Irreversible

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Moooment. Ich wehre mich gegen die Aussage 'wird der Film, objektiv gesehen, sehr gut'. Das ist eine absolut subjektive Meinung. Wie gesagt, ich lehne den Film nicht wegen seiner Gewaltdarstellung ab. Mich hat die Szene scheinbar als einen der wenigen nicht schockiert. Weil es so offensichtlich war, dass die Szene schockieren soll, hat sie bei mir ihre gewünschte Wirkung nicht erzielt. Körperliche Gewalt löst in mir nicht die Emotionen aus, die seelische Gewalt hervorruft. Ich habe Szenen gesehen, bei denen ich hätte heulen können, weil ich mich gefragt habe, wie ein Mensch so etwas aushalten kann. Dazu ist es für mich erforderlich, dass ich mich in ein Opfer hineinversetze. Und ich glaube nicht, dass es daran lag, dass ich keine Frau bin, dass ich bei Irreversible auf Distanz geblieben bin. Ich muss noch dazu sagen, dass ich eigentlich gehofft hatte, dass mir der Film gefällt. Ich bin also nicht mit einer ablehnenden Haltung an den Film gegangen. Nach den ganzen Diskussionen hatte ich gedacht, dass die Ablehner des Films ihn einfach nicht verstanden haben oder sich von den Szenen haben abschrecken lassen.
Nun musste ich feststellen, dass ich den Film zwar mies finde, aber nicht aus dem Grund, den viele anführen, nämlich dass er zuweit gegangen ist. Bei mir haben die Schockszenen nicht gewirkt, und somit auch der ganze Film nicht, da er ja darauf aufbaut, zu schocken. Durch das Fehlen der Schockmomente bleibt dann aber leider nicht viel übrig, was der Film zu bieten hätte.
Objektiv kann man diesen Film nicht beurteilen, subjektiv finde ich ihn schlecht. Was der Film aber scheinbar erreicht hat: Er wird kontrovers diskutiert. Aber das haben auch schon andere Filme geschafft.

Osolemio


Ich finde es schon ok, wenn unterschiedliche Wege gegangen werden, um so ein Thema anzugehen. Interessant ist halt, ob so etwas nur selbstzeckhaft ist. Bettet sich das gezeigt in einen Film ein, wird es auch so wahrgenommen? Ich denke Baise Moi haben sich viele nur wegen der Porno-Szenen angesehen. Ich fand den Film auch so schlecht gemacht, dass ich irgendwann angefangen habe zu spulen. Dabei habe ich mir den Film eigentlich ausgeliehen, weil ich ihn mir ansehen wollte. Da der Film aber so schlecht ist, habe ich mir schließlich nur die Sexszenen angesehen, um festzustellen, dass ich mir das Spulen hätte sparen können. Die Eject-Taste wäre vernünftiger gewesen.
Wie viele Leute haben sich wohl irreversible nur wegen der Schock-Szenen angesehen? Hätte es denen gereicht, sich einfach nur diese Szenen anzusehen? Haben die tatsächlich eine Aussage des Films mitbekommen oder wollten sie nur schockiert werden? Dann hätte der Film bei diesen Menschen gänzlich versagt.
Ich möchte damit nicht unterstellen, dass alle den Film nur wegen dieser Szenen angesehen haben. Ich gehe davon aus, dass die, die dem Film 10/10 geben, den Film als Ganzes wahrgenommen haben. Irgendwie habe ich aber das unangenehme Gefühl, dass bei vielen leider nur diese Szenen in Erinnerung geblieben sind.

Osolemio


Also ich sehe den Vergleich mit den Pornos schlecht und provokant. Es hat doch nicht mit Augen verschließen zu tun, wenn ich mich für gewisse Dinge nicht interessiere, die mich nun wirklich nichts angehen. Wenn es Menschen gibt, die auf so etwas stehen, ist das ihre Sache. Hier könnte man höchstens anführen, dass man bzgl. solcher Sachen evtl. tolerant ist. Mehr nicht.
Gewalt, Elend etc. sind aber Dinge, die jeden angehen. Vergewaltigungen sind ein Problem in unserer Gesellschaft, da kann jeder plötzlich davon betroffen sein. Da sehe ich es schon als eine gewisse Pflicht an, sich damit auseinanderzusetzen. Ob man aber zehn Minuten bei einer Vergewaltigung zusehen muss, um zu begreifen, wie grausam so etwas ist und ob das jetzt in Irreversible selbstzeckhaft oder genial ist, kann man wohl nicht objektiv entscheiden. Für mich ist die Szene selbszweckhaft und bewirkt bei mir leider überhaupt nicht, die Brutalität zu begreifen. Aber das scheint bei anderen scheinbar ganz anders zu wirken. Deswegen hat der Film schon seine Berechtigung ist kann nicht objektiv als schlecht angesehen werden. Aber er ist eben auch nicht objektiv gut.
Ich finde, man kann das eher mit der Passion Christi vergleichen. Ich kenne Leute, die eben durch die plakative Gewalt erst begriffen haben, wie sehr sich Jesus aufgeopfert hat. Auf andere wirkt das abstoßend. Bei denen verfehlt der Film dann natürlich seine Wirkung (ich gehe mal davon aus, dass er nicht einfach brutal und abstoßend sein soll). Provokation kommt eben sehr unterschiedlich an. Für die einen ist es offen und ehrlich, für die anderen übertrieben und ekelhaft.
Ich war z.B. von Kitanos Dolls wesentlich mehr aufgewühlt als nach dem Konsum von irgendeinem Film mit explizieter Gewalt. Andere schlafen bei dem Film ein. Für mich ist er ein Meisterwerk, für andere pure Langeweile.

Es ist gut, wenn Filme kontroverse Meinungen nach sich ziehen, das fördert (wie man hier sieht) die Diskussion zu einem Thema. Man sollte aber immer so tolerant bleiben, die Meinung anderer zu akzeptieren. Wenn jemand die DVD nach dieser Szene wegschmeißt, ist das ok. Wenn jemand sagt, die Szene ist in dem Kontext des Films genial, weil einem so die grausamkeit einer Vergewaltigung vor Augen führt, ist das auch in Ordnung. Sich aber vorzuwerfen, dass die Ansicht des anderen falsch ist, ist nicht ok. Und hier meine ich beide Seiten!

Hugh, ich habe gesprochen,
Osolemio (der bitte nichts mehr von Ansch***pornos hören will)