mich, weswegen ich mitkommen sollte. Ich wäre doch lediglich das fünfte Rad am Wagen. Und einen Aufpasser brauchte Denton mit Sicherheit auch nicht. Diese Amanda hätte vielleicht einen Aufpasser gebraucht, denn Denton konnte nie die Finger von Mädchen lassen. Dennoch konnte ich mich alten Filmklassikern nicht entziehen und willigte seiner Einladung mit knirschenden Zähnen ein.
    "Super Alter", jubelte Denton in den Hörer. "Denn treffen wir uns um acht vor dem Kino. Nicht vergessen - ACHT UHR."
    Er hatte das Gespräch bereits beendet, bevor ich noch irgendwas sagen konnte. Auch das sah ihm wieder ähnlich, worüber ich mir aber keine Gedanken machte. Ich schaute auf meine Uhr und bemerkte, dass es noch vier Stunden bis zum Film waren. Ich nahm also erstmal eine ausgedehnte Dusche und rasierte mir die Brust. Nachdem ich noch einen ordentlichen Imbiss (in Form von Pizza Funghi) hatte, schlüpfte ich in meine dünne blaue Stoffjacke, setzte mir eine Mütze auf und machte mich auf den Weg zum Kino.
    Nach einem Fußmarsch von dreißig Minuten erreichte ich das Kino und sah mit Erschrecken auf die große Anzeigetafel über dem Eingang. Dort stand in großen rot leuchtenden Buchstaben "Klassiker, die man gesehen haben muss - Heute: DIRTY DANCING". Plötzlich wurde mir alles klar. Denton hatte sich diesen Film ausgesucht, weil er seine neue Flamme ins Bett kriegen wollte. Er war der Meinung, dass Liebesfilme die Frauen mehr anmachen würden als Blumen oder andere Geschenke. Ich war zirka fünfzehn Minuten zu früh, musste also damit rechnen, noch gute 25 Minuten auf Denton warten zu müssen.
    Zu meiner Überraschung kam er mehr als pünktlich. Das war ich nicht von ihm gewohnt und sah ihn entgeistert an, als er Hand in Hand mit seiner neuen Errungenschaft auf mich zukamen. "Das ist Amanda", sagte Denton und zwinkerte mir zu. Ich konnte das Zwinkern sofort deuten und wusste, dass dieser Abend sicherlich der letzte Abend für die beiden als Paar war. Amanda reichte mir ihre Hand. "Freut mich Logan. Mein Schatzi hat schon so viel von dir erzählt." Sie nannte ihn "mein Schatzi". Da schien sich der gute Denton ja eine richtige Intelligenzbestie an Land gezogen zu habe. Denn wird sie der nächste Morgen bestimmt hart treffen, wenn sie alleine in dem Hotelzimmer aufwacht. Denton mietete immer ein Hotelzimmer, wenn er ein Mädchen ins Bett kriegen wollte. So auch an diesem Abend.
    Ich wollte gerade in das Kino spazieren, als mich Amanda am Arm festhielt und sagte: "Warte mal, es kommt noch jemand. Sie parkt nur grad das Auto." Spätestens jetzt wusste ich, wie der Hase läuft. Ich sollte hier verkuppelt werden. Ein Loserjunge sollte mit einem Losermädchen in einen Topf geworfen werden, damit ein Loserpärchen entstehen konnte. Ich hätte den Braten doch eigentlich auch gleich riechen können. Aber naja, Filme wirken auf mich halt immer sehr einladend. Und so warteten wir noch fünf Minuten, bis die letzte Person zu uns stieß.
    Ich konnte meinen Augen nicht trauen, als ich sah, wer da Richtung Kino spazierte. Diese Haare, diese Beine und dieses unvergleichliche Lächeln. Es war Patricia. Sie trug eine eng anliegende Jeans und ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift "SAVE THE BEST FOR LAST". Auch die pinken Schuhe von Converse trug sie wieder. Ihre Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Ich flüsterte Denton zu: "Was zum Geier wird das denn hier?" Er ließ die Frage unbeantwortet und grinste mir einfach nur breit ins Gesicht. Tausend Sachen gingen mir durch den Kopf. Tausend Sachen hätte ich gerne zu ihr gesagt. "Wie wunderschön du bist" oder "wie schön, dich wiederzusehen" waren nur ein paar Sätze, die ich ihr hätte sagen wollen. Doch das, was ich rausbrachte, war ein einfaches und emotionsloses "Hi".
