Eins ist klar, nämlich das Ruggero Deodato hier einen der härtesten Filme westlicher Herkunft, aber auch einen Meilenstein geschaffen hat.
Die Geschichte an sich ist simpel. Das erfolgreiche Filmteam um Alan Yates wollte eine Dokumentation über Kannibalen und den Jungel drehen. Doch sie kamen nie zurück. Nun verfolgt ein Forscher ihre Spur. Er stösst auf primitive Stämme und auch auf Kannibalen. Doch all diese sind eingschüchtert und sehr misstrauisch gegenüber ihm und seinen beiden Führern. Trotzdem sind sie nicht gerade feindseelig.
Wieder zurück sieht man sich das sichergestellte Filmmateerial an. Und was man sieht ist unbeschreiblich und schockierend.
Okay, die Handlung ist an sich noch nichts atemberaubendes. Trotzdem ist der Film bis auf eine Tatsache ein Meisterwerk. Und diese Tatsache ist der Tiersnuff. Auch so ein grossartiger Film rechtfertigt nie und nimmer das abschlachten von Tieren. Gehen wir also davon aus, dass die toten Tiere der echten Crew wohl auch als Nahrung diente und nebenbei wohl auch für die Handlung nahezu unausweichlich. Keine wirkliche Rechtfertigung, aber auch nicht ganz so abscheulich wie bei Lenzis Filmen.
Soviel zur Kritik. Nun gleich mal ein dicker Pluspunkt für den Film. Der Soundtrack von Riz Ortolani ist wieder mal schlichtweg genial. Ich bin der Meinung er übertrifft hier bei weitem nochmal seine schon super Leistung für "Afrika Addio". Vor allem der Einsatz des Soundtracks ist unglaublich. Viele schöne Naturbilder werden mit harmonischer Musik unterlegt, andererseits kommt diese auch bei einigen härteren Szenen zum Einsatz. Meistens wechslt der Score dann aber in eine sehr düstere und "schaurige" und "depressive" Musikuntermalung um. Nicht nur, dass dies die Szenen unterstüzt, nein es verstärkt sie nochmals.
Klar, das dadurch die Atmosphäre gefördert wird. Diese ist nämlich ebenfalls sehr dicht und unglaublich. Der Jungel wurde perfekt eingefangen und vor allem die zweite Hälfte (die Szenen mit Yates) haben eine ungeheure Intensität und das nicht nur durch die grausigen Szenen.
Denn schon lange vor "Blair Witch Project" kam jemand auf die Idee, alles aus der Sicht einer filmenden Person zu zeigen. Das Filmteam um Yates rennt mit zwei kameras rum und man sieht wirklich nur aus Sicht dieser beiden Kameras. Das unterstüzt nicht nur die Atmosphäre, das macht einem zum Mitwisser bzw. Mittäter der grausigen Aktionen des Filmteams. Und die verwackelten Bilder und die bewussten Filmrisse erzeugen eine unglaubliche Authenzität. Allein schon hierdurch wir der Film schockierend und verstörend. Das war wirklich mal was innovatives und ist auch noch wesentlich effektiver als bei dem meiner Meinung nach öden und einen kaltlassenden "Blair Witch Project".
Auch der Kontrast der ganzen Szenerie ist unglaublich. Eben sah man noch die schöne Natur, kurz darauf steht das Dorf der Yakumos in Flammen und nach dieser abscheulichen tat schläft Yates erstmal in einem der abgebrannten Häsuer mit seiner Freundin. Allgemein sind die Sprünge zwischen Harmonie und totalem "Chaos" hier sehr rabiat, was sehr gute Wirkung zeigt und das gezeigte nochmals härter macht.
Aber nicht nur das ist das besondere an diesem Film. Dieser Film, was sehr untypisch für Kannibalen Filme (da meistens sehr beschränkt und nur vorwandhaft verwendet) und "Splatterfilme" aus Italien aus dieser Zeit ist, übt nämlich Kritik aus. Nicht in der Form wie viele Kannibalenfilme sich rechtfertigen, indem sie zeigen "Kannibalen nett, Weisser Mann baut Mist, Kannibalen sauer", sondern er übt in erster Linie Kritik an der Sensationslust der Medien. Yates Team ist schon oft so vorgegangen, dass sie dem Publikum Sensationen und schockierende, aber nicht immer ganz authentische, Bilder zeigen. Sie zeigen den leuten was sie sehen wollen, anstatt sich mit der objektiven Wahrheit zu beschäftigen. Und dieses ist auch heute noch sehr aktuell, denn überall, ob in Medien, Politik oder Gesellschaft, wird einem etwas vorgegaukelt, da die Realität nicht verkraftet werden würde oder dem Menschen selbst vorwürfe macht. In dieser Beziehung war der Film seiner Zeit um einiges vorraus.
All das eben geschriebene sollte zeigen, dass man es hier mit einem schockierenden und bissigen Film zu tun haben, welches u.a. das eigene Medium kritisiert und durchaus auf subtile und intelligente Weise. Doch der Film wird leider Gottes in Deutschland und in den Augen vieler selbstgefälliger Spiessbürger nur auf die Gewalt reduziert. Wieso verstehen viele Menschen nicht den Sinn des Films? Ganz einfach : Der Film ist ein Schlag ins Gesicht für die "zivilisierte Welt", da er zeigt, wie der letzte Satz Monroes auch zeigt, dass ein zivilisierter Mensch eine grössere Bestie ist/sein kann, als jeder primitive. Unterschwellig vertseht dies jeder, doch der Durchschnitts Mainstream Zuschauer und Bürger kann dies nicht verarbeiten und will es dahe rnicht realisieren. Und diesen Filma uf die Gewalt zu reduzieren ist wie aus einem Elefanten eine Mücke zu machen. Klar es gibt einiges an Gewalt, aber nie selbstzweckhaft oder verherrlichend, sondenr immer nur um die Aussage des Films zu verstärken. Sicher gibt es Gedärmefressszenen und auch einige andere derbe Sachen, u.a. auch den Tiersnuff, und auch Vergewaltigung und uns grausam erscheinende Rituale. Doch den Film, der dies nur für seine Aussage nutzt, darauf zu beschränken ist sehr böswillig. Auch die Beschlagnahmung zeigt nur, wie wenig sich deutsche Behörden mit Filmen auseinandersetzen und wie simpel sie Filme auf Gewalt reduzieren. Eine JK Freigabe müsste aufgrund des tieferen Sinns eigentlich drin sein. Naja in diesem Bezug ist deutschland ein Entwicklungsland.
Am Ende bleibt nur noch zu sagen, dass die Effekte gut umgesetzt sind und sogar die Schauspieler ausserordentlich gut für einen italienischen B-Film sind.
Wer diesen Film auf seine Gewalt reduziert handelt IMO böswillig und hat echt nen Dachschaden. Leider suggeriert der deutsche Verleihtitel das wieder und genau so sehen viele diesen Film.
Fazit : Verkanntes Meisterwerk, das bis auf den Tiersnuff, in jedem Punkt genial ist. Einer der besten Filme aller Zeiten und auch sehr kritisch. Leider oft nur auf die Gewalt reduziert.
10 von 10