Brothers Grimm

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Jeder von uns kennt seit er klein ist die Märchen der legendären Gebrüder Grimm (bzw. die von ihnen gesammelt wurden). Allgemein dürften wir alle eine ganze Reihe von Märchen und Volkssagen mehr oder minder gut kennen. Rotkäppchen und der böse Wolf, Aschenputtel, Rapunszel, Schneewittchen und was es da so alles gibt.

Nun hat sich Ex-Monty Python Terry Gilliam dem Thema angenommen. Der bekannte Regiesseur, der unter anderem für die Python Werke "Ritter der Kokusnuss" oder "Der Sinn des Lebens", sowie für Folgen des "Flying Circus", aber auch für anerkannte Filmhighlights wie "Brazil", "Fear and Loathing in Las Vegas" oder "12 Monkeys" verantwortlich ist, erzählt hier allerdings kein Märchen direkt nach, ebensowenig, wie er den realen Hintergründen der Gebrüder Grimm auf den Spuren ist.

Von Frankreich besetztes Deutschland, Anfang des 19. Jahrhunderts. Jake/Jakob (Heath Ledger, bekannt aus "10 Things I hate about you"", "The Patriot" oder "A Knights Tale") und Will/Wilhelm Grimm (Matt Damon, "Good Will Hunting", "Dogma", "Saving Private Ryan") beschäftigen sich mit dem Übernatürlichen. Sie erkunden alte Volkssagen und Märchen und lassen zwei Freunde danach die Ammenmärchen inszenieren, nur um dann als Geisterjäger aufzukreuzen. So haben sie sich einen Namen und auch Geld gemacht. Doch die Franzosen um den General Delatombe (Jonathan Pryce, "Ronin", "Tomorrow never dies", "Brazil") durchschauen das Theater. Nun werden die Gebrüder unter Aufsicht von Cavaldi (Peter Stormare, "Armageddon", "Fargo", "Windtalkers") nach Marbaden geschickt um vermeindliche Nachahmer, die 10 Mädchen entführt haben, dingfest zu machen. Doch schon bald merken sie, dass hier keine Betrüger am Werke sind.

"Brothers Grimm" gerecht zu bewerten ist nicht so leicht, wie man denken mag. Denn in erster Linie sieht wohl jeder das verschenkte Potential. Gilliam, der gerade mit Filmen wie "Brazil" und "Fear and Loathing in las Vegas" bizarre Trips in die Fantasy bzw. fantastische, teils alptraumhafte (gerade in "Fear and Loathing in Las Vegas") Verzerrungen der Realität geschaffen hat, geht hier nicht annähernd so drastisch vor. Der Film hätte sowohl ein alptraumhafter, verstörender Horrortrip werden können, als auch ein subtiler, mit vielen Metaphern und bedeutungsschwangeren Bildkompositionen versehener Grusel, bei dem sich dann viele wieder um Kopf und Kragen interpretieren würden. Aber dem ist nicht so. Nun mag man rätseln, ob Gilliams Genialität ebenso wie er in die Jahre gekommen ist, oder ob er das vielleicht gar nicht wollte, was man aus dem Stoff hätte machen können. Denn ist man über diesen "ersten Schock" bzw. eine gewisse Ernüchterung hinweg, offenbart sich einem doch so einiges. Denn auch wenn der Film weder wirklich tiefsinnig, noch ein Horrortrip ist, so ist der doch ein Märchen. Und kein gewöhnliches. Gilliam zelebriert hier ein düster-morbides Märchen, teilweise mit eigenen Ideen, teilweise mit Versatzstücken und Zitaten, sowohl was das Prinzip der Geschichte, als auch die Szenen angeht. Lebende Wälder/Bäume, verwunschene Gegenstände, verzauberte Königinnen, skurrile Charaktere, alles mögliche ist vorhanden. Sicherlich ist der Film von seinem Charakter, wie auch seiner Inszenierung, um einiges mainstreamiger als andere Werke des Ex-Python, er übertreibt es nicht mit der Überdrehtheit, die Charaktere sind teilweise skurril, aber trotzdem gut begreifbar, die visuelle Umsetzung ist grandios was Farben und Bilder angeht, aber gewissermaßen noch bodenständig, nie allzu surreal oder abstrakt.

