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Review: RAMBO (David Morrell)

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Lionel:



Da ich dem Marco versprochen hab, ein Review über die Buchvorlage zum uns allen bekannten Actionklassiker zu schreiben, kommt ihr jetzt in den Genuss der folgenden Rezension. ;)

Wo fang ich an? Erst mal muss ich dem Marco Recht geben! Der Film ist gut, aber bei  dieser Buchvorlage wär wesentlich mehr rauszuholen gewesen, zudem wurden einige signifikante Punkte mehr oder weniger stark verändert, worauf ich später noch genauer eingehen will, ich spreche vorwiegend vom Schluss, aber auch von der Darstellung von Teasle und Rambo.
Im Buch kommt Rambo aus keinem besonderen Grund in die Stadt. Er ist bereits aus über einem Dutzend anderer Städte davon gejagd worden, mit derselben Begründung, die Sheriff Teasle anführen wird: ein heruntergekommener Landstreicher, unrasiert und ohne Arbeit hat in einem sauberen Städtchen nichts verloren!
War es im Film noch so, dass Rambo einen befreundeten Kriegskameraden besuchen will, so besteht er im Buch von Anfang an nur aus dem Grund darauf in der Stadt zu bleiben, weil er sich nicht mehr herumschubsen lassen will. Er sieht es nicht ein, einem Land gedient zu haben, seine Seele im Krieg gelassen zu haben, um dann wie ein verlauster Penner von eben diesem Land herumgescheucht zu werden. Oder wie Rambo es an einer Stelle passend formuliert:
"Im Krieg haben sie mir Waffen anvertraut, die mehrere Millionen Dollar wert waren und ich durfte einen Kampfjet fliegen - hier krieg ich nicht mal einen Job als Parkwächter." (sinngemäß)
Anders ist es ja im Film auch nicht, dieser Punkt ist lediglich ein marginaler Unterschied, denn auch im Film bleibt Rambo aus Protest, das ist der eigentlich entscheidende Punkt.

Die Geschichte sollte allen bekannt sein. Rambo kommt also in die Kleinstadt, ohne große Hintergedanken. Sheriff Teasle kutschiert ihn zweimal über die Stadtgrenze, beide Male kommt Rambo zurück. Als Teasle ihn das dritte Mal in der Stadt sieht, wird es ihm zu bunt. Er locht ihn ein. Er ahnt jedoch nicht, dass Rambo seit seiner Gefangenschaft in Vietnam, wo er schlimmste Folter erleiden musste, kleine dunkle Zellen überhaupt nicht mehr mag.
Als einer der Cops ihm ein Rasiermesser unter den Hals hält, um ihn von seinem Bart zu befreien, hat Rambo ein Flashback von der Folter im Gefangenenlager und dreht durch. Er tötet den Cop und flieht. Es zieht ihn Richtung Wälder, wo er hofft, durch seine Spezialausbildung seinen Widersachern einen Schritt voraus zu sein. Doch Teasle vergisst nicht so schnell und hetzt ihm hinterher. Bald schon sind auch Staatspolizei und Armee in den Zwischenfall verwickelt, doch letztlich bleibt der ultimative Showdown Teasle und Rambo beschieden...

Rambo zieht eine Blutspur durch den Ort, wie man es kaum glauben mag. Nach und nach tötet er die Cops, holt einen Hubschrauber vom Himmel (wie man es ja auch aus dem Film kennt) und lässt auch Teasles Ziehvater Orval sowie seine Jagdhunde nicht am Leben. Als dann die Staatspolizei eintrifft, ist nur noch Teasle am Leben. Teasle hatte selber in Korea gedient und war mit Auszeichnung aus diesem Krieg zurück gekehrt. Als es ihm gelingt zu entkommen, ist er in einem erbärmlichen Zustand, mehr tot als lebendig - und dennoch ist er nicht bereit, der Hetzjagd den Rücken zu kehren, er fühlt sich schuldig für den Tod seiner Leute und den Tod jedes Einzelnen, der noch folgen soll. Und sterben werden viele.

