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Gerts Film-Reviews / Teufelskicker - liebenswerte Fußballkomödie aus deutschen Landen
« am: 03. April 2010, 18:07:10 »
http://www.ofdb.de/film/192913,Teufelskicker
http://www.imdb.de/title/tt1390424/
Heute hatte ich mal wieder das Vergnügen mit meinem kleinen Neffen ins Kino zu gehen. Da der Fleischbällchen-Cartoon bei uns leider nicht mehr lief und der aktuelle Drachen-Cartoon dem Kleinen nicht zugesagt hat, entschied der Wonneproppen sich für Teufelskicker. Ein Kinder-/Sportfilm aus deutschen Landen. Derlei Filmen grundsätzlich alles andere als abgeneigt, hatte ich bei diesem Streifen nun aber doch gewisse Bedenken und befürchtete einen platten unwitzigen Versuch bewährte Hollywood-Konventionen in heimischen Gefilden nachzuahmen. Ein klein wenig hatte ich auch recht damit, also mit dem nachahmen...dass das aber so gut funktionieren würde, hätte ich nicht gedacht. Doch eins nach dem anderen.
Fußball, Fußball, Fußball. So heißen die drei Lieblingshobbies des 12-jährigen Moritz, der im heimischen Dorfverein von seinem Vater trainiert wird. Bereits beim Aufstehen liegt der Ball bereit, Zähneputzen, Frühstücken und der Toilettengang sind ohne das geliebte runde Leder für Moritz undenkbar. Doch Moritz hat ein Problem: Trotz seines gewaltigen Talents ist er ein Tagträumer und scheint immer wieder im wichtigsten Moment des Spiels zu versagen. Dies alles rückt jedoch in den Hintergrund als Moritz' Mutter ihren Mann, Coach des Teams, mit seiner Sekretärin in eindeutiger Pose in dessen Büro erwischt. Nun ändert sich für den Jungen alles. Die Mutter packt die Koffer und nimmt Moritz mit zu ihrem Vater. Moritz ist am Boden zerstört, schließlich ist der Fußballplatz sein Leben. Das Vorspielen beim Club des neuen Wohnorts steht ebenfalls unter keinem guten Stern, ist dies doch genau der Verein, gegen den Moritz im letzten Pokalfinale gepatzt hat und dessen Spielführer Mark er bei einem Fallrückzieher am Auge verletzt hat. In bester Karate Tiger-Tradition blitzt der Neuling also nach einer Abreibung bei seinem potenziellen neuen Club ab. Auch die Schule läuft nicht wirklich gut. Bis er auf die Außenseiter Catrina, Mehmet und Enes trifft. Gemeinsam mit der berüchtigten Schulgang (die "Rooftop Gang") um Freak gründen sie nun ein eigenes Team, um am kommenden Pokalturnier teilzunehmen und es dem Lokalclub VfB mal richtig zu zeigen: die Teufelskicker. Nachdem Moritz' Großvater Rudi, einst selber ein begeisterter Fußballer, zunächst widerwillig dann aber begeistert, das Team als Trainer übernimmt, kann es losgehen. Dem verhassten VfB um Mark und seine Freunde sollen die Grenzen aufgezeigt werden, denn auch Trainer Rudi hat mit dem Trainer des Clubs, Rothkirch, noch eine alte Rechnung offen. Und Moritz träumt schon davon im Finale gegen seinen ehemaligen Verein und damit gegen seinen Vater zu stehen. Dieser setzt derweil alle Hebel in Bewegung, um seinen Fehler wiedergutzumachen und sich mit seiner Frau und seinem Sohn zu versöhnen. Doch erstmal heißt es: Teufelskicker, Teufelskicker!
