China Girl - Krieg in Chinatown (Abel Ferrara)

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Offline Lionel

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    http://www.ofdb.de/film/2940,Krieg-in-China-Town

    http://www.imdb.com/title/tt0092751/


    Zwischen den Vierteln Little Italy und Chinatown herrscht ein nicht endenwollender Bandenkrieg. Als der junge Italiener Tony, der kleine Bruder des Anführers der Italiener, sich in die hübsche Tyan, die Schwester des Chinesen-Leaders, verliebt, bricht das Chaos aus. Die ohnehin schon aufgehitzte Atmosphäre, in der auch mal Chinesen auf Chinesen oder Italiener auf Italiener losgehen, eskaliert vollends...

    Der Inhalt ist ziemlich schnell erzählt. Das ist aber auch nicht das wichtigste an dieser Geschichte von Abel Ferrara, die Facetten aus Romeo & Julia sowie Westside Story perfekt zu einem düsteren, nihilistischen, auswegslosen Cocktail vereint und damit Elemente aufweist, die die Filme des Regisseurs ausmachen. Wie schon bei Bad Lieutenant, Fear City, dem unterschätzten The Gladiator mit Wanderers-Star Ken Wahl, oder dem experimentellen Frühfilm The Driller Killer mit Ferrara himself in der Hauptrolle, schafft der Regisseur es, seinen Filmen einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stempel aufzudrücken - und der kommt zumeist einem Schlag in die Magengrube gleich.
    Seine Filme spielen meistens nachts, im Dunkeln, und in einem ziemlich dreckigen, kaputten Milieu. Die Charaktere sind innerlich zerrissen, Hoffnung wird alles andere als groß geschrieben. Motive des Jesus-Bildes kommen auch hier wieder vor, zwar nicht ganz so ubiquitär wie in Bad Lieutenant, aber religiöse Assoziationen sind bei Ferrara-Filmen nicht wegzudenken. Schaut man sich den letztgenannten Film im Package mit dem hier rezensierten an, könnte man meinen, die Message wäre: Gott ist tot. Denn würde es einen Gott geben, würde er solch schreckliche Dinge zulassen, die tagtäglich auf dieser Erde geschehen?  Und ohne jetzt zu viel verraten zu wollen, ist auch der Ausgang von China Girl ein pessimistischer Ausblick auf den weiteren Verlauf der Leben derjenigen Charaktere, die es geschafft haben am Leben zu bleiben. Denn sterben müssen hier genügend Figuren, auch mal in der ein oder anderen härteren Szene. Meist wird hierbei mit dem Messer zu Werke gegangen.
    Um die Botschaft des Films kurz auf einen Nenner zu bringen: Gewalt erzeugt Gegengewalt, und diese Spirale geht endlos weiter - solange, bis das Leid, das den Menschen zugefügt wurde, schier unerträglich ist...oder gar bis gar niemand mehr am Leben ist!









    Interessant ist zu sehen, dass es hier keine Schwarz-Weiß-Malerei gibt. Es gibt keine Gruppe, die nur "gut" oder nur "böse" ist. So gibt es beispielsweise auch innerhalb der beiden ethnischen Gruppe genügend Zwistigkeiten, ohne dass es überhaupt erst zu einem Berührungspunkt zwischen Italienern und Chinesen gekommen wäre. Die Chinesen werden angeführt von Triaden-Boss Gung Tu, der von dem gerade in den 80er Jahren in US-Filmen mit China-Thematik omnipräsenten James Hong (Big Trouble in Little China, Auf der Suche nach dem goldenen Kind) verkörpert wird. Dieser ist eher an einer lukrativen Geschäftsbeziehung mit den Italienern interessiert, ohne dass zu viel Aufsehen erregt wird, das die Aufmerksamkeit der Polizei auf deren düsteren Machenschaften lenken könnte. Sein Pendant auf italienischer Seite ist der Mafia-Boss Enrico Perito, der seinerseits ebenfalls sein Möglichstes versucht, die jungen Hitzköpfe auf italienischer Seite im Zaum zu halten.
    Auf der Seite von Gung Tu steht auch der junge Yung Gan (Russell Wong), Anführer der Chinesen-Gang und Bruder der bezaubernden Tyan. Er versucht seinen Cousin und dessen Leute unter Kontrolle zu halten, die ihre Armut nicht weiter akzeptieren wollen und beginnen, wahllos Schutzgeld zu erpressen und zu rauben, wobei sie auch vor ihren eigenen Landsleuten nicht Halt machen.
    Eine solche Gruppe exisitert auch auf Seiten der Italiener. Sie wird angeführt von Albie (James Russo), dem großen Bruder von "Romeo" Tony, der mit dem Bandenkrieg und dem vorherrschenden Rassenhass so rein gar nichts am Hut hat. In der Italo-Schläger-Truppe findet sich übrigens auch ein blutjunger David Caruso wieder, der hier das rassistische Oberarschloch mimen darf - was er überaus gelungen macht.

