Nun, King Hu nahm bei den zu seiner zeit sehr populären bzw. an Popularität zunehmenden Kung Fu Spektakeln eine Sonderstellung ein, weil er sich nicht auf bloße Kampfsequenzen und simple Chinesische Opern - Versatzstücke beschränkte. Für ihn war das medium Film dazu da, epische und breit angelegte Geschichten zu erzählen. Zwar drehen sich diese geschichten rund um Helden, Heldinnen, Patrioten und den alt bekannten Kampf einiger weniger gegen eine Übermacht staatlicher Unterdrücker, aber King Hu verpackt dies in wunderschöne Landschaftbilder, tolle Kameraeinstellungen und atmosphärische Szenerie. Ja, auch er arbeitet viel mit Wire Work, seine Protagonisten springen gerne meterhoch auf Bäume und von Ast zu Ast, aber anders als Chang Cheh & Co. filmt King Hu das gerne auch mal von unten oder im Gegenlicht. Er treibt solche Kämpfe dann auch mitunter auf die Spitze, indem dann die Gegner fliegend und beim Hinaufgleiten an baumstämmen aufeinander einhauen. Kung Fu als solches kommt selten vor, King Hu's Mittel zum Zweck ist das Schwert. Auch sind seine Filme ziemlich dialoglastig und es dauert mitunter recht lange, bis mal die Funken sprühen, aber dann beeindrucken seine Kampfszenen, weil sie ästhetischer abgefilmt sind als die bloßen haudrauf-Massensequenzen der Shaw-Studios.
Ich erinnere mich an eine Werkschau der King Hu Filme in den 70ern im ZDF, in der fast alle King Hu Streifen gezeigt wurden - und ich meine, es war auch das einzige Mal, dass sie im deutschen TV zu sehen waren. Wiederholt wurden sie glaub ich nie, aber sie waren sicherlich maßgeblich daran Schuld, dass ich zum Easternfan wurde. Später folgte dann im ZDF noch die 36 Kammern der Shaolin und Die Tochter des Meisters, und damit war's endgültig um mich geschehen. Aber man kann es drehen und wenden, wie man will - die poetischsten und atmosphärischsten Geschichten verstand King Hu zu erzählen. Anfangs noch für die Shaw Brothers tätig (er inszenierte 1966 den ersten Farb-Eastern der Shaws, "Come Drink with Me") löste er sich bald von den Studios um seinen eigenen Erzählstil umzusetzen. Bis heute empfinde ich die King Hu Filme als Meisterwerke, auch wenn sie bisweilen etwas langatmig wirken.
Der Lonewolf Pete