Auf medialog-ev.de gibt es ein interessantes Statement :
Mittwoch, 14. Februar 2007
Nachdem der Medialog e.V. im Zuge seiner aktuellen Unterschriftenaktion gegen das Verbot von sogenannten Killerspielen einige Abgeordnete des Bundestages kontaktiert hat, erhielten wir von Frau Miriam Gruß, kinder- und jugendpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion folgendes Statement:
Verbot von Killerspielen -
Eine zu einfache Lösung für ein ernstes Problem
Beinahe jeden Tag lesen wir derzeit in der Zeitung von Jugendlichen, die gewalttätig werden. Einem erneuten Übergriff von Jugendlichen auf Eltern, Kinder, die ihre Lehrer verprügeln oder jungen Menschen, die sich per Handy dabei filmen, wie sie einen anderen Menschen zusammenschlagen oder Frauen vergewaltigen .
Der Amoklauf eines Schülers in Erfurt im Jahre 2002 und nun in Emsdetten in 2006 sind bislang traurige Höhepunkte solch dramatischer Ereignisse. Es sind diese schlimmen Taten von Jugendlichen und an Jugendlichen, die uns auch über so genannte "Killerspiele" diskutieren lassen. Die große Koalition plant nun ein Verbot solcher Computer- oder Online-Spiele und die Verschärfung des betreffenden § 131 StGB.
Das Argument der Regierung: Der Jugendschutz müsse mit der technischen Entwicklung bei der Spielentwicklung Schritt halten und Grenzen aufzeigen. Suggeriert wird aber, dass durch ein Verbot, solche dramatischen Geschehnisse wie in Erfurt und Emsdetten verhindert werden können.
Doch ein Verbot von Computerspielen wird solche Taten verwirrter Menschen nicht verhindern können.
Probleme bei der Begründung
Ich spreche mich gegen ein Verbot dieser Computerspiele aus, weil ich glaube, dass junge Menschen sich nicht durch Verbote von Spielen dieser Art abhalten lassen. Zudem sind die Spiele bereits heute mit Altersfreigaben gekennzeichnet.
Durch Verbote werden diese Spiele erst recht interessant. Die Jugendlichen versuchen dann über illegale Möglichkeiten an die Spiele heranzukommen. Und das ist nicht Sinn der Sache. Die Große Koalition hat bei dem Verbot-Vorhaben ein Problem: Sie benennt nicht genau, welche Spiele verboten werden sollen.
Sind es nur Ego-Shooter-Spiele - also umgangssprachlich so genannte Ballerspiele? Oder auch Strategie- und Science-Fiction-Spiele? Geht es nur um die reine Darstellung von Gewalt oder auch um den vielleicht menschenverachtenden Inhalt eines Spiels?
Ist es beispielsweise politisch korrekter, wenn aus einem Raumschiff die Schüsse abgegeben werden, anstatt von einer Waffe, die ein Mensch trägt? Die Formulierung im Koalitionsvertrag macht auch nicht deutlich, ob hiermit die in der Vergangenheit in die Kritik geratenen 'Gotcha'-Spiele - also Outdoor-Spiele - gemeint sind oder eben nur Computer- und Videospiele.
Niemand weiß außerdem, wie das Verbot überwacht werden könnte. Ich halte das geplante Spieleverbot für einen vagen populistischen Schnellschuss. Das Verbot ist keine Problemlösung, sondern eine Problem-Negierung.
Der Jugendschutz
Deutschland hat bereits einen sehr umfassenden Jugendschutz. Diesen gilt es konsequent anzuwenden. Doch die Gesetze helfen nur, wenn sie auch verfolgt werden. Dazu bedarf es eher mehr Personal bei der Polizei als neuer Verbote.
Bislang hat sich in meinen Augen das Jugendschutzgesetz in der Praxis bewährt. Insbesondere das bestehende Alterskennzeichnungssystem für Computer- und Videospiele, das durch die Freiwillige Selbstkontrolle der Unterhaltungssoftware ausgestellt wird.
Ich habe mich unlängst mit Vertretern der Spiele-Industrie getroffen und gerade die Anbieter von Unterhaltungssoftware sind sich ihrer Verantwortung für den Jugendschutz bewusst. In der Praxis wollen sie mit den verschiedensten Maßnahmen beweisen, dass sie dieser Verantwortung auch gerecht werden.
So besitzen die Spielkonsolen der neusten Generation technische Vorrichtungen, die eine altersentsprechende Nutzung der Spielkonsolen ermöglicht. Spiele, die nicht der Altersfreigabe entsprechen, werden auf den Spielkonsolen der neusten Generation nicht mehr spielbar sein.
Entsprechende Einstellungen sehen auch die kommenden Betriebssysteme für Computer vor, die damit auch für PC-Spiele einen praktikablen Jugendschutz ermöglichen. Diese Maßnahmen dokumentieren aus meiner Sicht auch die etablierte Zusammenarbeit zwischen den Obersten Landesjugendbehörden, USK und Industrie im Bereich des Jugendschutzes.)
Elternhaus und soziales Umfeld
Verbote können nicht auffangen, was in den Familien und im sozialen Umfeld der Kinder versäumt wird.
Inzwischen liegen mehr als 6000 Studien zur Wirkung von Gewalt in den Medien vor. Allerdings können diese keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Medieninhalt und realem Handeln von Jugendlichen beweisen. Neben den Medien spielen vielmehr andere Einflüsse wie familiäres Umfeld, soziokulturelles Milieu oder die soziale Lebenslage von Jugendlichen eine mindestens ebenso entscheidende Rolle.
Für die Zunahme der Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen gibt es immer mehrere Gründe. Emotionale Vernachlässigung, ein geringes Selbstwertgefühl, die Suche nach Aufmerksamkeit.
Die Gefahr in ein Gewaltmilieu abzudriften, ist besonders groß, wenn folgende Faktoren aufeinander treffen:
* Der Jugendliche lebt in einem Umfeld sozialer Benachteiligung seiner Familie, (wie Arbeitslosigkeit, Krankheit, Ausländerfeindlichkeit ...).
* Gewalterfahrungen, Prügel, Demütigungen in der Familie. (Kinder werden selbst geschlagen oder sind Zeugen von Gewalt und Misshandlungen unter den Erwachsenen.)
* Schulversagen, niedrige Schulleistungen. Der Jugendliche sieht keine beruflichen Zukunftschancen.
Diese Ursachen gilt es gemeinsam in gesellschaftlicher Verantwortung zu bekämpfen.
Wir brauchen zudem eine Schulung im Umgang mit modernen Medien - sowohl für die Kinder als auch für die Eltern.
Die Gefahr besteht nämlich eher in der Gettoisierung und Mystifizierung durch solche Spiele. Es geht also nicht um die Spiele selbst, sondern um den Umgang damit. Eltern müssen sich mit den Hobbys ihrer Kinder beschäftigen.
Ein Verbot kann keine Lösung sein. Im Gegenteil. Wir müssen unsere Kinder zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den Medien und modernen Kommunikationsmitteln erziehen. Dazu gehört auch das große Themenfeld Handys.
Ein "Verbot von Killerspielen" wie es im Koalitionsvertrag steht, halte ich daher für mehr als unnötig und falsch.
Und eines ist auch klar: Wer solche Spiele spielt, ist nicht automatisch ein Gewalttäter.
Ein Statement von Frau Miriam Gruß
- kinder- und jugendpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion
Wir danken Frau Gruß, dass Sie uns Ihr Statement zur Verfügung gestellt hat.