Peppermint Candy - verschollene Korea-Bombe!

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Offline Lionel

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    http://www.ofdb.de/film/26803,Peppermint-Candy



    Der Anfang ist das Ende: Ein Enddreißiger begeht Selbstmord auf einer Eisenbahnbrücke nahe Seoul. In sechs Rückblenden erzählt der Film seine Geschichte, die 20 Jahre in die Vergangenheit zurückreicht und wie eine langsame Zugreise vor den Augen des Zuschauers aufgerollt wird...


    Regisseur Lee Chang-dong ist in seinem Heimatland Sükorea bereits durch seine wenigen aber intensiven Filme zur Ikone geworden. Wie in "Oasis" und "Green Fish" wagt er sich auch in "Peppermint Candy" an sozialkritische Themen und klagt Unmenschlichkeit und Staatssystem an.
    Nach 20 Jahren trifft sich Yong-ho (Sol Kyung-gu) mit seiner alten High School-Klasse an einem Ort, an dem sie einst ein Picknick veranstaltet haben. Doch der damals schüchterne, aber aufgeschlossene und lebensbejahende Mann hat sich von grundauf geändert. Sein Leben ist zur Katastrophe geworden, seine Ehe in die Brücke gegangen, seine Arbeit hat er verloren und Jugendliebe Sumin (Moon So-ri) liegt im Sterben. Yong-ho sieht den einzigen Ausweg im Selbstmord, und so läßt er sich vor versammelter Klasse von einem Zug überrollen. Der Film erzählt daraufhin sein Leben rückwärts in sechs Stationen. Der Zuschauer muss lernen, wie aus dem ordentlichen Menschen, durch seinen Job bei der Polizei und der Tätigkeit bei der Armee, eine herzlose Bestie wird.
    Wegen der umgekehrten Erzählweise von "Peppermint Candy" eröffnet sich das Leben des Antihelden Yong-ho nur langsam und Details werden erst nach und nach ans Licht gebracht. Erst am Ende des Films werden sämtliche Zusammenhänge klar und die traurige, aber auch schreckliche Wirkung des Werkes entfaltet sich dann auf einmal in einem großen Schlag. Die Gründe für Yong-Hos Verrohung erfährt man, genauso wie die Verflechtungen der einzelnen Personen des Werkes, erst im Laufe der Zeit. Die einzelnen Teile der realistischen Handlung, die sich ohne weiteres in Wirklichkeit genauso abspielen könnte, sind lückenlos und gekonnt miteinander verknüpft worden. Die Erzählweise ist dabei äußerst vereinfacht und alltäglich; fokusiert wird sich auf die kleinen, beinahe schon obligatorischen Dinge im Leben, die sonst fast immer übersehen werden. Diese vermischen sich dann mit den einschlagenden Ereignissen im Leben unseres Progatonisten. Dadurch wird eine äußerst realistische und menschliche Sicht des Geschehens vermittelt - Zeit für aufgesetzte Falschheit oder plastisch-oberflächliche Gefühle bleibt nicht. Was hier erzählt wird, schockt besonders durch Schlichtheit und unglaubliche Intensivität des Wirklichen. Die Stärke des Films liegt weiterhin in seiner Nüchernheit und Neutralität. Zwar will er offensichtlich und ohne Zweifel Missstände anklagen, gibt aber nie wirklich einen Kommentar oder eine Bewertung über das gerade gezeigte Geschehen ab, sondern überlässt diese Aufgabe lieber dem Zuschauer. Ordentlich einstecken muss dabei das Staatssystem mit all seiner Grausamkeit gegenüber dem Individuum. Als zwei Extrembeispiele wählt Regisseur Lee die brutale und rohe Vorgehensweise der Polizei und die Armee Südkoreas während der 80er Jahre. Was diese Mächte aus der jugendlichen Unschuld und dem Optimismus des Einzelnen machen, wird dann letztendlich an der Figur Yong-hos gezeigt, dessen Leben trotz seiner persönlichen Kälte zunächst prima läuft, der aber dann im Laufe der Zeit feststellen muss, dass er die ganze Zeit über eine Lüge gelebt hat und sich wünscht, alle Fehler wieder gutmachen zu können. Doch dazu ist es bereits zu spät, denn er hat alles verloren, was ihm im Leben Halt gab, auch wenn er dies vorher nicht realisiert hat. Als dann selbst der Staat ihm den Rücken zudreht, indem er von seinem Job gefeuert wird, sieht er keinen Ausweg mehr.
    Diesen Film in ein Review zu fassen, dürfte alleine schon wegen seiner Offenheit und der Einzigartigkeit, mit der die thematische Ernsthaftigkeit dargestellt wird, schwerfallen. Nicht nur die Erzähltechnik und der Umgang mit der schockierenden Geschichte, welche ohne einen einzigen fehlplatzierten Moment und Klischees auskommt, wissen zu überzeugen. Gewisse Leitmotive wie der Zug (der letztendlich Yong-hos Leben beendet) oder die "Peppermint Candies" begleiten den Zuschauer durch den ganzen Streifen hindurch und verstärken das Erlebnis.
    Technisch spielt Lee Chang-dong mit teils brillianten Einstellungen und fängt somit kleinste Details der Umgebung, wie bestimmte Wetterphänomene, gekonnt ein. Ähnlich wie die Erzähltechnik ist das Kamera- und Regiewerk recht simpel gehalten, erfüllt aber deshalb umso mehr seinen Zweck - und so ist es beinahe schon erschreckend, mit welch schlichten Mitteln eine solch intensive Erfahrung ausgelöst werden kann. Abgerundet wird das positive Gesamtbild durch die hervorragenden Akteure, deren Spiel in jeder Szene perfektioniert ist. Jeder stellt seinen Charakter mit dem nötigen Können und der Ernsthaftigkeit da, ohne dabei auch nur einen peinlichen Moment zu erschaffen. Überzeugen kann besonders Yong-ho-Darsteller Sol Kyung-gu, der auch in "Oasis" sein Können unter Beweis gestellt hat.
    Lee Chang-Dongs bis dato beeindruckendstes Werk, das gleichzeitig als ganz große Perle des südkoreanischen Filmes gilt, läßt insgesamt gesehen nur sehr wenig Raum für negative Kritik. Wenn, dann könnte man sich höchstens über die etwas lieblos ausgewählte Musikuntermalung beschweren, und wenigen dürfte die Laufzeit von über zwei Stunden zu heftig sein. Dass der Film nichts für Frohnaturen ist, sollte von Anfang an klar sein ... aber wer sich darüber mukiert, hat den Sinn des Ganzen eh nicht verstanden. Und solchen Menschen sei nicht geholfen.
    "Peppermint Candy" ist kein optimistischer Film, der durch die rosarote Brille erzählt, sondern vielmehr eine gnadenlos realistische und schonungslose Widerspiegelung einer grausamen Welt des Materialismus und der zwischenmenschlichen Kälte, in der das Individuum untergeht. In über zwei Stunden erzählt der Regisseur lebensnahe die ans Herz gehende Geschichte eines Mannes, der von Anfang an durch Außeneinflüsse zum Scheitern verurteilt war. Ganz ohne Klischees, aber dafür extrem wirklichkeitsgetreu und mit Hingabe zum Ästhetischen und einem gewissen Detailreichtum, bewegt und regt der Film, der alles andere als schön ist, zum Nachdenken an. "Peppermint Candy" ist kein Streifen, den man sich unbedingt zweimal ansieht, aber ein Meisterwerk, das man so schnell nicht wieder vergisst.
    (brokenpromisering, ofdb.de)


