Strange CircusFassung:Nachdem ich den Film auf dem FFF verpasst habe wegen Prüfungszeit kam mir die HK DVD von Universe (die japanische DVD hatte ohnehin keine UT) gerade recht. Zumal sie mit einem sehr schönen ansprechenden Cover und einem passenden Schuber daherkommt. Die Qualität ist allerdings eher unterdurchschnittlich, die Schwarzwerte sind sehr schlecht, mehr Schärfe hätte dem Film auch gutgetan. Dass keine Extras drauf sind kann ich dagegen noch eher verschmerzen.
Story:Vergewaltigung, Inzucht: schwerer Kindesmissbrauch. Die Kindheit von Mitsuko war sicherlich keine fröhliche. Als sie 12 war begann der Terror: sie musste ihren Eltern, eingesperrt in einen Cellokasten, beim Sex zusehen. Als sie während des Aktes mit der Mutter ausgetauscht wird verwelkt ihr junges Leben aber um die selbe Lust wie ihre Mutter verspüren zu können, flüchtet sich das kleine Mädchen in den Körper ihrer Mutter.
Cut.
Die erfolgreiche Autorin Taeko schreibt kommerziell erfolgreiche Bücher über den Missbrauch eines kleinen Mädchens namens Mitsuko und hat selbst schwer an ihrem Schicksal zu nagen - sie sitzt im Rollstuhl. Doch ist alles wahr was sie vorgibt? Ist sie überhaupt gehbehindert? Sind die Geschichten nicht doch autobiographisch? Wer steckt hinter der Fassade? Als ein junger Fan in ihre Nähe vordringt und ihr als Co-Autor behilflich ist beginnt die Fassade zu bröckeln. Doch warum ist der junge Mann so skeptisch und woher kommt diese eigenartige Neugier?
Die Geschichte zerfasert in Traum-Halluzinationswelten und alle scheinen den Boden unter den Füßen zu verlieren in einer Welt voller Missbrauch und Behinderung...
Review:Puh, was soll man dazu sagen? Ich weiß es noch nicht so recht. Was ich erwartet habe war ein Kunstfilm, der das Thema Kindesmissbrauch thematisiert, doch das war der Film nicht. Dafür hat er ausser in der ersten halben Stunde - die Kindheit - das Thema erstaunlich wenig thematisiert. es war vielmehr ein Film mit Missbrauch als ein Film über Missbrauch. Ein Film in dem der Missbrauch also doch Aufhänger für einen Plot darstellt und nicht eigentlicher Inhalt selbst ist. Als Exploiter kann man "Strange Circus" jedoch auch nicht abstempeln, dazu war besonders der erste Teil deutlich zu anspruchsvoll und sehr wohl Kindesmissbrauch thematisierend. Der Film spricht dafür in wundervollen Bildern und Metaphern, die aber nie zu losgelöst vom Inhalt waren aber auf der anderen Seite auch nie platt daherkamen. Die Farbe rot wurde hierfür besonders im ersten Teil des Filmes, der auch auf technischer Ebene sehr kunstvoll daherkommt, dominierend und Teil dieser Bildersprache. Platter Exploitation also auf keinen Fall. Nur ein normaler Film? Dafür zu unkonventionell und zu verworren im Mittelteil, in welchem der Film sehr deutlich an Audition erinnerte, ohne aber dessen ruhigen Anfang zu teilen, welcher bei Audition von Vielen als zu ruhig bewertet wurde. Der Mittelteil ist sogar noch verworrener und es schien für einen Augenblick einzutreten, was man nach 30min berfürchtet, als der Teil schon komplett erzählt war von dem die Handlung bekannt war und erwartet wurde, dass er sich über den ganzen Film ziehen würde: es wurde zu "arty". Zu verworren. Fast unmöglich zu folgen. Man beginnt abzuschalten. Man wünscht sich einen Twist. Eine Erklärung.
