"Suspiria" ist bei mir nie schlecht gealtert - im Gegenteil. Bei mir gewinnt der immer mehr ... aber nur meine Meinung.
Laurin (1989)
der nächste Film, dem man sein Altern nicht ansieht. Ich hätte nie gedacht, dass Laurin noch aus den 80ern ist. Da Sigl gestern Geburtstag hatte, schon ich den quasi aus aktuellem Anlass in den Player und gelangte in eine märchenhaften Strudel.
Die Geschichte spielt 1901. Laurin ist ein kleines Mädchen, das das „zweite Gesicht“ hat. Ihr Vater ist Seemann und so gut wie nie zu Hause. Laurin lebt daher bei ihrer Großmutter. Ihre Mutter kam bei einem Unfall ums Leben, denn in einer Nacht sah sie einen Mörder, der die Leiche eines kleinen Jungen verschwinden lassen wollte. Dabei fiel sie in den Fluss. Laurin weiß das, denn sie sieht ihre Mutter in ihren Visionen. Jahre später verschwinden wieder Kinder, unter anderem ihr Schulkamerad Stephan... und Laurin macht sich auf die Suche nach ihm.
Meine Beschreibung hört sich vielleicht reißerischer an, als sie ist, denn Sigls Film wirkt wie ein Märchen. Die Bilder sind phänomenal – denn er schafft es wirklich dem schwierigsten Motto des Filmemachens gerecht zu werden: „Jede Einstellung ein Gemälde, jede Szene ein Gedicht“. Tatsächlich ist aufgrund von Kameraarbeit, Kulissen und Beleuchtung jede Einstellung so gewählt, dass man sie als Bild an die Wand hängen könnte. Gerade die Farben des Films und die Nutzung des Lichts sind sensationell.
Am Anfang dachte ich, dass Ganze wirkt optisch wie ein später Hammer-Streifen aus den Siebzigern, doch später hat es schon Bava Qualitäten (ja geht auch etwas in Richtung Dr. Dracula). Die Inszenierung der Schauspieler ist ebenfalls gelungen – nicht so gestelzt wie im deutschen Kino, sondern sehr natürlich. Liegt vielleicht daran, dass der Film synchronisiert wurde. Vieles bleibt im Laufe der Geschichte auch im Argen – man bekommt nicht viel erklärt, sondern muss sich die Geschehnisse selbst zusammenpuzzeln, daher bleibt alles sehr mysteriös und geheimnisvoll. Wir als Zuschauer sind immer auf Seiten von Laurin, die „mehr“ weiß. Deshalb bangen wir auch immer mit ihr mit. Ich fand auch Dóra Szinetár als Laurin spitze. Es ist schade, dass sie nie mehr gemacht hat. Oft habe ich mich gefragt, wie alt sie ist – denn sie wirkt viel älter und reifer, als sie ist. Diese „wissenden“ Augen fand ich schon äußerst faszinierend.
Kurzum: Laurin ist ein zeitloser Film, der einen in eine fast magische Welt führt. Die Bilder sind alle bedeutungsschwanger, die Atmosphäre ist unheimlich und die Schauspieler sehr gut. Ich war echt überrascht – obwohl ich zugeben muss, dass ich den Film als Teenager bestimmt langweilig gefunden hätte. Doch heute muss ich sagen: großartiges Stück Kino. Schade dass Robert Siegl heute Szenen für Aktenzeichen Xy drehen muss – der Mann ist ein unglaublich fähiger Filmemacher.
Fist of Legend -
siehe Gert-Thread