Am Mittwoch hab ich nen guten Kumpel in Eberbach besucht. Als die Beach-Party augrund des durchwachsenen Wetters (im wahrsten Sinne des Wortes) ins Wasser fiel, überlegten wir uns einen Kinobesuch, konnten uns aber auf keinen Titel einigen. Schließlich beschlossen wir in ein Sneak-Preview zu gehen (man bekommt einen Titel serviert, der erst noch anlaufen wird, hat aber keine Ahnung welchen...der Eintritt ist dafür recht günstig). BTW, das Viernheimer Kinopolis ist gar nicht mal so übel
Ok, los gehts. Wir haben es hier mit einem Sozialportrait zu tun. Es geht vorwiegend um die Menschen, um Rassenprobleme. Aber auch um die Würde des Menschen, die untastbar sein sollte, es aber nicht immer ist, und die Fähigkeit eines Individuums, sich zu ändern. Es gibt keine Hauptdarsteller, alles läuft in Episoden ab. Niemand ist außergewöhnlich wichtig, alle haben sie einen (mehr oder weniger) gleichgroßen Anteil am Kuchen. L.A. Crash hat mich ein wenig an "Der schmale Grat" erinnert. Auch hier spielen jede Menge Stars mit (u.a. Sandra Bullock, Matt Dillon, Don Cheadle, Larenz Tate, Thandie Newton, Brandon Fraser, Ryan Philippe...), aber keiner davon dominiert.
Ebenso ist er sehr zurückhaltend inszeniert, Action und Explosionen sucht man hier (zum Glück) vergeblich. Der Soundtrack erinnert beinahe schon an Gladiator, passt aber irgendwie doch hierher.
Die Menschen, die wir dann zu Gesicht bekommen, stammen, der Thematik entsprechend, somit auch aus den unterschiedlichsten Kulturen und Schichten. Asiaten beschimpfen Mexikaner, Perser legen sich mit Amerikanern an, der Konflikt Schwarz-gegen-Weiß kommt zum Tragen usw...
Auch ist dies ein Film über die Stadt Los Angeles. L.A. - ein Moloch, Tag und Nacht. Rassismus seitens der Polizei, Diebstahl und Menschenschmuggel auf den Straßen, Existenzängste der Einwanderer. Hier werden alle möglichen sozialen Faktoren beleuchtet.
Und der Film macht dies gut - verdammt gut. Am Ende soll jeder der Charaktere einmal gewonnen, und einmal verloren haben - und somit zu sich selbst finden.
Ausgesprochen gut hat mir gefallen, wie die Schicksale der Figuren z.T. miteinander verknüpft wurden. Allerdings natürlich nicht in übertrieben comichafter Pulp Fiction-Manier, sondern eher im Stile von Amores Perros und ähnlichem.
Es gibt, gerade zu Beginn, auch jede Menge lustige Momente. Allerdings sind diese Lacher zumeist auf rassistische Bemerkungen zurückzuführen, und insofern mit Vorsicht zu genießen. Einen halbwegs harmlosen Dialogausschnitt möchte ich an dieser Stelle dennoch liefern: Dem Staatsanwalt wurde gerade sein Auto von zwei Farbigen entwendet, was ihn, bei Bekanntmachung, um die Stimmen der Schwarzen bangen lässt. Daraufhin sucht er nach einer passenden Lösung: "Ich brauche ein Foto...ein Foto, auf dem ich einem Schwarzen einen Orden verleihe....da gab es doch den einen...dieser..helfen Sie mir.." - "Aber Sir, er ist Iraki" - "Was? Er sieht doch aber schwarz aus..." - "Er ist Iraki, Sir. Sein Name ist Saddam Imre." - "Na toll, ich soll einem Typen namens Saddam einen Orden verleihen..."
Fraser als Staatsanwalt bleibt etwas blass, aber mehr gesteht im die Rolle auch nicht zu. Richtig klasse sind Matt Dillon, als rassistischer Streifenbulle, und Don Cheadle als egoistischer, zynischer Detective. Auch die beiden farbigen Kleinganoven, einer davon Larenz Tate ("Menace to Society"), sind immer für einen Lacher gut.
Interessant zu beobachten, wie es aussieht, wenn so viele kulturelle Schichten in einer Großstadt wie L.A. aufeinanderprallen. Erschreckend das Ergebnis.
Rassismus ist nach wie vor ein Problem in unserer heutigen Gesellschaft, allerdings macht der Film nie den Fehler, oberlehrerhaft mit dem erhobenen Zeigefinger zu agieren. Er zeigt einfach nur einen Ausschnitt, ein Exzerpt aus der Realität. Die Dinge haben vor Beginn des Films ihren Lauf genommen, und werden nach Ende des Abspanns noch weitergehen. Veränderungen zu erreichen ist schwer, und außerdem ein äußerst langsamer und schwieriger Prozess.
In meinen Augen ist L.A. Crash nahezu schon ein Independent-Film, eine kleine Perle. Und das nachdem ich bei all den großen Namen, und dem Anfang, in typischer Cop-Movie-Manier, schon Zelluloidmüll im Stile von "S.W.A.T." erwartet hatte. Der Regisseur hat anscheindend zuvor das Drehbuch zu Eastwoods "Million Dollar Baby" verfasst, und scheint ein großes Talent zu sein.
Schaut euch diesen Streifen an, ihr werdet nicht enttäuscht sein.
Wertung
9,5/10
