The Forest of Love [Sion Sono, Netflix]

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    Die wörtliche Übersetzung des japanischen Titels "Ainaki Mori de Sakebe" lautet "Scream in the Forest without Love".

    Der Film basiert zum Teil auf dem wahren Hintergrund des japanischen Serienmörders Futoshi Matsunaga, der hauptsächlich in den Neunzigern seine Opfer so sehr gehirngewaschen und um seine Finger gewickelt hat, dass sie teilweise ihre eigenen Familienmitglieder betrogen, gefoltert, getötet und anschließend zerstückelt haben. Es wurde nie eine der Leichen gefunden, der gesamte Fall konnte nur anhand unterschiedlicher Aussagen rekonstruiert und vor Gericht behandelt werden.

    https://en.wikipedia.org/wiki/Futoshi_Matsunaga

    Die Story des Films geht über bloße Morde natürlich weit hinaus. Es geht im Grunde um eine Guerilla-Filmcrew, die irgendwann auf einen Betrüger aufmerksam wird und seine Taten dokumentieren will. Hierbei verfallen sie ihm jedoch alle und begehen letzten Endes gemeinsame Verbrechen. Die Grenzen, wer wofür eigentlich verantwortlich ist, verschwimmen mit der Zeit immer mehr. Dabei wird die Handlung auch noch möglichst komplex über mehrere zeitliche Ebenen erzählt, es beginnt mit einer Theateraufführung von Romeo & Julia auf einer Mädchenschule in den 80ern. Nicht alle Beteiligten überleben diese Zeit und die Überlebenden tragen später viele körperliche und emotionale Narben mit sich, die dann die spätere Handlung um die Betrügereien, Folter und Morde in Gang setzen.

    Manche Reviewer bezeichnen den Film als Sion Sonos beste Arbeit oder zumindest eine Art "best of" seiner bisherigen Werke. Es ist auch kaum zu übersehen, welche Einflüsse seiner bisherigen Arbeiten hier wieder zu finden sind. Wer seine bisherigen Werke schon nicht mochte, wird diesen Film kaum genießen können, da vieles nochmal deutlich gesteigert und noch wahnsinniger wird. Ein paar Beispiele für Wiederholungen seiner Muster:

    - Die Filmcrew an sich erinnert natürlich an die Fuck-Bombers in Why Don't You Play in Hell?
    - verrückte lesbische Schulmädchen sind ja schon fast sein Standard (Tag & Antiporno)
    - detaillierte Anleitung für den Serienmörder von heute, wie man Leichen verschwinden lässt (Cold Fish & Guilty of Romance)
    - glitzerndes männliches Singer-Songwriter-Idol mit vielen Fans (Love & Peace)
    - Pachelbels Canon war schon in Antiporno präsent, hier wird das mit immer wieder vorkommenden Variationen immer weiter getrieben
    - Jungfrauen und Frauen namens Mitsuko (zu viele Beispiele in seiner Filmographie, um die alle zu nennen :D )
    - episodenartige Struktur der Handlung (Noriko's Dinner Table, Love Exposure & Guilty of Romance)

    Ah, Stichwort "episodenartig". Der Film selbst läuft schon 151 Minuten. Es gibt auf Netflix aber parallel dazu noch einen Extended Cut in Form einer Miniserie mit dem Untertitel "Deep Cut". Die läuft dann sieben Folgen lang und verlängert die ganze Geschichte auf sage und schreibe 278 Minuten. Im Grunde kann man wegen des Aufbaus davon ausgehen, dass das längere Serienformat wahrscheinlich eher die von Sono bevorzugte Fassung ist. Ich habe zunächst nur den Film geschaut, hätte wohl besser gleich die Serie nehmen sollen, denn jetzt direkt im Anschluss an den Film wäre mir der Stoff zu anstrengend, um das gleich noch ein zweites Mal konsumieren zu können. Nachdem, was man im Netz so liest, lohnen sich durchaus beide Fassungen.

    Ich bin am Ende etwas hin und her gerissen. Einerseits ganz klar nur für Sion Sono Fans und generell Fans des eher abgefahrenen japanischen Films zu empfehlen. Die kommen wiederum gut auf ihre Kosten. Für mich funktionieren Sonos Filme aber besser, wenn sie nicht so einen Rundumschlag in alle Richtungen darstellen, sondern etwas konzentrierter daherkommen. Daher klar nicht sein Bester.

    Ich gebe vorerst mal eine gute :7: die nach Genuß der längeren Fassung irgendwann in der Zukunft vielleicht noch nach oben wachsen, aber auch nach unten gleiten könnten. Mal sehen.

    Trailer, der Vollständigkeit wegen:

    « Letzte Änderung: 26. April 2022, 13:08:06 von Bloodsurfer »


    Offline JasonXtreme

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      Das klingt interessant! Aufgrund der Länge würd der wohl bei mir auch auf zwei oder dreimal laufen, behalt ich aber mal im Äugchen!
      Einmal dachte ich ich hätte unrecht... aber ich hatte mich geirrt.


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        Das geht hier ganz gut, egal ob Film oder Serie. Ich hatte den auch auf zwei Abende verteilt. Wobei man so oder so etwas Geduld mitbringen muss, richtig in Fahrt kommt erst die zweite Hälfte.