Überhaupt ist die Schuldfrage mit der interessanteste Aspekt an der Geschichte von Morrell. Während Rambo immer wieder zu sich selbst sagt, es sei eigentlich nicht seine Schuld, man hätte ihn nur in Ruhe lassen sollen, er hätte niemandem etwas getan, muss er jedoch gleichzeitig eingestehen, dass all dies nicht notwendig gewesen wäre. Hätte er kooperiert, seine Situation erklärt, wäre er nicht ausgeflippt, hätte es nicht dieses Blutbad gegeben. Diese Gedanken hegend, kommt er doch immer wieder zu dem Schluss, dass er unschuldig sei. Er hat ja schließlich seine Pflicht für sein Land getan, das so undankbar war und ihm nichts dafür zurückgezahlt hat.
Obwohl Rambo auch im Film eine Mordmaschine ist, kommt dort stärker heraus, das er nur tötet, weil er dazu getrieben wurde. Im Buch sieht es oft danach aus, als würde es ihm Spaß machen, denn Rambo gerät geradezu in einen Mordrausch. Natürlich nicht ohne Auslöser, aber er dreht den Spieß um, wird selbst zum Jäger, und tötet auch dann, wenn es eigentlich nicht nötig ist. Viele Unschuldige finden den Tod.
Es ist also eine Frage des Grads der Darstellung, und im Buch ist Rambo da noch eine Spur gewissenloser. Während man im Film eher Sympathien für Rambo hegt (obwohl dieser keineswegs unschuldig an seiner Situation ist!), gerade angesichts des sadistischen Bastards Teasle, nimmt man beim Buch beinahe eine neutrale Position ein, denn Teasle ist keineswegs ein so selbstgefälliger Schweinehund wie im Film und Rambo kommt um einiges provokanter daher.

Als Teasle vorerst aus dem Verkehr gezogen wird und die Staatspolizei ihr Glück versucht, trifft der Colonel ein, der für Rambos Ausbildung verantwortlich war - besser gesagt für die Ausbildung dessen Ausbilder, denn - anders als im Film - kennt Rambo Colonel Sam Trautman nicht persönlich, ist also auch nicht mit ihm befreundet, so wie das im Film (und auch in Teil 2 und 3) dargestellt wird.
Trautman soll dazu beitragen, dass das Morden ein Ende findet und Rambo gefasst wird. Doch auch in Trautman schlagen zwei Herzen. Einerseits will er seinen Teil leisten, dass die Hetzjagd beendet wird, andererseits gönnt er - und das gibt er ganz offen zu - Rambo die Flucht. Er sympathisiert mit ihm. So fragt er auch zu Beginn, wie viele Leute er umgebracht hat, wie alles ablief, wie der aktuelle Stand ist. Als Teasle diese Einstellung als Stolz deutet und als völlig deplaziert abtut, erklärt Trautman, es sei nicht wirklich Stolz, aber er wäre enttäuscht, wenn Rambo sich nicht so wacker geschlagen hätte - denn dann wäre seine Ausbildung nicht perfekt gewesen.

Wie bereits angedeutet, erledigt Rambo Mann für Mann, obwohl er selbst auch sehr schwer angeschlagen ist, z.B. erschweren ihm gebrochene Rippen das Atmen. Dennoch steckt er nie auf. In einem brillanten Flashback erfahren wir von Rambos Zeit in Vietnam und wie er aus seinem Gefangenenlager entkommen konnte. Er fand sich nach seiner Flucht irgendwo im Dschungel wieder, ohne Erinnerung daran, wie er entkommen konnte, ohne Orientierung, um dann endlich von amerikanischen Soldaten aufgelesen zu werden. Super geschrieben an dieser Stelle.
Ähnlich genial ist auch eine Szene geschrieben, in der Rambo auf der Flucht vor seinen Jägern in einer Höhle landet, die sich als Sackgasse entpuppt. Er gibt jedoch dennoch nicht auf, tastet sich weiter vor und gerät zu einem Spalt, durch den er hindurchkriechen muss. Er landet in einem Tunnel mit Fledermäusen, watet knietief durch deren Scheiße und wird von Käfern beinahe aufgefressen.
Hier - wie eigentlich im ganzen Buch - ist die Gedankenwelt Rambos klasse gezeichnet worden. Immer wieder hat man als Leser an mehr oder weniger sinnigen Überlegungen Rambos teil und kann sich so besser in den Charakter hineinversetzen.
Aber nicht nur bei Rambo ist dies sehr gelungen. Auch bei Teasle erfahren wir eine Menge über seine Seelenwelt. So ist er von seiner Frau getrennt, was ihm sehr zu schaffen macht, hält sich aber für einen feinen Kerl, von jedem geachtet. Und ehrlich: eigentlich isser das auch! Wie bereits erwähnt, er ist definitiv nicht so ne Drecksau wie im Film, sondern ein durchaus humaner Typ. Am Ende ist er von Schuld zerfressen und möchte nur noch eins: den Mistkerl kriegen, der für den Tod seiner Leute verantwortlich ist (obwohl er sich insgeheim selbst die Schuld gibt, schließlich musste er ja seinen Kopf durchsetzen).