    Trailer:


    Sauinteressant, richtig gut bewertet. Zwei Reviews, zweimal 10/10 und ne Durchschnittsnote von über 8 in der ofdb.
    Hauptdarsteller (Cop) aus Public Enemy.
    Soll ein wenig an Memento und Forrest Gump erinnern.
    Leider sowohl koreanische als auch US out of print und nicht mehr zu bekommen. :neutral:

    Hat den mal zufällig einer gesehen?
    « Letzte Änderung: 22. August 2009, 12:49:35 von Lionel »


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    Offline Lionel

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      Nachdem der Film jahrelang nicht zu bekommen war, gibt es nun eine günstige UK-DVD. Werd ich noch zuballern, allerdings muss ich bisserl langsam machen..

      8.99 Pfund, Label: Third Window

      http://www.amazon.co.uk/gp/product/B0037Z95WY/ref=s9_simh_gw_p74_i1?pf_rd_m=A3P5ROKL5A1OLE&pf_rd_s=center-1&pf_rd_r=1NTRZBH1TA6NXZ3RTENF&pf_rd_t=101&pf_rd_p=467198433&pf_rd_i=468294



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      Offline nemesis

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        Nachdem der Film jahrelang nicht zu bekommen war, gibt es nun eine günstige UK-DVD. Werd ich noch zuballern, allerdings muss ich bisserl langsam machen..

        8.99 Pfund, Label: Third Window

        http://www.amazon.co.uk/gp/product/B0037Z95WY/ref=s9_simh_gw_p74_i1?pf_rd_m=A3P5ROKL5A1OLE&pf_rd_s=center-1&pf_rd_r=1NTRZBH1TA6NXZ3RTENF&pf_rd_t=101&pf_rd_p=467198433&pf_rd_i=468294



        Hatten wir doch sogar entdeckt, als wir mal die third window Trailershow durchgezappt hatten, oder?


        Offline Lionel

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          Hatten wir doch sogar entdeckt, als wir mal die third window Trailershow durchgezappt hatten, oder?
          Ja, stimmt.


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          Offline Lionel

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            Hab ihn zuletzt noch ein zweites Mal gesehen.
            Auch wenn es niemanden interessiert, aber der Film ist wirklich eine Bombe. Sehr, sehr nachdenklich stimmender Film über das Leben, ein Psychogramm eines verkorksten Lebenswegs über viele Jahre hinweg, chronologisch rückwärts wie in Memento.
            Wenn ich weng mehr Zeit (und Muse) hätte, würde ich ein kleines Review schreiben..vielleicht am WE.

            :arrow: 9/10


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            Offline der Dude

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              Hab ich sogar noch hier, aber noch keine Gelegenheit gehabt...