Zuzeiten geschieht es, dass der einsame Wolf bei seinen Streifzügen durch den unübersichtlichen Wald der Horror- und Actionfilme tatsächlich noch auf Werke stößt, die sein Wohlwollen finden. Bei einem dieser einsamen und oft fruchtlosen Streifzüge landete der Odenwälder Lonewolf auf den britischen Inseln, und zwar in einem abgelegenen Winkel von Queen Lisbeth's Königreich. Dort traf er auf ein einsam gelegenes und zum Verweilen einladendes Landhaus, das dort "Cottage" heißt, und auf diese drei gastfreundlichen Zeitgenossen:
Nun, und weil die drei gar so sympathisch waren, beschloss der Lonewolf, seine Streifzüge zu unterbrechen, sich zu verschnaufen und dem lustigen Treiben des Trios mal für anderthalb Stunden zuzuschauen. Um es vorweg zu nehmen: Der Lonewolf hat die Verschnaufpause ganz und gar nicht bereut.
Da haben wir also einen Film, der einem das Inselkönigreich so ziemlich schmackhaft macht. Ruhige, waldreiche Gegenden, Ferienhäuser fernab vom Lärm und den Autoabgasen der Großstadt, freundliche und neugierige Nachbarn, und den einen oder anderen spleenigen Gesellen, der sich einen Spaß draus macht, mittels Farmwerkzeugen hübsche Verzierungen in menschliche Körper zu schnitzen. Ja, ein seltsames aber liebenswertes Völkchen sind sie, die Angelsachsen.
Zwei dieser Zeitgenossen sind Ganove Dave und sein Bruder Peter. Wo Dave sich überaus taff gibt, fehlen Peter die Eier in der Hose, und mit der Intelligenz hat es bei beiden wohl eher nicht zum Highschool-Abschluss gereicht. Dave hat seinen kleinen spießigen Bruder Peter überredet, ihm bei einem ganz großen Ding zur Hand zu gehen, das ihm seinen Traum von einer eigenen kleinen Segelyacht verwirklichen soll. Und so folgen wir den beiden Brüdern zu einem tief im Walde gelegenen Hexenhäuschen, dem "Cottage". Das ist gar beschaulich eingerichtet und mit allen Schikanen modernster Technologie, z.B. einer Beleuchtung, bei der man alle paar Minuten eine Geldmünze nachwerfen muss, damit das Licht angeht, ausgestattet. Also ein Ort, an dem der Mensch sich wohlfühlen und noch Mensch sein darf. Gepäck haben die beiden keines dabei, dafür aber Trish, das blonde und silikonbusenbewaffnete Töchterlein einer Londoner Halbweltgröße. Nachdem man die Blondine also mühevoll ins vorübergehende Quartier geschafft, sich dabei eine blutige Nase geholt und der Dame auch gleich noch verraten hat, mit wem sie es denn nun eigentlich zu tun hat, erpresst man ein erklecklich Sümmchen vom Pappi, das vom Stiefbruder der blonden Geisel überbracht werden soll. Da fängt der ganze Schlamassel aber erst richtig an, denn wie wir bereits nach 5 Minuten merken, haben wir es bei den Entführern mit zwei ausgemachten Schwachmaten zu tun, und der Halbbruder mit der Pennunze ist nicht nur auch so bescheuert, sondern auch noch fett. Trish hat ein Mundwerk, das jeden Londoner Müllmann vor Neid erblassen ließe, und ist deshalb erst mal ne Zeitlang geknebelt. Das bleibt aber nicht so, denn eine Geisel, die es mit solchen Kidnappern zu tun bekommt, braucht nicht lange, um stiften zu gehen. Weil Blondchens Pappi aber auch nicht doof ist, hat der erst mal ein paar chinesische Köche auf die Gang angesetzt, die den Auftrag haben, die Kidnapper bei passender Gelegenheit in Chop Suey zu verwandeln und den Blondschopf nach Hause zu schleifen.
Eine ganz normale, alltägliche Situation also, wie sie in Her Majesty's Own Country jeden Tag vorkommt, gewürzt mit jeder Menge schwarzem Humor und gar lustigen Einfällen sowie sichtlich gut gelaunten Akteuren - könnte man meinen. Doch die Engländer sind immer für eine Überraschung gut, und das merken wir spätestens, als Dave tiefnachts at a Quarter till Camilla in einer Telefonzelle des nahe gelegenen Dorfes den Papi der Geisel antelefonieren will und eine unheimliche Begegnung der britischen Art hat. Gewarnt, dass es sehr ungesund ist, das Cottage zu verlassen und vor allem nächtens spazieren zu gehen, kehrt David zum Landhaus zurück und muss leider feststellen, dass die Blonde sich - schwiedelwitsch und hüpf -von hinnen gestohlen hat und auch noch Klein-Peter im Schlepptau hat. Also nix wie die Hufe gesattelt und hinnerher, wie weiland der achte Heinrich durch den heimischen Forst.
So, und jetzt kommt er, der Horror, denn urplötzlich wird dieses Krimi-Schmierentheater zum makabersten Backwood-Slasher, der mir je untergekommen ist. Ab jetzt bietet der Film alle Klischees auf, die das Genre zu bieten hat, und verwurstelt sie (wie damals bei "Tanz der Vampire") gekonnt mit Slapstick, Humor, Blut und geiler Horroratmosphäre zu einem original englischen Stew der besonderen Art. Klar, Neues bietet der Film im Backwood-Genre nicht (bei Polanskis Vampirparodie wussten wir ja auch, was uns allenthalben bevorsteht). Aber die Mischung aus schrägem Humor und Gore-Efekten macht diesen Streifen zu einem erfrischenden Außenseiter und beweist einmal mehr, dass die Briten nicht nur schräg sind und die Meister sehr derben Humors sind, sondern diesen auch mit dem ihnen als europäisches Land der Gruselmär anhaftenden Ruhm geschickt zu vermischen vermögen.
Und so haben wir hier einen prächtig gespielten, atmosphärischen und wunderbar photographierten Backwood-Slasher made in Little Britain mit allem, was wir uns so wünschen, und ein paar Schenkelklopfer gibts obendrein. Das einzige was für Lonewolf's Geschmack fehlt, sind noch ein paar kreischende Mädels mehr und ein paar Titten, aber das lässt sich leicht verschmerzen. Ganz so hoch in den Himmel des Horrorfilms lobhudeln wie die Rezensoren des Virus-Magazins vermag der einsame Wolf diesen Streifen allerdings denn doch nicht - deshalb begnügt er sich damit, diesen Slasher als einen der besten Horrorfilme zu bezeichnen, den er in den letzten Jahren zu sehen bekommen hat. Ein Film, der richtig Spaß macht. Den Typen, der das beschissene deutsche Cover allerdings verbrochen hat, sollte man in den Wäldern rund um das idyllische englische Cottage aussetzen...ohne Handy, und ohne Fish 'n Chips.
Der Lonewolf Pete