Review: City of the Rising Sun

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Offline Lionel

  • Angemeldet: 29.06.02
    • I'm the King of Moonduk High!
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    http://www.ofdb.de/film/32452,City-of-the-Rising-Sun

    http://www.imdb.com/title/tt0240077/


    Der Mid-Twen Do-chul ist ein ambitionierter Boxer, der jedoch in letzter Zeit immer häufiger verliert und sich von seinem Traum verabschieden muss, der Champion zu werden. Eines Tages lernt er Hong-gi kennen, einen Schwindler und Kleinkriminellen, der vom schnellen Geld und einer sorgenfreien Zukunft träumt. Schnell werden sie unzertrennliche Freunde. Hong-gi redet ständig davon ein Vermögen zu machen, in welcher Branche ist ihm dabei egal. So versucht er es neben Geldeintreiben auch mit Filmcasting für hoffnungsvolle junge Schauspielerinnen. Do-chul lernt auf diese Weise über seinen Freund die hübsche Mimi kennen, in die er sich verliebt. Währenddessen geht es im Leben nicht wirklich voran für die beiden Freunde. Do-chul kann seinen Traum vom Boxen nicht aufgeben und bittet seinen Coach, weitere Kämpfe zu arrangieren. Hong-gi sitzt derweil der Mob im Nacken, da er Schulden gemacht hat, die er nicht zurückzahlen kann. Verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Taten. Und so nimmt das Schicksal für die beiden seinen Lauf...
     
    Zwei Jahre nach dem genialen Beat - bis heute einer meiner absoluten Lieblingsfilme -, legte Regisseur Sung-su Kim nach und drehte City of the Rising Sun mit demselben Hauptdarsteller, Woo-sung Jung. Die beiden Filme haben sich die Hoffnungslosigkeit der Lost Generation der Mittzwanziger in Korea zum Thema gemacht, die Monotonie eines Lebens, das nicht in die Gänge kommen will, eine Zukunft, die sich nicht am Horizont abzeichnen will. Und die Protagonisten rebellieren gegen eine solche Aussicht. Sie rebellieren dagegen, ihren Traum aufgeben zu müssen. Do-chul etwa kann nicht akzeptieren, dass er einfach nicht das Zeug zum Boxer hat, jedenfalls nicht, um es ganz nach oben zu schaffen. Immer wieder schweift er gedanklich ab und stellt sich selbst mit dem Gürtel um die Hüfte vor, den Jubel der Zuschauer entgegennehmend. Er ist auch bereit alles dafür zu tun, aber wie heißt der berühmte Satz: Schweiß kann Talent nicht ersetzen, und dies zu akzeptieren, fällt vielen oft schwer. Während Do-chul auf Geld keinen großen Wert legt und sich tagein tagaus mit seinen inneren Dämonen auseinandersetzt, ist der schmierige Kleinganove Hong-gi besessen vom Gedanken, eines Tages reich zu sein. "If you have money, you can do anything. You can live everyday as you like." Entgegengesetzt fast schon die kindliche Naivität Do-chuls, der in einer Szene vorschlägt, gemeinsam von vorn anzufangen. Auf die Frage, wie viel Geld er noch habe, antwortet Do-chul: "Money? What for? We don't need any money."


     




