Ein Mann erwacht in einem dunklen, engen Betongang, der in etwa seinem Körperumriss entspricht. Er kann sich kaum bewegen. Wo ist er? Wie ist er hier her gekommen? Abblende. Plötzlich ist er in einem weiteren Gang, steht mit dem Rücken zur Wand, kein Platz, sich vor oder zurück zu bewegen, nur seitwärts ist es möglich. Spitze Dornen im Boden zwingen ihn dazu, auf Zehenspitzen zu gehen, und an einem Rohr weiter oben kann er sich kaum fest halten, weil es mit Stacheldraht umwickelt ist, und sein offener Mund umschließt ein weiteres Rohr, seine Zähne schrammen am Metal entlang, er kann den Kopf nicht zurück bewegen...weitere Gänge folgen, Dunkelheit, Enge, Bedrohlichkeit und später sogar Leichenteile. Schließlich trifft er, als er durch einen erdrückend niedrigen Tunnel kriecht, auf eine Frau, die ebenfalls nicht weiß, wie sie hier her gekommen ist. Gemeinsam beschließen sie, einen Ausgang zu finden. Und vielleicht auch eine Antwort auf das warum.
Wenn es einen Film gibt, der Klaustrophobie passend in Bilder fassen kann, dann ist es
Haze. Shinya Tsukamoto, der selber darunter leidet, treibt hier sein Motiv des in Betonwelten gefangenen Menschen auf die Spitze, in aller Konsequenz. Der Film ist gnadenlos düster, bedrohlich und teils wirklich unangenehm, untermalt von unharmonischen Klängen, die dieses Gefühl noch zu verstärken wissen. Und er bietet einem letztlich Interpretationsmöglichkeiten, die sich einem nach nur einmaligem Sehen vielleicht noch nicht wirklich erschließen.
Ist dies die Hölle? Muss sich die Hauptfigur den Weg daraus freikämpfen, um sich zu besinnen und sein Leben noch einmal neu zu beginnen? Eine Art Zwischenwelt, in die er nach tragischen Ereignissen gelangte und die es ihm dennoch ermöglicht, alles noch irgendwie zum Guten zu wenden, wenn er es nur wirklich will? Oder ist es schlicht einfach nur eine Metapher für uns Menschen, die wir in der städtischen Hölle gefangen sind und uns nach einem Ausweg sehnen? Der Film lässt Raum für Gedanken.
Tsukamotos Film ist ungewöhnlich (was eigentlich auf fast alle seine Werke zutrifft), und er fordert den Zuschauer. Er nimmt ihn nicht an der Hand, sondern stößt ihn in den Abgrund, seinen eigenen Gedanken überlassen. Und er beschäftigt einen auch noch lange danach.