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Filme => Asiatische Filme => Thema gestartet von: nemesis am 14. Februar 2010, 16:21:59

Titel: Dead Run (Shissô)
Beitrag von: nemesis am 14. Februar 2010, 16:21:59
(http://upload.beyondhollywood.de/images/1266157252_181104_f.jpg)

Dead Run
(Shissô)
(dt. Übersetzung etwa: "Die Genügsamkeit / Anspruchslosigkeit")

Japan 2005
http://www.ofdb.de/film/91215,Dead-Run

Shuji führt das relativ normale Leben eines kleinen Jungen. Er lebt im Hinterland, zusammen mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder. Shuji unternimmt gern Radtouren in die Küstengegend (welche auf Landaufschüttung entstanden ist), die durch eine Landstraße mit seiner Ortschaft verbunden ist. Als er eines Tages eine Radpanne hat, wird er von Demonken, einem rauen Burschen, den die Leute für einen Kriminellen halten, und dessen Freundin, der Hostess Akane, mitgenommen und nahe seines Hauses abgesetzt. Er solle nur niemandem sagen, dass er ihn aufgegabelt hat. Einige Zeit später wird die vertümmelte Leiche von Demonken gefunden, und Akane verlässt die Stadt.
Ein paar Jahre darauf. Shuji lernt das Mädchen Eri kennen. Sie ist etwas aufsässig und scheint ihn auch nicht leiden zu können, aber sie verbindet etwas: Die Liebe zum Laufen. Jedoch hat jeder seine eigenen Gründe. Eri läuft wie um ihr Leben, als versuche sie, ihrer düsteren Vergangenheit zu entfliehen, getrieben von einer gewissen Todessehnsucht. Shuji hingegen flieht zwar auch auf seine Art, jedoch eher in ein neues Leben, denn er hat es nicht leicht an der Schule, und sein Bruder wird von seinen Eltern favorisiert, da er ein sehr guter Schüler ist.
Durch Eri lernt Shuji einen Priester kennen, der eine Kirche an der Küste eröffnet. Gemeinsam besuchen sie die Kirche regelmäßig und lassen sich von ihm seine Ansichten zum Thema Karma, welches einem anhaftet, und Schicksal, welches man zu ändern vermag, nahe bringen. Anfangs nahm Shuji auch seinen Bruder mit, doch der schnappt irgendwann das Gerücht auf, der Priester wäre ein Mörder. Später erzählt dieser schließlich seine Geschichte. Er hatte ein Verhältnis mit der Frau seines Bruders, woraufhin dieser sie und deren Familie umbrachte. Nur ihn, seinen Bruder, konnte er nicht töten. Und nun tut der Ehebrecher Buße auf seine Weise. Als er Shuji einmal bittet, mit ihm seinen einsitzenden Bruder zu besuchen, sagt dieser zu Shuji: "Du bist wie ich!"
Das verfolgt ihn fortan.
Doch Shujis Leben gerät zusehends aus den Fugen. Sein Bruder wird in der Schule beim Schummeln erwischt und suspendiert, woraufhin er anfängt, in der Nachbarschaft Häuser anzuzünden. Die Familie zerfällt nach und nach. Auch der Priester bekommt Probleme, denn eine Baugesellschaft, die mit den Yakuza gemeinsame Sache macht, will die Kirche weg haben, um dort zu bauen. So verliert Shuji nach und nach sämtliche sicher geglaubten Konstanten im Leben. Als ein Yakuza den Priester aufsucht, trifft Shuji Akane wieder, die nun mit dem Gangster zusammen ist. Sie ist gerührt davon, dass er sich an Demonken erinnert, und gibt ihm ihre Karte.
Als Eri schließlich wegzieht, hält Shuji schließlich nichts mehr in seiner Heimat. Er sucht Akane auf, durch die er einen Spießrutenlauf durch Alkohol, Sex und Tod erlebt. Nun ist Eri die einzige, an die er sich noch wenden kann. Shuji sucht das Leben, Eri den Tod. Brauchen sie einander, um zu leben? Oder um zu sterben? Oder kann der eine nur leben, wenn der andere stirbt?

Dead Run ist, wenn man Sabus frühere Werke wie Dangan Runner, Postman Blues, Monday, Unlucky Monkey oder auch Drive kennt, ein sichtlicher Stilwechsel. Ging es bei ihm bisher zumeist um Bewegung, Ursache und Wirkung, fast schon comichaft anmutende Kettenreaktionen, so ist dieser Film nun massiv entschleunigt. Situationskomik gibt es hier keine, der Ton ist ernst, teils sogar sehr ernst. Sünde, Konsequenzen, Verantwortung, Hoffnung. Kann man seinem Karma entkommen? Im Gedächtnis bleibt u.a. die Szene, in der Shuji und Eri vor einem Garagentor stehen, an das viele einsame Seelen ihre Telefonnummern geschrieben haben. Dinge wie "Bitte töte mich!". Shuji schreibt seine Nummer hinzu, mit dem Vermerk: "Bitte lebe mit mir!" Kleine Momente der Hoffnung, die immer wieder aufkeimen, aber den Film dennoch nie aus seinem recht pessimistischen Grundton herausreißen. Egal wie weit Shuji auch wegrennt, er wird immer mehr von "Sünde" umgeben. Mit dem Fortschreiten des Lebens schwindet die Unschuld. Dead Run ist alles andere als ein Unterhaltungsfilm. Gelegentlich verpasst er einem einen Schlag dahin, wo es weh tut. Nicht jeder Mensch ist dazu bestimmt, glücklich zu werden.

