Ja, ich bin durch. Habe die Hauptserie komplett gesehen und danach noch schnell "The Plan" zum Abschluss geschaut. Allerdings habe ich noch ein wenig Zeit nutzen wollen, um in Ruhe zu reflektieren und darüber nach zu denken, bevor ich meine abschließende Meinung poste.
Kurz und knapp zusammengefasst: Ich bin immer noch genau so begeistert wie vor dem Finale. Das ist für mich als Gesamtpaket die beste SF-Serie überhaupt. Sie hat alles knapp übertroffen, was ich vorher auf meinem persönlichen Podest stehen hatte. Hätte es noch weitergehen können oder sollen? Absolut, ich hätte mir gerne noch vier Staffeln angeschaut. Doch, ganz ehrlich, vier Staffeln voller Dramatik, Spannung, Entsetzen, Überraschung, Freude und Trauer, dauerndes Wechselbad der Gefühle -
das Gefühl, eine Serie gesehen zu haben, bei der wirklich das Optimum an all diesen Dingen erreicht wurde - das ist mir sehr viel lieber, als unnötig eine Handlung über sechs bis zehn Staffeln zu verfolgen, die sich immer öfter nur noch wiederholt oder keine neuen Ideen mehr einbringt. Ich bin glücklich damit.
Auch der Schluss ist für mich, wenn ich es zugegebenermaßen selbst hätte ein wenig anders enden lassen, eine vollkommen stimmige und runde Sache, die gut zur Serie passt und sie adäquat abschließt. Es bleiben natürlich und glücklicherweise Fragen unbeantwortet, doch für jede einzelne dieser Fragen wurden vorher schon mögliche Antworten suggeriert, die das für mich trotz des immer stärker gewordenen religiösen Faktors zufriedenstellend auflösen. Nun ja, "auflösen" ist das falsche Wort, aber die Serie lenkt ihre Zuschauer definitiv in die richtigen gedanklichen Richtungen, um am Ende ohne großes Fragezeichen über dem Kopf da zu sitzen. Es wird nicht zu viel offen gelassen aber auch nicht alles zu Tode erklärt. Perfekter Mittelweg.
Nun habe ich mich auch getraut, Saschas Kritikpunkte in den älteren Spoilern zu lesen. Das war mir vor Ende der Serie noch zu heiß; schließlich habe ich es in den letzten Wochen auch auf der Arbeit nur mit knapper Not geschafft, meine Kollegen davon abzuhalten, über das Ende der Serie zu reden. Oder ich bin einfach geflüchtet, sobald die Diskussionen anfingen.
Trotz aller SF-Aspekte vermittelt die Serie ein perfektes Abbild unserer heutigen Realität. Es gibt auch in unserer Welt Bevölkerungsgruppen, denen man gelinde gesagt keinen friedlichen Tod wünscht. Es gibt links- und rechtsextreme Gruppen, es gibt Milliarden religiöser Fanatiker auf dieser Welt. Es gibt Extremisten, Salafisten, Selbstmordattentäter. Es gibt viele Spinner, deren Ansichten, Gedanken oder Handlungen wir "klar denkenden Menschen" kaum oder gar nicht verstehen oder nachvollziehen können. Es gibt böse Menschen, die geschickt unterschiedliche Gruppen gegeneinander ausspielen und dabei das Unwissen vieler dümmeren Menschen ausnutzen. Für viele sind unverständliche Träume, Vorhersagen oder Visionen eine alltägliche und sehr reale Sache, für andere sind sie nur Einbildung oder Spinnerei.
Es gibt all diese Menschen, Dinge und Aspekte in unserer Welt und es gibt sie ebenso in BSG. Man kann sie in BSG nicht ausstehen und nicht alles verstehen oder nachvollziehen, was sie tun, genau so wie man in der Realität auch lieber vieles ausblenden und vergessen würde. Das macht die Serie für mich so packend und real, so greifbar und vollkommen nachvollziehbar.
Wird es irgendwann wieder zu einem größeren Krieg kommen? Wird die Menschheit sich selbst bzw. werden die Bevölkerungsgruppen sich gegenseitig irgendwann zumindest zu sehr großen Teilen selbst auslöschen? Bestimmt, davon bin ich überzeugt. Ob wir das noch erleben werden steht auf einem anderen Blatt; ob die Menschheit die Raumfahrt vorher noch weit genug bringen kann, um einen Teil unserer intelligenten Bevölkerung zu "retten", sich auf anderen Planeten auszubreiten, diese schließlich zu kolonialisieren und irgendwann ins Unglück zu stürzen... Wer weiß. Vielleicht wird der Mensch tatsächlich niemals aussterben. Vielleicht beginnen wir woanders von vorne. Vielleicht ist es doch bald ganz vorbei.
Zu Starbuck:
So ungerne ich das auch religiös betrachte oder mit einem religiösen Aspekt beantworte, die Begriffe "Engel", "Gott" oder "Götter" sind oft genug gefallen, um das zu erklären. Vielleicht war sie anfangs ein Mensch, der von einer unbekannten Kraft mit Visionen beeinflusst und auf ihre spätere Aufgabe vorbereitet und zuletzt in den Tod gelenkt wurde, um wiedergeboren zu werden und die Menschheit zu einem neuen Anfang zu führen. Ihr Tod, ihr Wiederauftauchen mit einem neuen Schiff und ihr endgültiges Verschwinden am Ende der letzten Episode sprechen eindeutig dafür.
