Wild Palms (1993)
Zunächst muss ich leider sagen, dass der deutsche Ton auf den Pidax-DVDs ziemlich dumpf ist, gelegentlich rauscht und dass die Musik hier und da etwas absäuft. Das ist sehr sehr schade, zumal der Soundtrack von Ryuichi Sakamoto überwiegend richtig stark ist. Vielleicht schau ich den zweiten Durchgang auf Englisch. Das Bild ist keine Offenbarung, aber ok.
"Wild Palms" beginnt noch relativ geradlinig in einer alternativen Zukunft des Jahres 2007 und zeigt den Anwalt Harry (James Belushi), der von Alpträumen verfolgt wird. Schon bald häufen sich seltsame Ereignisse in seinem Umfeld. Eine alte Liebschaft taucht als Femme Fatale auf und stellt sein Familiengefüge auf die Probe. Durch sie gerät Harry beruflich in das Umfeld des Senators Kreutzer (Robert Loggia). Dieser ist Kopf der neuen Synthiotics-Sekte und will Präsident werden. Ebenfalls plant er, über seinen Sender Channel 3 ein bahnbrechendes neues virtuelles Fernsehformat auszustrahlen. Schnell findet sich Harry in einem heimlichen Krieg zwischen mächtigen Geheimbünden wieder. Die neuen Techniken werden u.a. auch dazu benutzt, Wirklichkeiten vorzutäuschen. Jede Person in seinem Umfeld könnte ein doppeltes Spiel spielen. Besonders hart wird es, als herauskommt, dass nicht einmal die eigene Familie sicher ist.
Der Vergleich mit "Twin Peaks" hinkt zwar inhaltlich, aber der Effekt beim Zuschauer ist ganz ähnlich. Nach dem 90-min Pilotfilm war ich leicht irritiert und wollte unbedingt wissen wie es weitergeht. Eine Folge später tappte ich dann vollständig im Dunkeln. Die eigentliche Geschichte löst sich zwar nach und nach auf, aber viele kleine Details und Nebenstränge sind schwer zu fassen. Das liegt u.a. an der großen Flut von Informationen in gerade mal knapp 5 Stunden, dem teils hohen Tempo und der sprungartigen Erzählung. Besonders in Folge 2 und 3 gibt es sehr viele Jumpcuts. Man sieht eine Szene mit Belushi und direkt danach eine weitere, ohne dass erklärt wird wie er an den zweiten Ort kommt oder warum er gerade dort ist usw. Diese ungewöhnlichen Montagen sollen einen glaub ich verwirren und ein gewisses Unbehagen hervorrufen. Es gibt Phasen, in denen nicht ganz klar ist, was jetzt Realität, Virtual Reality oder Traum ist. Im Gegensatz zu "Twin Peaks" geht es hier eher um eine Verschwörungs- und Sci-Fi Thematik. Die Vorgänge sind zwar mysteriös, aber als klassische Mystery-Serie würde ich "Wild Palms" nicht bezeichnen. Dennoch wird man ordentlich gefordert und sollte beim Schauen aufmerksam sein.
Rückblickend kann man die Serie auch als gescheitert betrachten, denn die Umsetzung hat durchaus soapige Elemente, Overacting, bleibt visuell sehr ein Kind seiner Zeit (wirkt heute etwas veraltet) und was mir die Macher schlussendlich sagen wollen, ist auch nicht immer klar. Zumindest hab ich das Gefühl, nicht alles erfasst zu haben. Andersherum war "Wild Palms" aber auch gleichzeitig geniales, unglaublich mutiges und bahnbrechendes Fernsehen, das inhaltlich seiner Zeit weit voraus war. Indirekt wurde hier schon vor über 30 Jahren vor der heutigen Macht neuer Medien gewarnt. Und was die Möglichkeiten der Manipulation angeht, hat sich so manches genau so entwickelt.
Ich bin sehr froh, dieses etwas überladene und überfordernde TV-Experiment nachgeholt zu haben. Mit einer Bewertung tu ich mich schwer, in einem Moment sehe ich verschenktes Potential und die limitierten Mittel, im nächsten bin ich von der Kreativität und der Eigenständigkeit begeistert.
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