Rambo gelingt tatsächlich die Flucht aus dem Wald. Er schließt ein Auto kurz und glaubt an ein leichtes Entkommen, da alle Gesetzeshüter im Wald sind. Nicht jedoch Teasle, der sich inzwischen halbwegs erholt hat. Dieser wartet am Ortsausgang und es kommt zum großen Showdown. Rambo kann verletzt entkommen und zieht eine Spur von Blut und Gewalt hinter sich her. Jetzt ist der Turbo drin! Rambo sprengt die halbe Stadt in die Luft, erstmal die Tankstellen, dann das Polizeigebäude und und und...
Obwohl auch Teasle schwer angeschlagen ist, gelingt es ihm, auf Rambos Fersen zu bleiben. Als er glaubt, ihn gestellt zu haben, trifft ihn Rambo schwer:

Teasle lag auf dem Gehsteig auf dem Rücken. Er blickte nicht einmal zum Feuer hin, sondern starrte fasziniert auf die gelbliche Straßenbeleuchtung. Wenn es Sommer wäre, dachte er, würden Mücken und Motten um die Lampe flattern. Dann wunderte er sich, warum er an so etwas gedacht hatte. Er wandte den Blick von der Lampe ab, blinzelte und drückte beide Hände auf seinen Bauch. Es erstaunte ihn, dass er außer einem starken Kitzeln im Bauch nichts verspürte. Er wusste, dass er auch im Rücken ein großes Loch hatte, aber auch dort kitzelte es nur. Wie konnte eine so schwere Verwundung ihm nur so geringe Schmerzen bereiten, dachte er. Es war, als ob sein Körper nicht mehr im gehörte.


Einfach klasse geschrieben von Morrell, das bleibt in Erinnerung. Denn er liegt ewig so da, lässt sein Leben an sich vorüberziehen und merkt, dass ihm solche Angelegenheiten wie mit seiner Ex-Frau ins Reine zu kommen gar nicht mehr wichtig sind. Er ist von einem Gedanken beseelt: solange am Leben zu bleiben, bis die Sache geklärt ist. Tatsächlich schafft er es nochmal sich aufzurappeln und trifft auf Trautman, der ebenfalls auf Rambos Spur ist. Teasle erklärt ihm, er müsse dabei sein, wenn es mit Rambo zu Ende geht, er (Rambo) wolle es so (Teasle ist überzeugt ihn tödlich getroffen zu haben). Der Hass auf Rambo ist verschwunden und weicht einem gewissen Respekt und Verständnis für Rambos Lage. Bis Trautman aufkreuzte, wusste er ja nicht mal, dass Rambo ein Kriegsveteran ist.
Das Ende ist dann auch Hammer. Rambo hat sich durch die gleichen Brombeersträucher zurückgezogen, durch die Teasle ihm zuvor entkommen war. Er schließt mit seinem Leben ab und will sich selbst mit einer Granate in die Luft sprengen. Als er jedoch Teasle und Trautman sieht, ändert er seinen Plan.
Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, wie das Buch ausgeht (es ist nicht ganz eindeutig), aber der Marco und ich sehen es gleich:
(click to show/hide)Trautman erschießt Rambo, da er diesen nicht mehr leiden sehen kann, zuvor erwischt aber Rambo Teasle nochmal. Teasle stirbt - das ist definitiv. Rambo (wohl) auch. Ein weiterer signifikanter Unterschied zum Film also, aber offenbar war das Originalende ohnehin anders (nämlich genau so!) geplant. Hätte mir fast besser gefallen, obwohl wir dann nicht (click to show/hide)in den Genuss der beiden Forsetzungen gekommen wären.

Trautman ließ die leere Patronenhülse ausschnappen, und Teasle sah zu, wie sie glitzernd in hohem Bogen durch die Luft flog. Er musste wieder an Anna denken, aber es interessierte ihn eigentlich gar nicht. Er dachte an sein Haus, das er in den Bergen gebaut hatte, an seine Katzen - aber auch das interessierte ihn kaum noch. Dann dachte er an den Jungen, und eine große Liebe überkam ihn. Die leere Patronenhülse landete auf dem Boden. (click to show/hide)Teasle war tot.[/i]


Fazit: Das Buch ist definitv besser als der Film. Genau SO hätte man den Film drehen sollen, gerade das Ende ist ein Wahnsinnsstoff! Während die nächsten Buch-Teile auf den Filmen basieren (bzw. deren Drehbüchern), ist Teil 1 noch Vorlage für den Film, entstand also vorher. Keine Actiongülle wie 2 und 3, sondern eine anspruchsvolle, spannende Vorlage zu einem - im Nachhinein - leicht misslungenen Film. Dicke Empfehlung! Ich werde jetzt sicher noch mehr von Morrell lesen.

Colonel Fertig - übernehmen Sie! 8)

Masterboy:
hey Gert im Reviewwahn :-) Sehr schön!

