Bleigericht (1968) -
mal wieder ein Italowestern, den mir meine Fernleihe in die Hände spülte. Das Ding von Paolo Bianchini ist genau das, was man heute als "generisch" verdammt. Und genau das macht richtig Freude. "Bleigericht" frühstückt alle Klischees ab und bietet NULL Überraschungen und trifft damit voll ins Schwarze. Bianchini, der das Ding als Auftragsarbeit abgeleistet hat, hakt alles ab, was in ein Western rein muss - der blonde coole Held, der überhebliche Bösewicht, der korrupte Sheriff, die schmachtenden Frauen usw. Aber Bianchini hat vieles schon vorweg genommen, was wir in späteren Italo-Western-Parodien oder Spencher/Hill Filmen bekommen haben - ironische Brechung und eine dicke Priese Humor. Denn an sich spielt Dean Reed (dessen Lebensgeschichte ja schon Filme und Dokus wert waren) ein gant großes Arschlosch. Ein Revolverheld, dem die Frauen zu Füßen liegen (und die er alle vernascht - schon zu Beginn sehen wir wie er die neueste Eroberung zu einem Candle-Light-Dinner in einen Puff einlädt) und der mit seiner extravaganten Art (und Kusche - mit integierter Whiskey Bar) immer irgendwo aneckt. Sofort gibt es Maulschellen, wenn er irgenwo auftauhct oder gleicht Tote.
Insgesamt ist "Bleichgericht" aber blutleerer und leichtfüßiger als der Titel uns weismachen will ... der Film ist lockere Unterhaltung, die man super weggucken kann. Sicher wird heute bemängelt, dass der Film eben eine ausgelutschte 08/15 Story hat... ok - aber genau das hab ich gebraucht. Es macht Freude, die Formel vorhersagen zu können ohne dass es langweilt. Es wird genügend Action geboten und gestorben wird auch viel... Empfehlenswert ist das Interview mit Regisseur im Bonusmaterial, der von den Dreharbeiten erzählt und mutmaßt, dass der Hauptdarsteller keinen Selbstmord verübt hat...
Mir hat das Ding so viel Spaß gemacht, dass ich bald wieder meine Baustellen (Giallo/Hammer/Poliziott/Italo Horror und Shaw... weiter basteln muss. Ich glaube das müsste ich um Western und Endzeitfilme erweitern...) aufnehmen muss. Denn hier liegen kleine Perlen und große Meisterwerke. "Bleigericht" ist vielleicht keine Perle, aber ein Kaugummi, den man als Kind früher aus dem Automaten gezogen und genossen hat ... (wäre bei heutigen Hygienebestimmungen gar nicht mehr möglich).
Old Surehand - 1. Teil (?)
- es hat nie einen zweiten gegeben. Schade denn der Karl May Film mit Steward Granger macht ebenfalls Laune. Für FSK 6 wird hier auch viel gemordet, auch wenn es recht unblutig ist. Der Film hat alle Zutaten der Rialto-Filme: ein Zugüberfall mit Explosion, Fieslinge, die Indianer provozieren und sie drängen, das Kriegsbeil auszugraben - Intrigen und Verrat... und Winnetou, der Häuptling der Apachen. Auch hier hatte Pierre Brice sehr wenig Screen-Time - wahrscheinlich war der Kassenmagnet einfach zu teuer, deshalb liegt der Focus wieder auf den "Weißen". Doch der Cast ist ganz witzig - neben dem souveränen Granger haben wir hier es noch mit Leticia Roman und Mario Girotti zu tun. Die Roman gibt als Judith die starke wilde Teenagerin, die gut schießen und prügeln kann und ihren Liebsten, den Anwaltsgehilfen Toby; immer aus der Klemme befreien muss. Und "Uns Terence Hill" macht seine Sache wieder sehr gut - lange vor seinem Weltruhm gibt er hier den trotteligen Bücherwurm, der nix kann und immer aufs Maul bekommen (doch er darf auch mal austeilen). Milan Srdoch als "Old Wabble" (oder Wobbel, wie er hier heißt) ist ein hervorragender Erstatz für Ralf Wolter - und lockert das ganze noch was auf.
Rundum bekommen wir mit "Old Surehand" alle Zutaten eines Karl May Filmes, die wir lieben. Natürlich auch ohne Überraschungen ... die Drehorte sind allerdings wieder die gleichen. Egal ob der Stausee oder die Höhle... wird haben die in anderen Filmen schon mal gesehen. Aber egalt - die 93 Minuten sich flott, knackig und besser als das gesamte Autorenkino der 70er zusammen.