Filmreview : Die Passion Christi

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Mel Gibsons "Die Passion Christi" ist ein Film über den im Vorfeld sehr heftig diskutiert wurde. Es hiess er sei zu gewaltätig, er sei antisemitisch, er verfehle durch seine Holzhammermethode die eigentliche chrisltiche Aussage, genauso wie es von anderen Seiten hiess er sei Christenpropaganda oder er sei eine realistische Schilderung des Leiden Jesu. An diesen Diskussionen wird sich wohl auch nix ändern.

Die Geschichte braucht ja nicht erläutert zu werden, sie dürfte eigentlich jedem geläufig sein. In diesem Film konzentriert sich Mel Gibson, selbst überzeugter Katholik, allerdings auf die letzten 12 Stunden des Leben Jesu.

Bevor ich nun direkt anfange sei noch erwähnt, dass ich kein Christ bin und von der Religion an sich nicht viel halte.

Wie eingangs erwähnt gab es viele Vorwürfe gegenüber dem Film. Einer dieser Vorwürfe war die Gewalt, die in dem Film dargestellt wird. Und hier muss man schon zugeben, dass der Film teilweise recht derbe ist. Anfangen tut dies mit der Bestrafung von Jesus. Er wird recht lange mit Stöcken geschlagen und dann gegeisselt. Dies zieht sich schon etwas und Gibson erspart einem die Details nicht. Danach geht es weiter. Jesus wird im Gefängniss gedemütigt und gehänselt, bekommt aus Hohn die Dornenkrone und muss dann, unter Peitschenhieben das Kreuz tragen. Letztendlich wird er gekreuzigt. Ist alles schon sehr brutal. Aber der Vorwurf ist eigentlich unangebracht. Das liegt in erster Linie an der realistischen Schilderung des Leidens Jesu. Ein, zwei Hiebe mit dem Stock und dann ein paar Szenen wie er das Kreuz trägt hätten als Representanten in einem Film über Jesus Leben sicherlich genügt. Aber der Titel "Passion Christi" sagt eigentlich schon worum es geht, da Leidenschaft ursprünglich wirklich mit "Leiden" zu tun hatte. Es ist ja auch nicht so, dass Jesus der einzige war, der gekreuzigt oder gegeisselt wurde, das waren zu der Zeit durchaus gängige Methoden und viele Menschen mussten darunter Leiden. Und durch die genaue Schilderung der ausgeübten Gewalt gibt Gibson ein wohl sehr authentisches Bild ab, wie damals nicht nur Jesus, sondern auch allgemein gelitten haben.

Abgesehen davon ist die Gewalt nicht plakativ eingesetzt, was ja auch viele behauptet haben. Gibson spielt sehr gekonnt mit der Vermischung von Suggestion und Gezeigtem. Als Jesus geschlagen und gegeisselt wird bekommt er so grob um die 60 - 70 Schläge. Sicherlich zeigt Gibson teilweise wie die Stöcke Jesus Körper treffen oder die "Peitschen" (oder was da sgenau sein soll) sein Fleisch zerreissen. Einen grossen Teil der Schläge hört man nur oder sieht sie nur angedeutet. Durch die geschickte Kombination ist es allerdings so, dass man das Ganze als blutiger empfindet, als Gibson es eigentlich zeigt. Auch bei der Kreuzigung wird nicht, wie die Bild zum Beispiel behauptet hat, voll draufgehalten, wie in Zeitlupe die Nägel in die Hände eindringen. Zwar stimmt es, dass dies Zeitlupe geschieht, allerdings ist von den gut 5-6 Einstellungen der Schläge nur eine die kurz auf das Ganze direkt draufhält. Es wird, wie bei der Geisselung, mehr suggeriert als im Detail draufgehalten. Es wirkt halt nur so, als ob man es die Ganze Zeit sieht.

