Fragmente - Stefan T. Pinternagel

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Offline Stubs

  • "Vermutlich hat Gott die Frau erschaffen, um den Mann kleinzukriegen"
    • Ich bin verhaltensoriginell und emotionsflexibel
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    Ich bin durch! Im wahrsten Sinne des Wortes.  :neutral:

    Abstoßend, pervers, voyeuristisch, verstörend, krank!!!
    Pinternagel macht da weiter, wo andere aufhören. Ob ich das gut finde oder nicht, vermag ich nicht zu sagen. Ich hab das Buch gerade erst ausgelesen zur Seite gelegt.
    Letztlich fühlte ich mich durch das Buch getrieben, konnte es kaum aus der Hand legen.
    Blendend recherchiert gibt Pinternagel Einblick in die Welt der Serienkiller. Hetzt den Leser durch die Historie menschlicher Monster, spult deren Vorlieben, Perversitäten, Wirken, Jagderfolge, Inhaftierungen und Hinrichtungen klinisch distanziert ab. Die eingestreuten "Informationen" muten wie Fußnoten in einer Diplomarbeit an. Verfasser dieser  Arbeit ist der Holiday-Killer, welcher sich direkt an den Leser wendet. Das schafft eine abstoßende Intimität, die mir garantiert die ein oder andere Falte mehr beschert hat. Mit entspanntem Gesichtsausdruck hab ich das Buch nicht lesen können.
    Pinternagel startet mit dem Brief des kanibalistischen Serienkillers Albert Fish an die Mutter eines seiner Opfer, ein 10 Jahre altes Mädchen. Man möge mir verzeihen, aber das ist der erste Schlag ins Gesicht des Lesers. So krank wie die Idee ist auch der Inhalt des Briefes, der Pinternagel in seiner Originalfassung als Ende und Anhang dient.
    Der Holiday-Killer erklärt zunächst, dass wir alle Dinge sind, die durch die Masse geschützt sind. Was macht es bei einer großen Bevölkerungsdichte, wenn sie durch einige wenige Jäger dezimiert wird? Keine wesentliche Veränderung. Er sucht in der Tierwelt nach Parallelen, um das Ausleben seiner Perversionen zu rechtfertigen und zu erklären. Steigert sich im Laufe des Buches in philosophische Betrachtungsweisen, die im Kern so verquert sind, dass sie teilweise entsetzlich nachvollziehbar anmuten.
    Krank, denn Pinternagel weiß mit Worten umzugehen. Der Holiday-Killer erzählt im Plauderton von seinen Vorlieben, seinen Morden, seinen Foltertechniken und seiner Herkunft. Atmosphäre spart sich Pinternagel. Und das ist gut so. Frei von jeder Emotionalität webt er die Emotionen eines Psychopathen in dessen Lebenswerk und -geschichte ein. Immer wieder streut Pinternagel Sequenzen ein, bei denen ich mich nah rangezogen fühlte an den Holiday-Killer. Das fand ich fürchterlich. Mein Mitleid für die beschriebene Jugend dieses Monsters und mein latent aufkeimendes Verständnis kotzte mich an. Aber Pinternagel geht so geschickt mit seinem Hauptdarsteller um, baut ihn erschreckend filigran auf, dass ich mich diesem Sog nicht zu entziehen vermochte.
    Immer vehementer macht Pinternagel deutlich, dass dieser Serienkiller die emotionale Distanz zu seinen Opfern braucht, um das zu tun, was er zwanghaft tun muss. So sind sie Dinge, Tiere und er kann ihnen nicht in die Augen schauen. Das Problem des Blickkontaktes mit seinen Opfern löst der Serienkiller zunächst auf pragmatische, dann auf drastische Art und Weise.
    Während des ganzen Buches steht der Holiday-Killer im Mittelpunkt. Pinternagel lässt eine mikroskopisch genaue Betrachtung zu und erspart dies dem Leser, wenn es um die Opfer geht. Die nehmen eine mehr oder weniger wichtige Statistenrolle in seiner Erzählweise ein. Hätte Pinternagel in dem ihm ohne Zweifel zur Verfügung stehendem Talent auch hier Nähe geschaffen, würde das Buch einen an den Rand des Wahnsinns und darüber hinaus treiben. Die Verzweiflung, Panik und Schmerzen überlässt Pinternagel der Phantasie des Lesers. Großes Glück, dass die Aneinanderreihung immer unvorstellbarer Perversitäten irgendwann zu einem tauben Gefühl im Hirn führen. Zunehmend kam mir das alles abgestumpft und tumbe vor, so dass ich mich auf ein gelegentliches Kopfschütteln beschränken konnte und dafür bin ich tatsächlich dankbar.
    Mehr vermag ich gerade nicht dazu  zu schreiben. Vielleicht ist mit ein paar Tagen Abstand mehr drin.

    Und TC ... ich kann verstehen, dass du dieses Buch aus deinem Bücherregal verbannt hast. Auf mich übt es eine irgendwie geartete Faszination aus. Es wird wohl bleiben, weil es so absolut anders ist als alles, was ich bisher gelesen habe.  ;)
    « Letzte Änderung: 07. Oktober 2009, 18:14:12 von Stubs »
    Liebe Fee! Ich wünsche mir ein dickes Bankkonto und eine schlanke Figur. Aber bitte, bitte ... vertu dich nicht schon wieder!


    Offline Stubs

    • "Vermutlich hat Gott die Frau erschaffen, um den Mann kleinzukriegen"
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      Oh Mann, wenn ich das so lese, weiß ich garnicht ob ichs bis zum Ende durchzuhalten vermag :lol:

      Klar kannst du. Stell dich nicht so an, du Sissi.  :P  :D
      Liebe Fee! Ich wünsche mir ein dickes Bankkonto und eine schlanke Figur. Aber bitte, bitte ... vertu dich nicht schon wieder!


      Offline Stubs

      • "Vermutlich hat Gott die Frau erschaffen, um den Mann kleinzukriegen"
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        Das ist totale Scheiße !

        *grins* Ein Spalter halt ... ich fand es echt ... krank ... also gut.  :D
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