    Wie in Beat wird die Freunschaft der Protagonisten durch das stetige Abrutschen des Taugenichts - hier Hong-gi - auf eine harte Probe gestellt. Wie im Vorgänger verliebt sich der Lead Actor, Do-chul, in ein Mädchen, das es gar nicht gerne sieht, welchen Einfluss der Bad Guy auf seinen Freund ausübt. In einer Szene will der verzweifelte Hong-gi, im Wissen den Mob im Nacken zu haben, Mimis Geld stehlen. Obwohl Do-chul ihn daraufhin böse verprügelt und schwört, ihn nie wieder sehen zu wollen, nimmt er seinen Freund vor Mimi in Schutz.
    In der meiner Meinung nach schönsten Szene des Films sitzen die Freunde morgens nach einer durchzechten Nacht am Strand und beobachten den titelgebenden Sonnenaufgang. Für Do-chul ist es der erste in seinem Leben und er gerät ins Schwärmen. Beide sitzen friedlich nebeneinander und vergessen für einen Moment all ihre Sorgen. Do-chul erklärt:"I could live here forever", woraufhin Hong-gi nur lakonisch bemerkt "You're not even gonna live here for a month." Der Blick auf das Meer und das darauffolgende neckische Fußballspiel mit Kindern am Strand rundet den Moment der Sorglosigkeit und des Vergessens ab und erinnert beinah an die kindlichen Spiele eine Takeshi Kitano, beispielsweise in Sonatine. Ganz groß und absolut nachvollziehbar dann der Moment, der darauf folgt. Beide schauen sich an und wissen genau, was jetzt kommt. "Shall we go back?". Und der Moment des Vergessens und des inneren Friedens ist vorbei, die beiden befinden sich wieder im Sumpf ihres alltäglichen Lebens, mit all den Problemen, die dieses bereithält.

    Während Beat das deutlich pessimistischere Ende hat und generell mehr Nihilismus versprüht, mutet City of the Rising Sun letztlich nahezu versöhnlich an, was den Film meiner Meinung nach aber auch nicht ganz in dieselbe Liga wie seinen Vorgänger hievt, wobei das sicherlich Geschmackssache ist. Auch ist die Gewalt bei weitem nicht so präsent wie im zwei Jahre zuvor entstandenen Film. Ich würde sagen, dieser Streifen hier weist vielleicht nicht ganz den Tiefgang seines Vorgängers auf, macht dafür aber mehr Spaß. Nicht zuletzt dafür verantwortlich ist der superbe Soundtrack, den ich in dieser Form bisher auch noch in keinem anderen Film gehört habe (jedenfalls erwartet man einen solchen nicht in einem koreanischen Film dieser Gangart). Alte Rock 'n' Roll Stücke wie "Love Potion No. 9" von den Searchers und "Let's twist again" von Chubby Checker wirken im ersten Moment deplatziert, passen aber wie die Faust aufs Auge, inszeniert Regisseur Kim seine oft zu sehenden Verfolgungsjagden und physisch emotionalen Szenen, denen Bewegung zugrunde liegt, in Zeitlupe, um die Details der jeweiligen Szene, z. B. die Mimik der Darsteller, herauszustellen. Beispielsweise läuft jedes Mal, wenn Feigling Hong-gi mal wieder davonrennt, der Chubby Checker Song an. Das wirkt so herrlich absurd, dass ich mich jedes Mal aufs Neue wieder weglachen musste. Kim setzt aber auch andere Stücke ein, je nach emotionaler Erfordernis; so laufen in ruhigen, ernsten Szenen auch das ein oder andere mal Radiohead-ähnliche Stücke.





