Merantau

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Offline nemesis

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    Während die Thai-Klopper meistens im Grunde nur ein Gerüst für spekatuläre Kampfszenen sind, deren Handlung oft nur für den schnellen Vorlauf taugt, versucht Regisseur Gareth Evans hier, etwas mehr Menschlichkeit in diesen indonesische Film einzubauen.

    Der junge Yuda lebt mit seiner Mutter und seinem Bruder auf dem Lande als Tomatenfarmer. Man führt ein einfaches Leben... aber ein zufriedenes. Sein Bruder hatte bereits das "Ritual" des Merantau durchgeführt. Allein hinaus in die Welt, die große Stadt Jakarta, seinen Weg finden, Mann werden. Nun steht dies bei ihm an. Seine Mutter legt ihm nahe, es nicht zu tun. Es sei nicht nötig. Doch Yuda möchte es tun. So bricht er auf - und wird seine Prüfung finden: Das Mädchen Astri, das in einem Club als Tänzerin arbeitet, und von ihrem "Boss" ziemlich mies behandelt wird. Yuda mischt sich ein... und sieht sich bald mit Mädchenhändlern konfrontiert, die Astri und andere prostituieren wollen. Yuda beschließt, ihr und ihrem kleinen Bruder Adit zu helfen. Um jeden Preis.

    Ja, innovativ ist die Story nicht. Aber sie kratzt tatsächlich am Gerechtigkeitssinn des Zuschauers, wodurch sie durchaus packen kann. Die Fieslinge sind wirklich fies, vor allem der Däne Mads Koudal als Mädchenhändler Ratger. In den besten Momenten wirkt er fast wie eine etwas attraktivere Variante von Billy Drago (ohne äußere Ähnlichkeit). Iko Uwais (der auch in The Raid zu sehen sein wird) gibt den Yuda. Er ist ein Student des Silat (wörtl. "Tanz"), ein eng an die indonesische Kultur gebundener Kampfsport, der auf dem ersten Blick dem Muay Thai ähnlich ist, aber fließendere Bewegungen aufweist, weniger brachial ist, aber dafür etwas eleganter scheint und auch mit Griffen arbeitet. Nett, mal etwas eher Unbekanntes zu sehen. Das war auch eine der Intentionen des Regisseurs, der mit sichtlicher Hingabe und auch Sympathie für das Land diese Film schuf. Und vielleicht das indonesische Kino wieder etwas belebte, das ja nicht mehr wirklich viele Actionfilme produziert, geschweige denn einen Actionstar hat. Dazu hätte Iko allerdings das nötige Rüstzeug.

    Positiv fällt auf, dass es nicht nur um die reine Action geht, sondern es auch immer wieder ruhige Momente gibt. Stille Momente, in denen ohne Worte tatsächlich Emotionen und Stimmungen transportiert werden. Das gibt dem Film und den Figuren Leben. Blicke, Gesten, Greifbares, welches einem die Figuren nicht egal sei lässt. Die Kampfszenen sind ebenfalls erfreulich bodenständig. Keine Supermoves und Seilaktionen (nur bei einigen Absturz-Stunts). Effektive Aktionen, auf den Punkt, eingefangen durch überlegte und "altmodische" Kameraführung. Keine Stakkatoschnitte, keine Wackelkamera, nein, lange Einstellungen, teils Fahrten ohne Schnitt von Gegner zu Gegner. Kein Kaschieren von Unfähigkeit. Das Zeigen von Können.

    Merantau definiert das MA-Kino nicht neu. Aber er belebt es und ist einer der besseren Beiträge des Genres, bei dem es nicht nur um Sensationen geht, sondern auch um Menschen. Klare Empfehlug. Und die Extras sind ebenfalls sehenswert. Die fallen nicht immer so sympathisch und interessant aus.
    « Letzte Änderung: 17. Oktober 2011, 19:26:10 von nemesis »