    "Hey Logan", sagte Patty in einem hohen piepsenden Tonfall. "Ich glaub, wir sollen hier verkuppelt werden." Sie fing an zu lachen, wonach mir jedoch nicht zumute war. Ich war peinlich berührt, da ich lediglich in Schlabberklamotten und Baseballmütze vor ihr stand. Ich wäre am liebsten im Boden versunken oder tot umgefallen. Patty musterte mich von Kopf bis Fuß. "Hübsch siehst du aus", sagte sie und ich hatte das Gefühl, dass das eine glatte Lüge war. "Ja, du bist auch hübsch. Also ich meine, du hast tolle Haare und so", stammelte ich und man konnte sehen, dass Patty sich ein Lachen kaum verkneifen konnte. Denton hielt jedoch nicht an sich und prustete los.
    "Ähm, lasst uns doch einfach reingehen", sagte ich hektisch und ging mit gesenktem Kopf voran. Ich orderte vier Eintrittskarten und wir gingen in den den Kinosaal, welcher jedoch nicht sonderlich voll aussah. Ich sah auf den Karten nach, welche Sitzplätze wir bekommen hatten. Letzte Reihe und die mittleren vier Plätze.
    Als es dunkel wurde und der Film anfing, waren gerade mal noch vier andere Leute im Saal. Nur fünfzehn Minuten sollte es dauern, bis Denton und Amanda vom Film nichts mehr mitbekommen würden, da ihre Münder wie zusammengeklebt wirkten. "Diese Kids", sagte Patty ironisch. Ich grinste und schüttelte mit dem Kopf. Sie sah mich an und flüsterte mir lächelnd ins Ohr: "Und, willst du auch knutschen?"
    "Knutschen? So richtig? Ehrlich jetzt?" stotterte ich irritiert und leicht verlegen.
    "War nur ein Scherz. Mach dich locker und sei nicht so angespannt."
    "Hey, ich bin locker. Es ist nur...", flüsterte ich, brach den Satz jedoch ab, da ich schwer schlucken musste.
    "Was?" fragte Patty neugierig.
    "Weißt du, ich glaub, ich mag dich", sagte ich und merkte, wie ich rot anlief.
    "Ehrlich? Ich dachte schon, du könntest mich nicht leiden, da du dich immer so komisch verhalten hast."
    "Das hat andere Gründe, glaub mir. Ich hab es nicht so mit Mädchen."
    "Also doch schwul?" sagte Patty und stieß ein kurzes Lachen aus.
    "Nein, ich bin einfach schüchtern und weiß nie, was ich sagen soll"
    Mir war nicht ganz klar, warum ich ihr das alles erzählte, doch ich merkte, wie meine Anspannung langsam aber sicher verflog. Patty sah kurz auf die Leinwand und dann wieder zu mir: "Mach dir keine Sorgen, das wird schon."
    Ich nickte ihr zu und drehte mich wieder zur Leinwand, um dem Film zu folgen. Ich mochte "Dirty Dancing" nicht, da es wirklich ein Film für Frauen war, aber ich genoss die Minuten, die ich dadurch mit Patty verbringen konnte. Denton und Amanda haben bis zum Schluss nichts von dem Film mitbekommen, was sie aber wohl nicht weiter störte. Wir verließen das Kino nach dem Abspann recht zügig und blieben am Haupteingang stehen. Patty wollte sich noch ein Hot Dog bei dem Imbiss kaufen, der neben dem Kino stand. "Hey, geht doch schon mal zum Auto. Ich komm denn gleich nach", schlug sie Denton und Amanda vor.

    Sie trollten also gemeinsam zum Auto, während ich mit Patty zu "THE HOTTEST DOGS" ging. Laut Patty hatten sie die besten Hot Dogs der gesamten Gegend. Sie wollte mich überreden, auch eines von diesen fetttriefenden Würstchen im Brötchen zu nehmen, aber ich lehnte dankend ab. Während sie ihr Geld zählte, um das Essen zu bezahlen, fragte sie mich: "Sag mal, warum bist du mit Denton befreundet?"