Alles, was die Zylonen-Hybriden mehrfach angekündigt hatten, wurde wahr. Die Bezeichnung "harbinger of death" verweist wohl auf ihre Rolle in der Zerstörung der Wiedergeburts-Maschinerie der Zylonen, womit sie für deren erneute Sterblichkeit verantwortlich wird. Auch führt sie die Menschheit zum vorläufigen Ende, der "Apokalypse"; denn alles, was der Menschheit an Fortschritt und Waffen bekannt war, was die eigentliche Menschheit zu diesem Zeitpunkt ausmachte und ihr schließlich zum Verhängnis wurde, wird bewusst vernichtet.
Zum Mittelpunkt der vierten Staffel bzw. dem Ende an sich:
Es ist vollkommen klar, was passiert ist. Das, was zuerst als "Erde" wiederentdeckt wird, ist nur noch ein Schlachtfeld, eine Spur der Verwüstung, Ruinen vergangener Zeit. Ob die Menschen sich hier vor über 2000 Jahren selbst ausgelöscht haben, sei es direkt oder über den Umweg durch selbst geschaffene Zylonen, oder ob sie von einer unbekannten Macht angegriffen wurden, spielt überhaupt keine Rolle. Das ist völlig egal.
Die neue Erde, die noch unverdorbene neue Heimat, die als Gelegenheit für einen völligen Neubeginn ohne jegliche Waffen und Technologie dient, um den ewigen Kreis endlich friedlich zu durchbrechen, halte ich für das ideale Ende. Klar hätte ich mir vorher etwas anderes gedacht oder gewünscht, doch rückblickend ist das wirklich der perfekte Schluss. Und wie es 150.000 Jahre später, was wohl unsere aktuelle Gegenwart darstellen soll, weitergehen wird, lässt die Serie bewusst offen.
Das bleibt "uns" überlassen. Und das ist sehr gut so!
Für mich persönlich ist keine Frage unbeantwortet geblieben.
Noch ein paar Worte zu den Filmen Razor und The Plan.
Im Grunde haben die Produzenten mit beiden Filmen das selbe gemacht: Man sieht vieles erneut, was man vorher schon in der Serie gesehen hat; die Szenen wurden entweder verlängert oder aus anderen Perspektiven erzählt oder beides. Im Grunde könnte man sagen, dass dieser Umstand der Spannung eher schadet, weil man zu Beginn jedes Films schon weiß, wie er ungefähr enden wird. Hier unterscheiden sie sich aber ein wenig. Razor hat für mich deutlich besser funktioniert. Klar, ich wusste genau, was passieren wird, dennoch hat es mich ziemlich gepackt und fertig gemacht zu sehen,
- wie diese ganzen Zivilisten wirklich kaltblütig durch die Crew der Pegasus getötet wurden. Wie man einerseits voller Abscheu diese Morde beobachtet und doch krankerweise nachvollziehen oder verstehen kann, warum sie von einigen wenigen doch als sinnvoll und zwingend nötig erachtet werden. Man wusste voher, wie kaltblütig und eiskalt kalkulierend Caine war, man hatte die Erzählungen darüber noch im Gedächtnis.
Dennoch schlägt die visuelle Umsetzung gnadenlos zu wie eine Bombe. Wahnsinn. Man will es nicht mit ansehen müssen, will der Sache entgehen und es verdrängen, kann das aber nicht.
Hier hat mir bei The Plan dann im direkten Vergleich etwas an Spannung und Dramatik gefehlt. Vielleicht hätte ich den Film nicht direkt nach der letzten Episode schauen sollen, sondern hätte der Serie noch ein paar Tage Zeit geben sollen, sich erst mal zu setzen. So war ich noch völlig fertig, zwischen Trauer und Freude hin und her gerissen und mit den Nerven am Ende, als ich The Plan geschaut habe. Da kann er sein volles Potenzial nicht entfalten. Es ist alles noch zu frisch gewesen und ich wusste noch zu genau, was passiert war. So war es zwar interessant anzuschauen, wie dieser ganze Plan "hinter den Kulissen" von Anfang an ablief und von einigen wenigen gelenkt wurde; die Motivation der Zylonen wurde etwas deutlicher gemacht; doch haben mir hier mehr neue, "besondere" Aspekte gefehlt. Es wird einfach nicht diese packende Dramatik wie in Razor entwickelt. Dennoch: kein schlechter Film! Nur ein etwas suboptimal umgesetzter und von mir zu früh angesehener Film.
Ach ja, Caprica und Blood & Chrome habe ich auch noch hier liegen, außerdem gibt es da noch so ein abschließendes TV-Special, das ich gerne noch gucken würde. Ich hätte nach The Plan (und einer angemessenen Ruhepause, um noch ein wenig gedanklich reflektieren zu können) am liebsten direkt weiter gemacht. Doch für den Moment muss ich Sarah erst mal ein kleines bisschen BSG-Pause machen lassen und ein paar Episoden New Girl und Spartacus schauen, sonst wird das doch nix mit dem Häuslebau.