    Die Schauspieler agieren famos, allen voran Lead Actor Woo-sung Jung, der seine Rebellenrolle aus Beat einmal mehr unterstreicht und wie ein koreanischer James Dean daherkommt. Stets in Unterhemd oder Muskelshirt samt Lederjacke auftretend und stets melancholisch dreinblickend. Für Do-chul ist das Wichtigste im Leben nicht Geld, sondern Anerkennung. Die Möglichkeit, seinen Traum zu verwirklichen. So reagiert er auch jedes Mal, wenn er das Gefühl hat, dass jemand von oben auf ihn herabblickt oder ihn nicht ernst nimmt, extrem cholerisch, denn das ist das Eine, mit dem er gar nicht umgehen kann. Perfekte Gratwanderung zwischen innerer Zerrissenheit und äußerlicher Coolness. Grandiose Performance, ich ziehe meinen Hut.
    Hong-gi wird von Jung-jae Lee gespielt, einigen sicherlich ein Begriff aus der RomCom Il Mare. Auch Lee spielt seine Rolle mehr als überzeugend. Natürlich erreicht er bei weitem nicht den Sympathiegrad seines Co-Protagonisten, aber das liegt zweifellos an der Anlegung der Rolle. Hong-gi ist nunmal ein "Lowlife", ein kleiner Gangster, der alles tut, um zu Geld zu kommen. Wie man in der Szene sieht, als er das Geld stehlen will, ist er sogar bereit, seinen Freund zu verraten...und dennoch ist ihm die Freundschaft zu Do-chul unheimlich wichtig, ist sie doch das Einzige, was er hat im Leben. Die Figur kann einem wirklich leid tun, beispielsweise in einer Szene, als er seine Mutter um Geld anbettelt oder als er in einer sehr emotionalen Szene versucht, das Schaufenster eines Juwelierladens aufzubrechen und sich wie ein wilder Stier gebärdet. Ständig Angst, immer auf der Flucht vor Gläubigern. Getrieben vom Gedanken an Geld, das er mit Glück gleichsetzt, ein anderes, ein besseres Leben vor Augen.
    Was großartig ist, sind die Szenen, in denen beide gemeinsam auftreten und äußerst authentisch wirkende und unterhaltsame Tanz- und Gesangseinlagen zum Besten geben. Oder in besagter Szene, als der Juwelierladen ausgeräumt werden soll. Wie Do-chul, obwohl er nicht will, seinem Freund doch noch zu Hilfe kommt und die beiden dann nach einer wilden Prügelei der Polizei entkommen und gemeinsam im Auto voller Inbrunst zusammen singen, als hätten sie gerade das ganz große Los im Leben gezogen - herrlich. Die Chemie zwischen dem Lead-Duo stimmt also, selten hat man eine solche natürliche Performance gesehen.
    Go-eun Han als Mimi wäre die dritte im Bunde, die es zu erwähnen gilt. Sie spielt solide, hat aber bei weitem nicht die Screentime und die Bedeutung wie die beiden männlichen Protagonisten. Sie versucht, als Schauspielerin ein Bein auf den Boden zu bekommen, doch auch sie muss erkennen, dass das Leben nur in den seltensten Fällen so läuft, wie man sich das vorstellt. Auch hier muss ich sagen, dass der weibliche Counterpart in Beat deutlich facettenreicher und tiefgründiger angelegt war, denn Mimi nimmt in diesem Film wirklich nur eine funktionale Randrolle ein.

    Obwohl der Film für mich nicht ganz an das Meisterwerk Beat herankommt, bin ich doch überrascht, wie gut er geworden ist. Noch mehr überrascht bin ich eigentlich, wie das Werk so untergehen konnte, und zwar zu Unrecht. Ich jedenfalls hab noch nie von dem Film gehört und man findet auch nicht gerade viele Informationen im Netz. Es gibt eine koreanische DVD von Bitwin und eine HK-Veröffentlichung von Winson, letztere befindet sich in meinem Besitz. Die Qualität ist soweit ganz ok, Winson ist halt eher ein Billig-Label. Aber man muss ja schon zufrieden sein, dass der Film überhaupt veröffentlicht wurde und solange englische UT drauf sind, passt das Ganze schon.
    Ich kann jedenfalls jedem, der auf Filme über das Leben, Freundschaft und/oder Unterwelt steht, also Filme im Stile von Beat, Friend und Rush, dieses Kleinod nur ans Herz legen. Gunther und Phil, für euch wär der auf jeden Fall was. Gibt's für ganz kleines Geld bei dddhouse, zuschlagen!


    Filmwertung :arrow: 8,5/10



    Clip: (leider finde ich keinen richtigen Trailer)



    Slideshow:

    feature=related

    « Letzte Änderung: 04. April 2010, 11:51:48 von Lionel »


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      Schöne Review, scheint wirklich ein Film für mich zu sein. Gerade Freind fand ich suuper.


      Offline Lionel

      • Angemeldet: 29.06.02
        • I'm the King of Moonduk High!
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        Für 3,57 Euro bei dddhouse zu haben:

        http://dddhouse.com/v3/product_details.php?ProductID=5646

        Übrigens suggeriert das knallbunte Cover ne ganz andere Art von Film, ist wirklich misslungen.


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        Offline Lionel

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          Das muss hier einfach rein. :D



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