    China Girl ist ein nicht unrealistischer Blick in die Abgründe von Segregation und Rassenhass, in einer Zeit, in der die Leute es einfach nicht besser wussten (nicht, dass heute alles perfekt wäre, aber dennoch..). Zudem ist es ein Blick in die stolzen Seelen zweier Nationen. So wird dem jungen Tony von seinem Bruder verboten, abends nach Chinatown zu gehen, und sich mit den "Schlitzaugen" einzulassen. Selbiges geschieht durch Russell Wong auf Seiten der Chinesen, der seiner Schwester verbietet abends woanders auszugehen, als in ihrem eigenen Viertel. Ablehnung und Hass haben den jungen Mann verbittert werden lassen, der seine Schwester zwar liebt, aber jegliches Unheil von ihr fernhalten möchte, auch wenn dies auf Kosten einer möglichen Sozialisierung und Integration geht. Tradition und Stolz treffen hier auf die liberale Einstellung einer neue Generation, Verzweiflung und Offenheit.

     







    Obwohl der Film, wie angedeutet, durchaus Authenzität und Tiefgang besitzt, lässt er sich auch auf Ebene eines typischen 80er-Jahre-Thrillers mit enormem Unterhaltungswert goutieren. So ist schon die Anfangssequenz, begonnen bei den Credits über mehrere Minuten bis in die Anfangsphase des Films hinein, eine mehr als großartige geschossene Folge, untermalt mit großartiger 80er-Musik, die uns von den Straßen Chinatowns in den lokalen Discotempel führt und das erste Zusammentreffen der beiden Liebenden dokumentiert, die in ekstatischer Verzückung miteinander tanzen, bevor das Szenario von Gewalt in Gestalt der beiden Schlägertruppen jäh unterbrochen wird.
    Später, ebenfalls in der Disco, bekommen wir auch mal den Kultsong "Walk this Way" von Run DMC feat. Aerosmith zu hören. Und der melancholische Titelsong klingt stark nach Bruce Springsteen, obwohl er von einem Herrn namens Paul Hipp zu stammen scheint, der ebenfalls im Film mitspielt.

    Für Freunde von Ferrara durchaus sehenswert, vor allem mit einer sehr angenehmen Laufzeit von ca. 85 Minuten, die zu keinem Zeitpunkt Langeweile aufkommen lässt. Leider kenn ich ja auch bei weitem noch nicht alle Filme des Regisseurs, aber denen, die ich bisher gesehen habe, konnte ich eigentlich allen etwas abgewinnen.
    Mir lag bei Sichtung ein Presseexemplar vor, es gibt aber eine normale Kauf-DVD von Epix. Die Synchro ist durchaus gelungen, davon sollte sich also niemand abgeschreckt fühlen.


    Filmwertung :arrow: 7,5-8/10



    Trailer:


    « Letzte Änderung: 04. Juni 2010, 21:52:09 von Lionel »


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      Saugutes Review Digga! Danke - ich schließe mich dem NATLOS an. Vor allem hat es mich doch überrascht, dass ein paar härtere Szenen an Bord waren, dachte ich doch anfangs das wäre eher so ein Kindergangfilm. Ferrara hats einfach drauf, dieses düstrere Bild von Großstädten zu zeichnen
      Einmal dachte ich ich hätte unrecht... aber ich hatte mich geirrt.


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      Offline Lionel

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        Danke. :)

        Ja, fand den auch recht düster und mit ner durchaus gesunden Härte. Der sollte doch für einige hier was sein. Ich erinner mich noch mit Graus an die verheerende Wirkung, die Bad Lieutenant beim ersten Mal gucken bei mir hinterlassen hat. :D


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          An die Ferrara-Kenner (Dirk?): Gibt es noch weitere Tipps, als die von mir erwähnten? Wie sind Kings of New York, The Addiction und Snake Eyes?


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            An die Ferrara-Kenner (Dirk?): Gibt es noch weitere Tipps, als die von mir erwähnten? Wie sind Kings of New York, The Addiction und Snake Eyes?

            Also - The Addiction hab ich noch nicht gesehen. Er soll jedoch durch seine s/w-Optik und die Darstellung der Schauspieler wie ein "Kunstfilm" wirken.
            "Snake Eyes" war ganz nett, aber nichts besonderes.

            Nun: "King of New York" ist sein Meisterstück - mit einem genialen Christopher Walken in der Hauptrolle (wenn nicht sogar seine beste Rolle, die er je gegeben hat). Dringende Empfehlung ...

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              KING OF NY kennste nich Gert!??? Der is echt spitze! Leider gibts ja nur ne saumiese Cut-DVD, sonst hätt ich den schon lange. Hatte mal die US, aber ich möcht den halt gern auf deutsch haben.
              Einmal dachte ich ich hätte unrecht... aber ich hatte mich geirrt.


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                Ne, kenn ich ncoh nicht. Da ihr beide den empfehlt, werd ich mir den als nächstes vormerken.


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