Kurzfassung: Hat mir gefallen. Die Edition war kein Fehlkauf. Habe mir direkt im Anschluss den Film noch mal mit dem Audiokommentar der ultrasympathischen Macher angeschaut.
Mehr morgen (bzw heute im Laufe des Tages).

Summer of 84Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, aber nach der Zweitsichtung muss ich auf "Hat mir
sehr gefallen" aufwerten.
Davey und seine Freunde leben in einer Kleinstadt in Oregon. Es sind Ferien, und die Welt gehört ihnen. Sie sind noch nicht zu alt dafür, spät abends draussen Räuber und Gendarm zu spielen, aber alt genug, um in der Hütte hinter dem Haus eines von ihnen über die weibliche Anatomie zu philosophieren, weil die Pubertät auf der Überholspur fährt. Doch das Ganze wird etwas dadurch getrübt, dass immer wieder Jungen in der Umgebung verschwinden. Davey vermutet dahinter einen Serienkiller, und schon bald fällt sein Verdacht auf einen Polizisten in der Nachbarschaft...
Das Regiegespann François Simard, Anouk Whissell und Yoann-Karl Whissell lieferte beriets mit
Turbo Kid eine dicke Hommage an die 80er Jahre ab. Das taten sie auch bei
Summer of 84. Nur mit dem Unterschied, dass hier alles nicht over the top ist wie bei ihrem Erstling. Im Gegenteil. Der Film ist sehr bodenständig. Und ernster, als ich erwartet hatte. Er ist kein 80er-Fanboy-Fest. Es wird einem nicht ständig "Hey, 80er!" mit dem Holzhammer unter die Nase gedroschen, die Zimmer sind nicht mit Carpenter-Postern tapeziert, es laufen nicht alle mit He-Man-Shirts rum (es gibt viele subtile Details, die einem wohl erst bei wiederholter Sichtung auffallen). Es ist halt einfach 1984, in einer Zeit, in der es weder Handys noch Internet gab, in der man sich mit Freunden noch draussen getroffen hat, ein "Clubhaus" hatte, gemeinsam über Tittenmagazine staunte. Ein Coming-of-Age-Thriller,
kein Horror, nichts Übernatürliches. Ein paar ganz normale Jungs (bei der Zweitsichtung gefielen sie mir noch besser), die nicht überspitzt "gespielbergt" wurden. Jungs, die auf der Schwelle zum Erwachsenwerden stehen und lernen, dass es Dunkelheit in der Welt gibt.
Zwar wurde der Film für ziemlich wenig Kohle gedreht (was aber nicht auffällt wegen des Settings, und es wurde nahezu ausschließlich on location gedreht) und digital (man besorgte sich allerdings anamorphische Linsen für den Look), aber das fällt nicht weiter ins Gewicht. Positiv fällt auch die entschleinigte Machart auf. Keine Wackelkamera, kein Schnittstakkato, keine unnötigen Spielereien. Einfach angenehm, so etwas heute noch präsentiert zu bekommen. Was dem Ganzen aber noch die Krone aufsetzt, ist der Hammer-Score von Le Matos. Das Synthwave im Retro-Stil geht gut rein, und der Kauf der VHS-Edition hat sich allein schon wegen des beiliegenden Soundtracks auf CD gelohnt. Ein paar Titel darauf sind richtige Killertracks und laufen bei mir aktuell im Auto. Gerade der Track der Schlussszene/des Abspanns ist Gänsehaut.
Die Macher, die man bei einer Einleitung vor dem Film sehen (und im informativen Audiokommentar - mit reizendem frankokanadischen Akzent - hören) kann, sind megasympathisch. Das sind Fans, die Bock darauf haben, und sie bedanken sich mehrmals aufs herzlichste beim Zuschauer für den Support. Das gibt gleich nochmal 0,5 Punkte obendrauf. Das ist noch Indiekino mit Herz und Ambitionen, abseits der Studiomaschinerie. Der Film wird definitiv wieder im Player landen. Er hat mehr 80er-Charme als z.B. ein
Ready Player One, den man mit dem Schuhlöffel bis zur Übersättigung mit "Retro" vollgepackt hat, ohne den Geist dessen spüren zu lassen.