Shuji wird gespielt von Yuya Tegoshi, der schauspielerisch noch weitestgehend Neuland ist, aber Mitglied der J-Pop Gruppe NEWS ist. Eri wird von Hanae Kan verkörpert, die man schon in Nightmare Detective 2, Ashura und Nobody Knows sehen konnte. In Nebenrollen gibt es Etsushi Toyokawa (The Sinking Of japan, 20th Century Boys, Loft) als Priester, als Demonken Susumu Terajima (Monday, Isola, Gohatto), Miki Nakatani (Memories Of Matsuko, Ring, Keizoku) als Akane und Ren Osugi (DOA, Uzumaki, Monday) als miesen Drecksack, mit dem Shuji noch Bekanntschaft macht.

Einen Trailer konnte ich nicht finden. Es gibt zwar auf Tube zwei mit Musik unterlegte Videoclips, aber da rate ich dringend von ab, denn diese spoilern massivst!

Gesichtet wurde die Hongkong DVD:
http://www.ofdb.de/view.php?page=fassung&fid=91215&vid=181104
Passable Qualität (den Grünstich zu Beginn kann man ihr nicht anlasten, das scheint Stilmittel zu sein).

Fazit: Guter, aber nicht gerade aufheiternder Film von Sabu, dem man solche Ernsthaftigkeit in dem Ausmaße nicht zugetraut hätte.
Titel: Re: Dead Run (Shissô)
Beitrag von: Lionel am 14. Februar 2010, 17:31:14
Na endlich, darauf hab ich gewartet. ;) Wird nachher gelesen.
Titel: Re: Dead Run (Shissô)
Beitrag von: Lionel am 14. Februar 2010, 23:25:17
Ok, klingt wirklich ganz anders als die bisher gewohnten Sabus. Vor allem ziemlich ernst, düster, deprimierend. Muss ja nix schlechtes bedeuten, aber von Sabu erwart ich mir einfach automatisch skurrile Unterhaltungsfilme, Komödien, die sich um Bewegung und Ursache und Wirkung drehen, wie du schriebst. Das kann er wirklich gut. Dieser Film hier wär wohl ein Experiment für meine Erwartungshaltung.
Titel: Re: Dead Run (Shissô)
Beitrag von: Lionel am 17. Februar 2010, 14:26:24
Pierrsche-Bärsche, meinsu der wär was für Graf Lionacula? :P
Titel: Re: Dead Run (Shissô)
Beitrag von: nemesis am 17. Februar 2010, 17:54:42
Pierrsche-Bärsche, meinsu der wär was für Graf Lionacula? :P

Da er Momente hatte, die mich etwas an Toshiaki Toyoda denken ließen... Ich sag mal ganz kühn: Ja!
Titel: Re: Dead Run (Shissô)
Beitrag von: Lionel am 17. Februar 2010, 17:57:23
Ok, das ist ein Wort!

Preislich manierlich:

http://dddhouse.com/v3/product_details.php?ProductID=5850

Ich denke, der wandert bei der nächsten ddd-Bestellung mit.
Titel: Re: Dead Run (Shissô)
Beitrag von: nemesis am 17. Februar 2010, 18:03:33
Ja, bei € 2,23 kann man da echt nichts verkehrt machen...  :uglylol:
Titel: Re: Dead Run (Shissô)
Beitrag von: Lionel am 17. Februar 2010, 18:08:22
Ja, bei € 2,23 kann man da echt nichts verkehrt machen...  :uglylol:
Das ist die VCD. ;)
Aber 3,57 Euro sind immer noch billig. (wären bloß die VK net..)
Titel: Re: Dead Run (Shissô)
Beitrag von: nemesis am 17. Februar 2010, 18:12:10
Ja, bei € 2,23 kann man da echt nichts verkehrt machen...  :uglylol:
Das ist die VCD. ;)
Aber 3,57 Euro sind immer noch billig. (wären bloß die VK net..)
Wie sagte Lance Henriksen, als er in Hard Target den rausgedrehten Zünder zu dicht an die Granate hielt: "Whooops!"
 :D

Aber 3,57 ist der Film auf jeden Fall wert!
Titel: Re: Dead Run (Shissô)
Beitrag von: Lionel am 24. Februar 2010, 22:33:45
Ja, bei € 2,23 kann man da echt nichts verkehrt machen...  :uglylol:
Das ist die VCD. ;)
Aber 3,57 Euro sind immer noch billig. (wären bloß die VK net..)
Wie sagte Lance Henriksen, als er in Hard Target den rausgedrehten Zünder zu dicht an die Granate hielt: "Whooops!"
 :D

Aber 3,57 ist der Film auf jeden Fall wert!

So, ich bin deinem Rat gefolgt..wehe er taugt nicht! :twisted:  :D
Titel: Antw:Dead Run (Shissô)
Beitrag von: Lionel am 03. April 2010, 23:09:02
Da scheint der gute Sabu aber Toyoda-Kornflakes gefrühstückt zu haben. Tatsächlich erinnert in diesem Film nichts mehr an seine bisherigen Werke, die alle eine Kettenreaktion und ihre Auswirkung ins Zentrum der Handlung stellten. Auch findet man hier keinerlei Humor mehr. Vielmehr glaubt man einen Toyoda-Film vor sich zu haben, zu hoffnungslos, nihlistisch und verkommen ist diese Welt samt ihrer Charaktere. Der stoische Shuji scheint neben dem Priester noch die Person zu sein, die am meisten Hoffnung ausstrahlt, und das will durchaus was heißen. Die Szene im Hotel tat wirklich weh. Und auch mir blieb die Szene mit den Telefonnummern im Gedächtnis. Trauriger Film, Pessimismus pur. Aber gut ist er.

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