    Ich fand, dass diese Frage durchaus berechtigt war und dachte einen Moment darüber nach, bis ich antwortete: "Er war der Einzige, der mich in meiner Kindheit beachtet hat. Der Einzige, der mit mir geredet hat."
    Patty bezahlte ihr Hot Dog und sah mich betroffen an. "Nur weil er mit dir geredet hat, ist er über all die Jahre ein Freund von dir?" fragte Patty skeptisch.
    "Freunde zu finden ist nicht leicht. Vor allem wahre Freunde sind selten. Und Denton ist ein wahrer Freund, obwohl er ganz anders ist als ich. Aber er hält in jeder Situation zu mir. Und genau das schätze ich an Denton" erklärte ich ihr.
    Patty nickte mit einem Lächeln und wir blieben noch eine Weile an dem Hot Dog-Stand stehen, bis wir Amanda rufen hörten: "Macht mal hin, wir wollen los!"
    Doch Patty schien es nicht eilig zu haben. "Fahrt ohne mich. Ich gehe nach Hause. Fahrt ruhig schon los", rief Patty zurück.
    Ich sah sie verwirrt an und wusste nicht, was sie vorgehabt hatte. Ihr Weg nach Hause war nicht gerade kurz. Zumindest sagte sie mir das während des Films. "Wo willst du denn noch hin?" fragte ich sie.
    Sie lachte und sagte: "Ich begleite dich noch nach Hause. Ich hatte einfach keine Lust, bei den anderen im Auto zu sitzen. Da knisterte so dermaßen zwischen denen, dass es kaum zum aushalten war."
    Ich lächelte und verschränkte meine Arme vor der Brust. Ich sah ihr tief in die Augen und sagte: "Aber Sex ist heute tabu."
    Gott, was war ich für ein Idiot?! Wie konnte ich sowas nur sagen? Wieder ein kläglicher Versuch, witzig zu sein. Schlimmer hätte es nicht mehr werden können. Für was sollte sie mich denn jetzt halten? Innerlich starb ich tausend Tode. Ich hätte mich am liebsten stundenlang mit einem Baseballschläger verprügelt. Doch selbst das wäre zu wenig Strafe für mich gewesen. Noch mehr ins Abseits hätte ich mich bestimmt nicht spielen können.
    Doch sie tat nicht das, womit ich gerechnet hätte. Sie lief nicht mit erhobenen Händen vor mir davon. Nein, nahm meine Hand und sagte: "Keine Angst. Ich bringe dich einfach nur nach Hause. Alles ganz gesittet und zwanglos."
    Meine Herz blieb stehen, als sie meine Hand berührte. Ich fühlte mich wie in Trance. Diese eine Berührung wirkte auf mich mehr, als ein Schlag in den Magen. Jedoch war die Intensität ihrer Berührung anders druckvoll. Mir wurde heiß und kalt gleichzeitig. Eine Gänsehaut überrannte mich und meine Knie wurden weich, dass ich fast zu Boden gesackt wäre. Doch ich hielt mich wacker auf den Beinen, nahm meine ganze Kraft zusammen und ging mit ihr zu meiner bescheidenen Wohnung.
    Ich dachte, wir würden uns den gesamten Weg über anschweigen. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir pausenlos reden können, doch wollte mir einfach nichts einfallen. Auch Patty schien es zu stören, das niemand etwas sagte, also machte sie einen Anfang: "Also Logan, was treibst du so in deiner Freizeit? Was sind deine Hobbies"?
    Ich überlegte einen Moment, da meine Hobbies nicht sonderlich vielseitig waren. "Ich mag Filme. Ich schaue gerne DVDs bei mir daheim" sagte ich, weil mir einfach nichts Besseres einfallen wollte.
    Patty nickte und hielt bereits die nächste Frage parat: "Und du schaust die DVDs alleine oder gibt es da jemanden, mit dem du sie guckst? Vielleicht eine potentielle Mrs. Logan Madsen?"
    Sie konnte ihr Grinsen bei dieser Frage nicht verstecken, obwohl sie es versuchte. Mir war die Frage etwas unangenehm. Ich senkte den Kopf und sah auf meine Schuhe. "Nun, bis jetzt ist mir die Richtige noch nicht begegnet. Doch vielleicht ändert sich das bald. Vielleicht sogar sehr bald", sagte ich in einem etwas wehleidigen Tonfall.
