Arano scheint die personifizierte Gefühlskälte zu sein - einzig sein Hass auf Yakuza-Gangster treibt ihn trottend durch ein düsteres und abgeklärtes Tokyo. Sein Wille, alle Yakuza-Gangster umzubringen, kommt dem zwielichten Banden-Chef und Zuhälter Kamijo sehr zugegen und zwischen dem schweigsamen Killer und dem aufstrebenden Klein-Kriminellen entwickelt sich eine Hass-Liebe, die zum Finale hin eskaliert.
Mit asiatischen Filmen ist es wie mit Comics - der Gelegenheits-Gucker verbindet damit vorrangig Triviales. Dass die Filmemacher aus dem Land des Lächelns derweil eine ganze Riege an schlicht großartigen Filmen hervorgebracht hat und sich nicht nur in Kung-Fu-Ninja-Klamauk erschöpfen, sondern auch nicht selten für Hollywood wegweisend sind, interessiert dagegen nur eine kleine Fan-Schar, aber diese wird aber mit "Pornostar" wieder trefflichst bedient.
Toshiaki Toyoda wollte vorrangig ein Portrait über Gewalt und Emotionslosigkeit in den Großstädten verpackt in einem Yakuza-Thriller präsentieren - und hat dabei auch noch einen der besten Slasher-Filme seit "Psycho" und "Evil Dead Trap" vorgelegt!
Kôji Chihara verkörpert einfach großartig den etwas debilen & wortkargen Hauptdarsteller - Verweise auf DeNiros Travis drängen sich förmlich auf, obwohl der Amok-Lauf zwischen "Taxi Driver" und "Pornostar" unterschiedlicher nicht sein könnten. Man erfährt nichts über den Grund seiner Mordlust und der ganze Film wirft mehr Fragen auf, als dass er beantworten mag, aber das ist auch gar nicht nötig. Die Regie ist eindeutig visuell orientiert und verwöhnt den Zuschauer mit erlesenen Bildern, die immer wieder durch ernüchternden Realismus gebrochen wird. So kauert Arano z.B. in einer dunklen Gasse - in sich versunken, harte Gitarren-Riffs durchschneiden die Stille, dann regnet es - Messer! Hunderte, Tausende Messer fallen auf Arano vom Himmel herab - wohl eine göttliche Prophezeiung oder Fingerzeig, denn ein paar Minuten später schlachtet er einen Yakuza-Chef auf bestialische Weise ab. In diesen Szenen wir auch der Zuschauer nicht geschont: während das Opfer durch die Tiefgarage taumelt packt Arano ein Halbes Dutzend Messer aus seiner Tasche und beginnt routiniert mit der Arbeit: er rammt seine Messer in den Brustkorb des Gangsters und zwei Minuten lang taktiert Arno immer wieder das Opfer...ohne einen Kamera-Schnitt, in einer einzigen Kamera-Fahrt. Eigentlich ist es ungerecht, diese Szene stellvertretend für die handwerkliche Perfektion nachzuerzählen, aber wenn die Faszination des "Wie-haben-die-das-gemacht-"-Effekts dem Ekel und dem Unwohl weicht, hat der Filmemacher sein Ziel erreicht: großes, packendes Kino! Bilder, die an die Nieren gehen wie ein "Audition" und ein quälendes Finale taugen zwar nicht zum lustigen Party-Abend-Film, verwöhnt dafür den Asia-Cinema-Fan.
"Pornostar" sei jedem ans Herz gelegt, der mal Geschmack am Nippon-Kino finden möchte. Er ist eingängig erzählt, knochenhart, ist poetisch und visuell aufregend. Bleibt nur zu hoffen, dass Hollywood Toyoda in nicht in seiner Maschinerie einspannt und einen Konfektions-Regisseur ala John Woo hervorbringt, von dem man auch nur noch schwärmt, wenn man an seiner Werke vor Hollywood gedenkt...
Grüße!