Der Fahrer sitzt im Auto, der Motor läuft. Das Radio mit einer Live Sportübertragung ebenfalls. Im Gebäude nebenan geht gerade der Alarm los, der Fahrer stellt den Polizeifunk an und hört in der Ferne Polizeisirenen. Ein Einbrecher rennt aus dem Gebäude und steigt ein. Stille. Polizeisirenen kommen näher, der Fahrer und der Einbrecher starren zum gerade ausgeraubten Gebäude, vom zweiten Einbrecher keine Spur. Die Polizeisirene kommt immer näher, plötzlich rennt der zweite Einbrecher entgegen und steigt ein. Der Fahrer tut, was er am besten kann und gibt Gas. Ein Polizeiwagen wird abgehängt, der zweite ebenso. Der Fahrer schaltet einige Gänge zurück, doch der Suchscheinwerfer vom Polizeihelikopter kreist bereits über der Brücke vor ihnen…
Das ist das Intro von Drive. Das Ganze wird unterlegt von einem treibenden, spannungsgeladenen Score. Ausser den Stimmen aus dem Radio und dem Funk wird kein Wort gewechselt. Dies sind zwei Merkmale, die sich über den ganzen Film durch gleich bleiben. Der geniale Score im Hintergrund und wenige Worte. Zwei Merkmale, auch schon in Valhalla Rising so von Refn angewendet.
Auch hier lernt man vom Hauptprotagonisten nur das Nötigste kennen. Sobald er seine Nachbarin Irene kennenlernt und an ihrem Schicksal teilnimmt. Schon bald merkt man als Zuseher, dass der eingeschlagene Weg, kein Ausweg zulässt. Der Fahrer gerät immer tiefer in den Strudel, den alles in seinem Umfeld nach unten zu ziehen scheint. Dabei wollte er nur seiner Nachbarin und dessen Sohn helfen.
Refn schafft es perfekt, nicht ganz so überzeugende Storyteile doch so einzuflechten, dass sie zwar weit hergeholt sind, aber doch noch ins Puzzle passen. Dazwischen streut er immer wieder ruhige, melancholische und sogar schöne Momente ein. Jedoch aber auch überraschende, traurige und vor allem brutale Moment ein! Die von Gunther erwähnte Fahrstuhl-Szene wird sich JEDEM ins Gedächtnis brennen, schliesslich hat sich Refn hierzu auch bei Gaspar Noé persönlich erkundigt, wie er die Szene am besten umsetzen kann.
Vielleicht merkt man es schon, wenn man die Zeilen liest. Es ist eine Tour-de-Force erster Güte
Während dem Schauen kam mir z.B. Falling Down als Beispiel in den Sinn. Zwar von der Story her nicht vergleichbar, aber vom Ablauf her umso mehr. Es spitzt sich alles zu bis zum Gehtnichtmehr! Die Spannung wird immer dichter, das Kinopublikum immer gespannter. Keiner hat sich mehr bewegt oder auch nur gewagt, nach Popcorn zu greifen. Man sass förmlich auf dem Rücksitz im Chevy Malibu vom Fahrer. Eigentlich wusste jeder, was passieren wird…
Da ich nicht wusste, was der Film genau werden würde, habe ich mir über Ryan Gosling im Vorfeld keine Gedanken gemacht. Aber während dem Film und danach habe ich mir überlegt, ob er die perfekte Besetzung war. Auf der einen Seite müsste ein Stuntdriver irgendwie abgefahrener und körperlich kräfitiger aussehen in meiner Vorstellung. Er wirkt irgendwie zu schmal und eigentlich zu brav, vor allem wenn man bedenkt, was er des nächtens als Nebenjob noch so abzieht!
Nichts desto trotz hat er perfekt auf die Rolle gepasst. und auch in den Szenen, wo er auf die Scheisse haut und schon fast psychopathisch wirkt (Motel oder Stripclub-Umkleide oder Fahrstuhl...), hat er es super gepackt. Hut ab!
Carey Mulligan macht ihre Sache als Nachbarin und Mutter des kleinen Benicio auch super. Sie brauchte eigentlich auch nicht viel dazu zu machen. Könnte mir so auf die schnelle auch keine andere Schauspielerin vortellen für den Film.
Wenn man Malcolm in the Middle oder Breaking Bad kennt, staunt man mal wieder über die Wandelbarkeit von Bryan Cranston! Er spielt den gebrochenen Ex-Stuntfahrer und stets bankrotten Amateur-Gangster, der eigentlich für alles nix dafür kann, aber trotzdem bezahlen muss, hervorragend.
Weiter zu erwähnen ist eigentlich nur noch Oscar Isaac, den ich bislang nur jeweils als Riesen-Arschloch in Sucker Punch oder Robin Hood kannte. In diese Rolle passt seine Fresse auch gut. Hier passt er schlussendlich auch perfekt in die Rolle!
OK, vielleicht zum Schluss dann doch noch Ron Perlman, weil er sichtlich Spass an seiner Rolle hat und einfach rockt!
Wie schon im Neuigkeiten-Thread gesagt, war ich nicht angetan von Refn. Und Drive dürfte sein zugänglichster Film sein und mit Drive hat er es wohl zu Recht so richtig nach Hollywood geschafft. Ich hoffe, trotz meinem Valhalla-Debakel, dass er noch viele weitere so starke Filme machen wird!
P.S. sobald mehrere Leute den Film gesehen haben, was sagt ihr zu der Szene, wo er sich die Maske vom Set holt und Nino umbringt? Warum die Maske? Spielt doch eigentlich gar keine Rolle mehr, ob Nino ihn erkennt oder nicht! Fand ich unnötig, schmälert aber das Fazit nicht! J