    Patty legte mir ihre Hand auf meine linke Schulter und sagte: "Ich weiß es. Das richtige Mädchen ist nicht mehr weit entfernt. Du wirst sie erkennen, glaub mir." Daraufhin sah auch sie zu Boden.
    Ich erhob den Kopf und sah sie mit einem hoffnungsvollen Blick an. "Ja, ich erkenne sie", sagte ich und fühlte, wie es in meinem Bauch kribbelte. "Und ich hoffe, sie wird auch mich erkennen. Erkennen, das ich der Richtige für sie bin."
    Patty drehte ihren Kopf zu mir und ich wandte meinen Blick blitzartig wieder meinen Schuhen zu. Wenige Minuten später erreichten wir meine Wohnung. Wir blieben vor der Haustür stehen und sahen uns eine Weile an, ohne nur ein Wort zu sagen. Dann brach ich das Schweigen: "Patricia, es war nett, dass du mich begleitet hast. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder. Mich würd's freuen."
    Patty schüttelte nur den Kopf, was mich etwas entsetzt dreinschauen ließ. "Nein, ich werd dich anrufen. Ich fand es heute nämlich auch ganz nett und ich will dich auf jeden Fall wiedersehen. Schreib mir doch einfach deine Telefonnummer auf und ich meld mich bei dir", sagte sie in einem leicht herrischen Ton, bevor sie mir ihre Kinokarte und einen Kugelschreiber reichte.
    Etwas irritiert schrieb ich meine Nummer auf die Karte. Ich schrieb so klein es ging, aber noch groß genug, dass es lesbar war. Sie nahm die Karte und den Stift wieder an sich und sagte: "Wir hören uns also."
    Ich nickte ihr zu und gab ihr die Hand. Sie streckte mir ihre jedoch nicht entgegen, sondern trat einen Schritt näher an mich heran und gab mir einen Kuss auf die Wange. Kurz darauf machte sie sich auf den Weg und verschwand wenige Sekunden später in der Dunkelheit.
    Ich blieb noch ein wenig vor der Haustür stehen und genoss die frische Nachtluft. Ich hatte einen Kuss von einem absoluten Traum von Mädchen bekommen. Das war etwas, was ich bisher noch nie erleben durfte. Dieser Abend war für mich wie ein wahr gewordener Traum. Ich dachte, es würde einige Zeit dauern, bis ich dieses Gefühl des Schwebens loswerden würde. Doch dies geschah schneller, als ich dachte, als ein Krankenwagen mit Blaulicht an mir vorbeirauschte. Erschöpft und müde ging ich also hoch in meine Wohnung und legte mich ins Bett.
    Schon am nächsten Morgen klingelte mich das Telefon wach. Voller Vorfreude nahm ich den Hörer ab, doch es war nicht der Anruf, den ich mir erhofft hatte. Es war Denton. Er wollte mir lediglich erzählen, wie er noch am letzten Abend Amanda ins Bett gekriegt hatte. Dabei ließ er kein Detail aus, sondern erzählte mir alles haarklein. Meine Gedanken kreisten jedoch um Patty, daher verstand ich auch nur das wenigste, was Denton zu sagen hatte.
    Zwei ganze Wochen vergingen, als das Telefon ein weiteres Mal klingelte. Denton konnte es nicht sein, denn er war mit Amanda im Urlaub. Ja, sie waren noch immer zusammen, obwohl er sie bereits ins Bett gekriegt hatte. Er sagte, dass sie eine richtige Offenbarung sei und im Bett Sachen kannte, von denen er noch nie etwas gehört hatte. Ich konnte mir also lebhaft vorstellen, wie ihr Urlaub ausgesehen hat. Auch meine Eltern konnten es nicht sein, da sie um diese Zeit schon schlafend im Bett lagen.
    Ich schlurfte zum Telefon und schaltete auf Lautsprecher, bevor ich deutlich meinen Namen sagte. Die Stimme, die mir antwortete kam mir sehr vertraut vor: "Logan? Hier ist Patricia. Weißt du noch?"
    Ich stürzte ans Telefon und riss den Hörer von der Gabel. "Hey Patricia. Na, alles klar?" stieß ich heraus.
