Michelle McNamara - I'll Be Gone in the Dark [True Crime]

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Offline Bloodsurfer

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    Michelle McNamara - I'll Be Gone in the Dark: One Woman's Obsessive Search for the Golden State Killer

    Ein true crime Tipp aus einem Podcast. Ich bin sehr gespannt. Die Autorin ist die 2016 verstorbene Frau von Patton Oswald, die durch den Fall und ihre eigene unermüdliche Recherche mehr oder weniger in den Tod getrieben wurde. Er hat dann nach ihrem Tod für die Veröffentlichung gesorgt. Die Recherchen seiner Frau haben tatsächlich zur Verhaftung des Täters gesorgt.

    Zu dem Fall gibt's mittlerweile auch eine HBO Doku. Hierzulande aber noch nicht erhältlich.

    Ich werde mehr dazu schreiben, wenn ich das Ding gelesen habe.

    Gestern Abend habe ich das Buch beendet.

    Hier findet man die Hintergründe zum "Golden State Killer", um den es geht:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_James_DeAngelo_Jr.
    Der deutsche Artikel ist recht kompakt, das Original deutlich umfangreicher:
    https://en.wikipedia.org/wiki/Joseph_James_DeAngelo

    Der Kerl hat über 50 Vergewaltigungen und über 10 Morde innerhalb von etwas mehr als einem Jahrzehnt auf dem Gewissen. Hierbei hat er seine Opfer fast immer nachts im Schlaf überrascht, dort, wo man sich am Sichersten fühlt. Er war Polizist - zumindest noch in seinen ersten 3-4 "aktiven" Jahren, bevor er aufgrund eines Ladendiebstahls, bei dem er erwischt wurde, seinen Job verlor. Verheiratet mit mehreren Kindern.

    Er war über ganz Kalifornien verteilt in den 70ern und 80ern aktiv, geographisch so weit über verschiedene Orte und Zuständigkeiten verschiedenster Ermittlungsbehörden verteilt, dass es lange Zeit nicht klar war, dass es sich hierbei um denselben Verbrecher handelt. Daher gab es viele unterschiedliche Namen für ihn, vom "Visalia Ransacker" über den "East Area Rapist" bis hin zum "Original Night Stalker".

    Zu Beginn suchte er sich, nachdem er die Örtlichkeiten immer eine Weile beobachtet hatte, den "optimalen" Zeitpunkt heraus, um weibliche Opfer alleine zu erwischen. Teils war der Mann gerade zur Nachtschicht aufgebrochen und es waren noch Kinder im selben Haus, manche haben das Ganze glücklicherweise einfach verschlafen, andere wurden z.B. ins Bad eingesperrt. Anfangs überlebten die Opfer das i.d.R. noch.

    Nach einer Weile brauchte er wohl mehr Herausforderung und suchte sich gezielt Paare. Am Ende seiner Laufbahn gab es auch keine überlebenden Opfer mehr. Seine Vorgehensweise war überaus sadistisch.

    Meist wurde die Frau erst gezwungen, den Mann zu fesseln. Dann wurde sie selbst gefesselt und in einem anderen Raum vergewaltigt. Beispielsweise wurde dem Mann ein Stapel Geschirr auf den Rücken gepackt mit dem Kommentar "wenn ich einen Teller fallen höre, stirbt sie".

    Teilweise hat der Täter sich dann eine Weile völlig ruhig verhalten, um den Eindruck zu erwecken, er hätte den Tatort schon verlassen, und hat einfach abgewartet. Wenn sich die Opfer nach Stunden dann sicherer fühlten und sich zu befreien versuchten, trat er plötzlich wieder in Aktion. Hiermit hat er den Effekt erreicht, dass er am Ende in völliger Ruhe den Tatort ohne jede Eile verlassen konnte, weil die Opfer in ihrer Angst, er könnte noch da sein, erst viele Stunden später die Polizei riefen.

    Oft schlug er mehrmals in derselben Nachbarschaft zu, teils sogar in direkt gegenüber liegenden Häusern. Er wurde mehrfach überrascht, konnte aber nie auf der Flucht gefasst werden, obwohl er einmal sogar vor einem im Nachbarhaus wohnenden FBI-Agenten verfolgt wurde.

    Die Autorin des Buchs, Michelle McNamara, war mit Patton Oswalt verheiratet, hatte mit ihm zusammen eine Tochter und schrieb u.a. einen bekannten True Crime Blog. Sie verstarb 2016 aufgrund einer Wechselwirkung von Medikamenten mit einer bis dahin unerkannten Herzkrankheit. Das Buch wurde erst 2018 veröffentlicht, nach ihrem Tod - es wurde von ihren Mitarbeitern und Helfern fertig gestellt, die auch Vorwort, Nachruf und diverse weitere Ergänzungen beisteuerten.

    Leider hat sie die Verhaftung des Killers also nicht mehr miterlebt, der sie so viele Jahre beschäftigt hatte. Er wurde 2018 schließlich gefunden und verhaftet - durch DNA, die er damals bei seinen Taten hinterlassen hatte. Damals steckte die Technik natürlich noch in den Kinderschuhen, sie konnte zuerst quasi nur zum Ausschluss unschuldiger Verdächtigter verwendet werden, aber Jahrzehnte später konnte er dann durch Vergleiche seines Profils mit sehr entfernten Verwandten in einer Datenbank entdeckt werden.

    Sie hat für die Arbeit an ihrem Buch über viele Jahre hinweg auch mit den unterschiedlichen Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet, beispielsweise Akteneinsicht erhalten, stand mit vielen Ermittlern in Kontakt, die ihr auch Tatorte zeigten, usw.

    Ihr Schreibstil ist wahnsinnig packend und fesselnd und macht aus dem eh schon spannenden Fall und ihren Erfahrungen damit eine richtig mitreißende Geschichte. Ich lag abends beim Lesen teils mit Gänsehaut im Bett und habe danach nochmal einen Rundgang durchs Haus gemacht. :D

    Ganz dicke Empfehlung für alle, die sich auch nur ansatzweise für True Crime interessieren.

    Die HBO-Dokuserie dazu ist letztes Jahr erschienen, ebenfalls unter demselben Titel "I'll Be Gone in the Dark". Die werde ich mir bei Gelegenheit noch ansehen.
    « Letzte Änderung: 14. Dezember 2021, 07:27:10 von Bloodsurfer »