Ich habs jetzt gerade etwas eilig und daher noch nciht alles gelesen, aber bei den ersten Sätzen fiel mir irgendwie auf dass ich den Film eigentlich genau wie das Buch verstehe. Rambo ist zwar auf der Suche nach seinem Freund aber das kann ein ganz anderer Ort gewesen sein von dem er nur weitergezogen ist, und falls doch es spielt ja im weiteren Verlauf keine Rolle.

Und ich hatte auch im Film den Eindruck dass er nur aus Protest bleibt. Bester "Beweis". "Wo willst Du hin?" "Norden" und läuft in den Süden.

Und der Spruch mit dem Helikopter war doch irgendwo im Film oder!? Ich kenne den jedenfalls!

Lionel:

--- Zitat von: "Masterboy" ---hey Gert im Reviewwahn :-) Sehr schön!

Ich habs jetzt gerade etwas eilig und daher noch nciht alles gelesen, aber bei den ersten Sätzen fiel mir irgendwie auf dass ich den Film eigentlich genau wie das Buch verstehe. Rambo ist zwar auf der Suche nach seinem Freund aber das kann ein ganz anderer Ort gewesen sein von dem er nur weitergezogen ist, und falls doch es spielt ja im weiteren Verlauf keine Rolle.

Und ich hatte auch im Film den Eindruck dass er nur aus Protest bleibt. Bester "Beweis". "Wo willst Du hin?" "Norden" und läuft in den Süden.

Und der Spruch mit dem Helikopter war doch irgendwo im Film oder!? Ich kenne den jedenfalls!
--- Ende Zitat ---




Jo, also das mit dem Freund ist im Film "dazuergänzt" worden. Aber auch im Buch ist es dann so, dass er aus Protest bleibt - weil er sich nimmer länger herumschubsen lassen will.

Was den Spruch angeht, hm, ich hab den Film schon viele Jahre nicht gesehen, aber das muss ich demnächst mal wieder tun.

Masterboy:
es klang halt nur anfangs so als würde das Buch relativ stark vom Film abweichen (wie es ja sehr oft ist).

Nach Deiner Inhaltsangabe kling tdas aber eher nach eine ~90% Adaption was ich schon für fast Inhaltsgleich halte. Solche Details wie mit dem Freund sind ja eher Nebensache, der Schluß natürlich nicht!

Rambo kommt auch imo nicht so sympathisch im Film weg bedenkt man seine Morde, aber sicher nicht so derb wie im Buch das stimmt und Teasle ist im Film definitv ein Arsch! Rambo ist aber an viele in der Tat selbst schuld, das kommt auch im Film so rüber.

Was mich noch interessieren würde, Du sagt Rambo wäre als Film sogesehen "misslungen". Welche Note gibst Du dem Film? Für mich ist Rambo nämlich ein 9.5/10 :-) was aber nicht heissen soll dass das Buch sogar besser ist.

Aber Du solltest ihn Dir auf jeden Fall mal wieder ansehen!

Lionel:

--- Zitat von: "Masterboy" ---es klang halt nur anfangs so als würde das Buch relativ stark vom Film abweichen (wie es ja sehr oft ist).

Nach Deiner Inhaltsangabe kling tdas aber eher nach eine ~90% Adaption was ich schon für fast Inhaltsgleich halte. Solche Details wie mit dem Freund sind ja eher Nebensache, der Schluß natürlich nicht!

Rambo kommt auch imo nicht so sympathisch im Film weg bedenkt man seine Morde, aber sicher nicht so derb wie im Buch das stimmt und Teasle ist im Film definitv ein Arsch! Rambo ist aber an viele in der Tat selbst schuld, das kommt auch im Film so rüber.

Was mich noch interessieren würde, Du sagt Rambo wäre als Film sogesehen "misslungen". Welche Note gibst Du dem Film? Für mich ist Rambo nämlich ein 9.5/10 :-) was aber nicht heissen soll dass das Buch sogar besser ist.

Aber Du solltest ihn Dir auf jeden Fall mal wieder ansehen!
--- Ende Zitat ---




Klar isses größtenteils gleich, so viel "Story" gibbet ja net bei Rambo :lol: Aber wenn man das Buch liest, bemerkt man doch einen ganz anderen Grundton als im Film und das finde ich schon signifikant.

"Misslungen" in Anführungszeichen und nur im Vergleich zum Buch, wohlgemerkt. Den Film find ich auch klasse, aber jetzt, wo ich das Buch kenn, bin ich definitiv enttäuscht!
Hm, was würd ich dem Film geben...ne 8,5/10 vielleicht, womöglich sogar eher Tendenz zur 8/10, denn hätte man den Film so umgesetzt wie das Buch auch gedacht war, wärs sicher ne 10/10 geworden.

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