    "Ja, alles klar bei mir. Tut mir Leid, aber ich konnte nicht eher anrufen. Meine Oma musste ins Krankenhaus und ich war die meiste Zeit bei ihr."
    "Kein Problem. Hab dich nicht vermisst" sagte ich und biss mir, wie schon etliche Male vorher, wütend auf die Zunge. "Ich meine, es ist schön, dass du doch noch anrufst."
    Ein Lachen am anderen Ende der Leitung. "Ich rufe an, weil ich dich fragen wollte, ob wir nicht mal alleine irgendwo ausgehen wollen. Also ein Date oder sowas. Wär das was?" fragte Patty.
    "Ein Date?! Ähm, klar. Wieso eigentlich nicht? Können wir machen. Find ich gut. Find ich super. Bin ich für. Ist großartig. Bin dabei."
    "Wie wäre es denn am Samstag - also morgen?"
    "Klingt super. Können ja was essen gehen. Italienisch?"
    "Klingt gut. Fiorino würd ich vorschlagen. Ist mein Lieblingsitaliener."
    "Den kenn ich auch. Der ist gut. Okay, gehen wir morgen um acht zu Fiorino."
    "Super, ich freu mich. Denn bis morgen. Bye Logan" sagte Patty und beendete das Gespräch.
    "Bye Patricia", sagte ich noch, obwohl die Verbindung bereits getrennt wurde. Ich fühlte mich wie neugeboren. Ich hatte ein Date. Das erste Date in meinem Leben. Ein entscheidender und wichtiger Schritt für mich. Ich durfte jetzt nur nicht die Nerven verlieren. Es musste perfekt werden.
    Am nächsten Tag ging ich los, um ein dutzend Rosen zu kaufen. Ich dachte, mit Rosen könnte ich nichts falsch machen. Zudem ließ ich mir noch die Haare schneiden. Für meinen Geschmack wurden sie etwas zu kurz geschnitten, jedoch machte ich mir keine weiteren Gedanken darüber. Ich kaufte im nächstgelegenen Supermarkt das Deodorant "Old Spice". Man sagte, dass Frauen total darauf stehen würden. Und so bereitete ich mich auf dieses eine große Date mit der Frau meiner Träume vor.

    So, und nun stehe ich hier vor dem Spiegel und meine Haare lassen mich im Stich. Es sind nur noch fünf Minuten, bis die Uhr acht schlägt und ich bin nicht fertig. Das ist wieder typisch. Ich werde einfach rennen. Ich habe so viel Old Spice aufgetragen, dass Schweißgeruch bestimmt gar nicht erst durchkommt. Ich werd jetzt wohl meine Haare so lassen müssen. So schlecht sehen sie auch gar nicht aus. Dieser Alternativlook soll doch total ankommen.
    Und ich denke, ich werd Pizza nehmen. Morzarellapizza.
    Das wird ein toller Abend. Hoffentlich rede ich nicht wieder so viel dummes Zeug. Also Logan, überlege vorher, bevor du etwas sagst.
    Patty, ich bin schon auf dem Weg...


    Offline Bloodsurfer

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      Auch das hier ist eine schöne Geschichte :)
      Deine Schreibe gefällt mir bisher sehr gut, ich muss sogar sagen hier gefällt dein Stil mir bisher am besten. Und du hast mich ein paar weitere Minuten von der Arbeit abgehalten, danke :D
      Ist eine Fortsetzung geplant? Bin schon (mal wieder) gespannt wie es weiter geht ;)


      Offline Janno

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        Hihi, danke für die Blumen  :redface:
        Wenn ich ehrlich bin, hat mir diese Geschichte am wenigsten gefallen. aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschienden :)
        Aber eine Fortsetzung ist nicht geplant. Ich werd jetzt erstmal in aller ruhe meinen "Raum" zu ende bringen. Und mir geistern auch noch zwei andere Geschichten im Kopf herum, die noch verewigt werden wollen.
        « Letzte Änderung: 10. März 2008, 22:55:04 von Janno »


        Offline Bloodsurfer

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          Schade, dann wird der Arme ja Jungfrau bleiben und wir müssen hier ohne Sexszene auskommen :bawling:
          ;)