Und zack im letzten Drittel bekommt man das. Und dafür dann aber auch einen sich wieder um 180° drehenden Film. Nun ist er völlig konventionell. Sehr platt. Alles wird von vorn aufgerollt und unter neuen Gesichtspunkten dem Zuschauer vor die Füsse gelegt. Sauber interpretiert und garantiert ohne Spielraum. Danke. Das war dann wieder zu viel ;-)
Gegen Ende jedoch wird man dann aber wieder versöhnlich gestimmt mit dem Plot, da er es doch noch erstaunlicherweise packt die beiden völlig von der Linie abgedrifteten Drittel in einem schönen Mittelweg zwischen Kunst, Plot und Aussage zu bringen. Es wird sozusagen angemessen verworren. Man bekommt wieder etwas Spielraum zum Denken, zum Interpretieren und zum selber Abwägen, was das Ganze eigentlich sollen hat.
OK, so viel zum Plot, der einen durch sämtiche Höhen und Tiefen in Sachen Anspruch zwingt - von ruhiger Kunst über völlig ausgeartet (scheinbar) zusammenhangslosem Traumwirrwarr bis hin zu schnurgeradem komventionellem Plot. Eigenartig. Strange eben ;-)
Die Technik und die Bilder wurden ja schon kurz angesprochen und die sind teils großartig, teils äusserst konventionell. Eben wie der Plot verläuft die Bildersprache durch große Extreme. Mal Kunst hoch Zehn mit anspruchsvollen Bildern und Bildinhalten, mal eher unterdurchschnittliches inhaltsleeres und langweiliges Normalkino. Im Gesamteindruck aber dennoch super.
Inhaltlich ist der Film natürlich ein "Kracher" sondersgleichen. Vati sperrt Tochter in einen Cellokasten und zwingt sie, ihn und seine Frau beim Sex zu beobachten und tauscht sie mal bei Gelegenheit beide aus und das alles gespielt von einem kleinen süßen 12 jährigen Mädel. Uff. Harter Tobak, zumal man eine Sexszene zwischen Vater und Tochter doch sehr explizit zu sehen bekommt, wobei ein Kunstgriff sehr elegant getätigt wurde: durch das Flüchten der Tochter in den Körper der Mutter beim Sex wird zum einen der Inhaltsaspekt sehr schön psychologisch analysiert und zum anderen wird es nun möglich voll mit der Kamera draufzuhalten, da nun ein Körperdouble genommen werden kann. Nichtsdestotrotz bekommt man bei den Übergängen einige Szenen zu Gesicht, die sehr heavy anmuten. Zur Wirkung: der Film schafft es leider nicht ganz das Abstossende, das Widerwärtige und Bösartige dieser Tat zu übermitteln. Die Metaphern sind zwar optisch und inhaltlich wunderbar gelungen, aber schaffen es nicht mir zu vermitteln, der eher wiederholte Schläge in die optische Fresse a la Irreversible braucht, was sie sollten. Zumal der Film auch später nicht unbedingt den (allerdings meiner Meinung nach ist das sehr interessant geraten) Blickwinkel des offensichtlichen Opfers einnimmt. Aber hier darf nicht zu viel verraten werden.
Ansonsten ist auch harter Tobak was man gegen Ende u.a. in den Traumszenen zu sehen bekommt. Wie auf einen ans Bett mit Ketten gefesselten (noch lebenden) Torso mit Füssen eingetreten wird ist wirklich abartig. So gar nicht strange - eher sick eben!
Was soll man dazu also noch sagen: der Film ist kein purer Kuntsfilm, er ist kein platter Rape and Revenge Exploiter und er ist ganz sicher kein konventionelles Kino in der Gesamtansicht. Wohl von allem ein bisschen macht das strange-sicke Gesamtbild aus. Leider gelingt es dem Film nicht ganz den Inhalt angemessen zu thematisieren, daher "nur" 7,5/10, wobei diese Bewertung irgendwie so gar nicht passen will, da der Film eben mal gut, mal weniger gut ist muss ich mich halt auf diese Mittelwertung festlegen. Besser wäre es ein Spektrum von 5,5-9/10 anzugeben.