Der Aufstieg und Fall des kubanischen Flüchtlings Tony Montana ist mittlerweile schon fast sowas wie ein Kulturgut! Soviel ist klar, und der Streifen genießt zweifelsfrei einen über alles erhabenen Ruf. Die Geschichte ist mit dem ersten Satz eigentlich auch schon erzählt, und genau da setzt auch mein kleines Manko ein. Möge man mich steinigen und teeren, federn oder sonstwas - inhaltlich hat der Film nicht viel mehr zu bieten. Das bringt mich zu einer bestehenden Wertung von
die sich seit der Erstsichtung meinerseits bestätigen lässt.
Wieso dann dennoch so eine hohe Punktzahl? Nunja, neben dem Inhalt zählen nun einmal noch andere Referenzen, und da hat SCARFACE doch noch etwas vorzuweisen. Einerseits ist der Film von Brain de Palma sehr gut inszeniert worden, wenngleich er für mich nicht das Meisterwerk seines Schaffens darstellt. Andererseits wäre da Al Pacino, der wiederum die Glanzleistung seines Schaupsiels überhaupt zeigt! Dicht gefolgt wird seine Rollenauswahl für mich noch von SERPICO und später AN JEDEM VERDAMMTEN SONNTAG, wobei er da zwar perfekt passt, aber schon in der Schiene gelandet ist, die er nunmal immer zur Schau trägt. Wie mittlerweile (seit längerer Zeit) auch schon Kollege Robert de Niro, spielt Pacino dieselben Rollen, mit denselben Anleihen seiner Mimik, Gestik und allem was dazugehört. Das langweilt nunmal nach einer gewissen Zeit, und so ist er halt ein energischer Zwerg im schwarzen Anzug geworden, den man zwar noch gerne sieht, aber von dem man einfach nur noch erwartet Blockbuster abzuliefern. Sorry, ist nunmal meine Meinung, überspitzt formuliert. Allerdings sind wir hier bei SCARFACE, und mir würde keiner einfallen, der den proletenhaften, leicht psychopathischen und später depressiven und an Verfolgungswahn leidenden Tony Montana besser spielen hätte können, wie es Pacino getan hat! Er ist fast schon ekelhaft in seiner Art, was wiederum aber perfekt umgesetzt wurde! Meinen absoluten Respekt dafür.
Hier fällt mir auch wieder einmal auf, wie gut deutsche filme synchronisiert sind! Die Wahl der Stimmen ist für jeden der Darsteller wirklich passend, und gerade Pacinos Sprecher leistet hier eine sagenhafte Arbeit! Muss auch mal gesagt werden, neben der Tatsache, dass Pacino hier für mich extrem wie Stallones älterer Bruder aussieht
- aber egal. Kommen wir zum Soundtrack, der von Giorgio Moroder gemacht wurde. Moroder bewies zigfach, dass er für derartige Jobs der Mann ist, und in einem Film der Anfang der 80er Jahre in Miami spielt, liegt er it seinen Synthi-Pop Klängen natürlich goldrichtig! Einzig der anfangs laufende Titeltrack passt für mich nicht so wirklich komplett, aber im Gesamtwerk fällt der für mich nicht mehr ins Gewicht.
Bleibt die anfangs bemerkte Inhaltslosigkeit, auf die ich doch noch etwas eingehen möchte. Natürlich macht Montana (und auch Manny ect.) im Laufe der knapp 3 Stunden Laufzeit eine bemerkenswerte Wandlung durch, die superb dargestellt wird. Aber der Film ist nunmal zu 97 % dialoglastig, und mir fehlen insgesamt etwas die Aktionen, die Tony zu dem auftseigen lassen, was er schlussendlich ist! Die "skandalöse" Hotelszene mit der Kettensäge sei hierfür mal als Paradebeispiel genannt, nicht wegen der Gewalt! Vielmehr deshalb, weil es die erste wirkliche Aktion ist, die Tony eine Sprosse der Leiter in Richtung Frank erklimmen lässt. Daraufhin folgt rein garnichts mehr, bis Tony mit Omar nach Bolivien fliegt, um sich zurück in Miami von Frank geschäftlich zu trennen. Holterdipolter ist Tony mit Sauza im Geschäft, wobei er die Kohle dafür nie und nimmer hätte aufbringen können ohne Frank - und so geht es mitunter fröhlich weiter. Man kriegt die Stufen von Franks Aufstieg lediglich am Rande mit, und in dem kurzen Einspieler der Hochzeit, des Hauskaufes... meiner Ansicht nach hätte man etwas der Spielzeit in derartige Szenen investieren sollen und müssen. Da der Film aber nie langweilig oder langatmig wird, komme ich unterm Strich dennoch auf eine super Wertung, kann allerdings höhere Wertungen nicht so ganz nachvollziehen. Nur weil ein Film "kult" ist, muss man dennoch etwas differenzieren können.
Nun noch etwas zur Blu-ray. Ich hatte gehofft, dass die Qualität der blauen Scheibe besser ist, als die der alten Erstauflage der DVD. Dass sie so gut ist, habe ich nicht erwartet! Satte Farben, guter Kontrast und ein sauberes Bild! Lediglich ein paar Szenen sind etwas unschärfer (erster Besuch im Babylon Club z. B.) aber nur marginal. So muss das aussehen, dann macht das Schauen Spaß! Vor allem wirkt nichts zu grell oder überzeichnet, und gerade die Szene als Tony zum ersten Mal vorm Haus seiner Mutter vorfährt, sieht einfach nur geil aus!
Amen