Soviel zum ersten "Vorurteil". Ein weiterer noch schlimmerer Vorwurf ist der des Antisemitismus. Dies ist ein heikles Thema, da man unterscheiden muss, was Gibson dazugedichtet hat und was allgemein als Fakt anzusehen ist bzw. was teilweise an Schilderungen diesbezüglich in der Bibel steht. Antisemitisch wirkte der Film auf mich jedenfalls nicht. Das Gerücht rührt daher, dass der Judenrat und auch das jüdische Volk, welches dabei ist, Pontius Pilatus mehr oder weniger dazu bringen Jesus zu verurteilen, kurzum : oberflächlich gesehen den Juden die Schuld gegeben wird. Dies ist allerdings absolut übertrieben. Meines Wissens nach war es wirklich so, dass Pontius Pilatus Jesus, wie im Film gezeigt, nur bestrafen, aber nicht kreuzigen wollte. Der Rat der Juden hat allerdings dadrauf gedrängt. Angesichts des drohenden Aufstands und den politischen Konsequenzen gab Pilatus dem Drängen nach. Dies ist nichts, was Gibson sich ausgedacht hat. Die Leute die sich dadrüber also aufregen, die sind entweder übersensibel oder historisch nicht korrekt informiert. Alles was an antisemitischen Tendenzen vorhanden ist, ist also auf historischen Fakten oder Schilderungen der Bibel begründet. Dem Regiesseur deswegen Vorwürfe zu machen ist als ob man, auch wenn der Vergleich hinkt, Symptome und nicht Erreger einer Krankheit bekämpft. Was auch übersehen wird sind die Gegenstimmen unter den Juden. Zwei Hohenpriester aus dem Rat sind gegen die Verurteilung von Jesus und finden auch die Umstände unakzeptabel. Doch das wird ignoriert. Zudem ist es ziemlich schwachsinnig von den damaligen Juden auf die heutigen zu schliessen. Selbst wenn man dem Film unterstellen will antisemitisch zu sein, dann garantiert nicht gegenüber den heutigen Juden. Solche Vorwürfe sind wirklich weit hergeholt.

Nun zu einem weiteren Punkt des Films : der Intention bzw. der Aussage. Ich habe im Vorfeld sowohl gehört, dass der Film Christenpropaganda sei, als auch, dass er mit der christlichen Lehre nix zu tun habe. Beidem kann man so nicht zustimmen. Sicherlich hat der Film eine durchaus christliche Aussage, da Gibson religiös ist und in einem Film eigentlich immer ein Stückchen vom Autor, als auch vom Regiesseur steckt. Allerdings nimmt dies nicht überhand. Anfangs "heilt" Jesus einen jüdischen Soldaten, später wird kurz die Vorhersage gegenüber Petrus und am Ende ein Erdbeben (inwieweit das aus der Bibel stammt oder historisch ist weiss ich nicht) und die Auferstehung erwähnt. Das war es auch schon mit Punkten, die einen "Übersinnlichen", irrationalen Touch haben und auf nicht Gläubige unglaubwürdig wirken. Alles ansonsten erwähnte oder angedeutete ist recht nachvollziehbar. In Rückblenden wird so unter anderem das Abendmal gezeigt oder auch die Bergpredigt, allerdings wird hier Jesus als Prediger und Mensch dargestellt. Ebenso gibt es einige wenige Szenen, in denen Jesus bei "normalen" Handlungen gezeigt wird (z.B. als wie er einen Tisch baut, was für einen Schreiner/Zimmermann nix ungewöhnliches ist). Der Vorwurf die christliche Lehre werde vernachlässigt und nicht erwähnt ist auch falsch. Klar wird alles nicht im Detail erklärt, aber viele für das Grunderständnis des christlichen Glaubens wichtige Punkte werden durch Jesus erwähnt. Dies nimmt, wie schon erwähnt, allerdings nie überhand und ist in die Handlung eingebaut, so dass es nicht unbedingt lehrerhaft rüberkommt. Das einzige was leicht in Richtung "Christenpropaganda" bzw. die Lehrerhaftigkeit abrutscht sind zwei Szenen in denen die Darsteller (einmal Jesus und einmal Maria) direkt den Zuschauer anzuschauen scheinen. Sicherlich ist das selbst für manch einen Christen etwas zu direkt, aber an sich stört es, selbst mich als Nicht-Christen, nur etwas. Also dürften Nichtgläubige oder Gegner des Christentums von dem Film nur an wenigen Stellen "genervt" sein, während Gläubige wohl Jesus etwas mehr zu schätzen wissen dürften.