Und auch wenn es Gilliam nirgendwo auf die Spitze getrieben hat und "Brothers Grimm" kein Film der Superlative ist, so überbietet er in vielen Belangen jedoch den durchschnittlichen Film um Welten. Wie erwähnt, die visuelle Umsetzung ist kein Horror/Psychotrip in bizarre Welten, aber sie ist märchenhaft, wirkt teilweise leicht surreal, gerade die Farbgebung und die Bildkomposition. Um es auf den punkt zu bringen, der grösste Teil des Filmes ist ein visueller Hochgenuss.

Auch der Unterhaltungswert weiss zu überzeugen. Es sind sehr viele Gags eingebaut, von denen zwar nur einige zünden, allerdings trägt die dunkle Märchenatmosphäre dazu bei, dass man den temporeichen Film trotzdem geniesst. Hier gibt es, zumindets in der Wirkung, Parallellen zu Polanskis "Tanz der Vampire". Nicht das Sitzen unzähliger Gags, sondern die liebevolle, teilweise verträumte Inszenierung bzw. Wirkung des Filmes macht hier den Charme aus. Dazu kommen einige technishc ansprechend, wenn auch nicht perfekt, umgesetzte Schockeffekte, die denen der ganzen Gruselfilme der letzten Zeit, sei es "Amytivlle Horror" (Remake),"Hide and Seek", "The Ring" und wie sie alle heissen, überlegen sind. Gerade die Szene mit dem "Lebkuchenmann" ist hier ein richtiges Highlight, ebenso die mit dem Pferd und dem Mädchen. Hätte Gilliam den ganzen Film so inszeniert, wo wir wieder beim Potential wären, dann hätten wir hier besagten Alptraumtrip. Ebenfalls erwähnenswert ist der Werwolf. Hier gibt es eindeutig einen Daumen nach oben, denn er ist, im Gegensatz zu denen an sich guten Filmen, wie z.B. "Underworld", IMO hervorragend umgesetzt.

Die Schauspieler tun ihr übriges. Heath Ledger und Matt Damon geben ein gutes Gebrüder Grimm Paar ab, Ledger als Verträumter Jakob, Damon als leicht teilweise unsympathischer Wilhelm. Zwar verlangen die Rollen den beiden nicht alles ab, aber gerade Ledger gibt einen höchst sympathischen, wenn auch träumerischen, Charakter zum besten. Etwas interessanter, da uriger, ist da Stormare als Cavaldi. Total durchgeknallt mimt der Schwede den italienischen Folterknecht, der anfangs wie das Böse schlechthin rüberkommt, aber während des Filmes langsam aber sicher auch in die Welt von Jakob (wie Wilhelm/Matt Damon es sagen würde) abtaucht. Sein ganzes Gebärden entbehrt dabei nie einer gewissen Komik. Wirklich böse hingegen ist dann Jonathan Pryce als französischer General, ganz und gar ungläubig gegenüber den Märchen und Legenden. Gegen Ende ist er sowas wie der Fels in der Brandung, der aus der ganzen Fantasy und dem märchenhaften herausragt, sich gegen dieses wehrt. Eine weitere sehr wichtige Rolle spielt Lena Headey als Angelika. Auch sie erfüllt ihren Part sehr gut, wesentlich mehr kann man dazu kaum sagen. In einer Nebenrolle ist dann noch Monica Bellucci zu sehen, die die Königin verführerisch, schön und zugleich arrogant und intrigant verkörpert. Alles andere Nebenrollen sind auch anständig besetzt und die ein oder andere, darf dann auch etwas verrückt sein.

Fazit : Anfangs enttäuschend wirkender Film, der das Potential zum tiefsinnigen Sinnbild, wie auch absolutem Horrortrip gehabt hätte. Aber sieht man daovn ab, dann erkennt man, dass Gilliam hier sein eigenes düster-morbides Märchen zelebriert, das visuell und schauspielerishc vollkommen überzeugt und auch mit einige guten Ideen und Charakteren aufwarten kann. Verstehe die ganzen schlechten Kritiken daher im Endeffekt nicht, zumal der Film, wohl aufgrund seiner mainstreamigen tendenz, besser unterhält, als Filme wie (der IMO doch etwas überbewertete )"Brazil" und der ansonsten sehr geile "Fear and Loathing in las Vegas".

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I mean, that's what life is : a series of down endings.

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