So, das war es zu den Vorwürfen und Vorurteilen. Aus rein filmischer Sicht ist der Film nämlich super gemacht. Das fängt bei der Technik an. Die Kamera und der Schnitt sind sehr gelungen eingesetzt und unterstützen das Leiden noch zusätzlich. Die Zeitlupen, die oft verwand werden, suggerieren zusätzliche Dramatik bezüglich des Leidens. Ähnliches gilt für den recht ordentlich komponierten Score, der das Geschehen zwar dramatisch, aber nicht zu übertrieben theatralisch unterlegt. Hinzu kommen die ausserordentlich gelungenen Kostüme und Ausstattung. Zusammen mit der Verwendung der Originalsprachen Hebräisch, Aramäisch und Latein, welche nur durch Untertitel übersetzt wurden, kreiert das einen sehr hohen Grad an Authenzität. Nach wenigen Sekunden hat man sich dran gewöhnt an die für Filme sehr ungewöhnlichen Sprachen, was an der insgesammt sehr fesselnden Inszenierung liegt. Ich empfand den Film auch als ausserordentlich kurzweilig. Wenn man bedenkt, dass er gut 2 Stunden geht, verging die Zeit doch wie im Flug. Die Effektarbeit ist auch sehr gelungen. Zwar tragen die Effekte nur zur Unterstützung der Handlung bei, trotzdem nehmen sie eine grosse Rolle ein und da stimmt es positiv, dass die Effekte (abgesehen von dem Test ob Jesus tot ist, der etwas übertrieben wirkt) exzellent umgesetzt wurden.

Letzten Endes sind die Darsteller auch sehr wichtig. James Cavieziel hat als Jesus zwar nicht viel zu sagen, sondern, unter viel Make Up, sehr leidend dreinzuschauen. In dieser Rolle weiss er auch zu überzeugen, denn, trotz der effektarbeit an seinem Aussehen, muss er jederzeit erschöpft, ausgelaugt und nahe dem Tode wirken. Über eine grosse Zeitspanne sicherlich nicht allzu leicht. Nur in den Rückblenden muss er gütig wirken, was er auch ordentlich erledigt. Die anderen Darsteller werden fats zu Nebenrollen degradiert, aber ob es Monica Bellucci oder Maia Morgenstern ist (welche beide noch vergleichsweise grosse Rollen haben), selbst in diesen Rollen ist der Film überzeugend besetzt. Das Einzige, was etwas komisch erscheint, ist die Figur, die ,schätze ich mal, Satan darstellen soll. Sie wirkt etwas deplatziert, auch wenn das Lachen (?) am Ende bei Jesus Tod, schön fies rüberkommt;)

Fazit : Handwerklich, inszenatorisch und schauspielerisch nahezu makelloser Film. Das einzige was unter Umständen etwas störend ist, sind ein, zwei Stellen, in denen etwas lehrerhaft vorgegangen wird und einige Dinge, die wirklich nur aus christlicher Sicht überzeugend sind. Abgesehen von diesen paar Stellen ein teils recht derber, insgesammt aber sehr intensiver und atmosphärischer Film, der sich auf das Leiden Jesu als Mensch in seinen letzten 12 Stunden beruft und dies sehr authentisch schildert.
I mean, that's what life is : a series of down endings.

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Zitat von: "AndreMASTER"
Sehr gutes Review!
Addiert dem noch meine Einstellung gegenüber dem christlichen Glauben hinzu und so kommen meine 10 von 10 Punkten zustande ;).


So ziemliches sieht es auch bei mir aus. Schwanke zwischen 9 und 10 Punkten, denn filmisch ist der Filmexzellent. Nur, wie erwähnt, ist er mir an ein, zwei Stellen doch etwas zu subjektiv ;)
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Zitat von: "Masterboy"


genau so ist es doch im Film... !?


Und genau so habe ich es doch in meinem Review erwähnt :? Und sie haben Barnabas begnadigt, einen Mörder. Kommt auch so im Film vor und soweit ich weiss stimmt das auch.
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Zitat von: "AndreMASTER"


Nur wurde ein Mörder und nicht ein Zimmermann begnadigt, Jesus war ja der Zimmermann...


Doppelt hält besser :D  ;)
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