Ich liebe Sportfilme ja, und zwar sowohl "erwachsene" wie Remember the Titans oder Mean Machine wie auch solche für Kinder wie Mighty Ducks und Little Giants. Dass bei den Kinder-Varianten immer eine Prise Humor miteinfließt muss ja nicht störend sein, im Gegenteil, das steigert nur den Unterhaltungswert. Bemerkenswert finde ich übrigens, dass die Sportart dabei gar keine so große Rolle spielt, solange der Film gut gemacht ist. Ebenfalls klasse finde ich, dass diese Filme stets eine Botschaft in sich bergen. Meist ist es so etwas wie "wenn man sich nur anstrengt, kann man alles schaffen", "wenn man als Mannschaft/Gruppe zusammenhält, bringt dies den Erfolg" oder "auch Außenseiter können mal die großen Gewinner sein". Und etwas anderes will der Zuschauer bei solchen Filmen auch nicht. So wird das Erfolgsrezept auch hier nicht verändert und trotz meiner Skepsis funktioniert es auch bei einem deutschen Film hervorragend. Dies mag nicht zuletzt daran liegen, dass wir es hier mit einem zusammengeklauten Streifen zu tun haben, die beiden bewährten Hauptzutaten: bereits genannter Little Giants (1994) mit Rick Moranis und Ed 'Al Bundy' O'Neill, in dem es um Football ging...und..JA... der chinesische Shaolin Soccer (2001) mit Stephen Chow! Denn der Trainer der Teufelskicker, der resignierende Rudi, war einst ein talentierter Spieler, Sturmpartner von Rothkirch, dem Trainer des VfB. Heute besitzt Rothkirch das Team, ist ein angesehener Trainer und per du mit dem Bürgermeister. Rudi hingegen ist Nachtwächter im örtlichen Einkaufszentrum und will nichts mehr von Fußball wissen. Ähnlich war dies auch in den beiden genannten Filmen mit Rick Moranis bzw. dem verkrüppelten Trainer der Shaolin-Kickers-Auswahl. Was von letzterm Film ebenfalls unverkennbar übernommen wurde, sind die Kung-Fu- und Breakdance-Einlagen beim Fußballspielen, die die gegnerischen Spieler mit offenen Mündern zurücklassen. Zuständig dafür ist die Rooftop Gang, die über eine Körperbeherrschung verfügen, die ihresgleichen sucht. Ebenfalls übernommen aus Little Giants ist die Konstellation böser gegnerischer Coach mit Tochter, die ebenfalls Fußball spielen will, dies aber nicht darf, da der altmodische Vater findet, dass dies sich für ein Mädchen nicht gehört. Natürlich mischt das Mädchen dann bei den Teufelskickern mit und zeigt Vaddern wo der Bartel den Most holt. Überraschungen gibt es hier also keine – und das ist auch gut so!
Es ist erstaunlich wie liebenswert dieser Film geworden ist. Es geht nämlich nicht nur um Klamauk und Sport, sondern es wird auch die zwischenmenschliche Schiene nicht vernachlässigt. Dieser Film hat tatsächlich so etwas wie Tiefgang, wenn auch natürlich nur ansatzweise. So z. B. als Moritz' Mutter erklärt wie ihr Vater, Rudi, seine Frau nach 30 Jahren Ehe verloren hat und nicht mehr mit dem Leben zurecht kommt, weswegen er jetzt so ist wie er ist. Geradezu tragisch ist die Geschichte von Freak, dem Anführer der Rooftop Gang. Er hat den Ruf weg, seinen Bruder getötet zu haben. Tatsächlich aber ist es ein Unfall gewesen, den er bis heute nicht verkraftet hat. Und Moritz kämpft mit seinen inneren Dämonen, die ihn nicht loslassen, bis er im finalen Spiel einen Sieg über sich selbst erlangt...
Was mich zu den Schauspielern bringt, über die ich unbedingt noch ein Wort verlieren muss. Diese sind nämlich durch die Bank weg sympathisch und machen ihre Sache überaus gut, auch wenn ich bei der Besetzung so meine Zweifel hatte. So wird beispielsweise Moritz' Vater und Coach seines alten Heimatvereins von Benno Fürmann gespielt, den ich für keinen besonders guten Schauspieler halte und der mir sonst in genügend Filmen eher auf die Nerven gegangen ist. Hier spielt er aber nicht nur überzeugend die Rolle des innerlich zerrissenen Familienvaters, sondern kommt auch durchweg sympathisch rüber. Ebenfalls grandios spielt Moritz' Mutter, verkörpert von Diana Amft, ein Name, der mir bisher überhaupt noch nicht geläufig war. Ihr aber fällt ein besonderes Lob zu, da ich selten jemanden gesehen habe, der eine so natürliche Performance abliefert und zu keinem Zeitpunkt, trotz einiger emotionaler Szenen, kitschig wirkt. Zudem ist sie wirklich eine Süße.
Von den Erwachsenendarstellern gilt es noch Armin Rohde als selbstverliebten, arroganten Trainer Rothkirch zu nennen, und – last but not least – Reiner Schöne als Opa Rudi und Trainer der Teufelskicker. Der Mann hat eine bemerkenswerte Präsenz und eine optische Ähnlichkeit mit Jon Voight und Lance Henriksen, die ihm sicher nicht zum Nachteil gereicht. Zudem bekommt er die besten Sprüche auf den Leib geschrieben. Übrigens scheint er laut imdb früher in diversen amerikanischen TV-Serien mitgespielt zu haben, u.a. Matlock, MacGyver, Jake & McCabe und Star Trek – The Next Generation! Ist er zu Beginn noch der wortkarge und gleichgültige Brummbär, der von nichts und niemandem was wissen will, wird er bald zum begeisterten Coach, der allerdings verbal nie ein Blatt vor den Mund nimmt, stets an der Seitenlinie tobt und brüllt und sich für seine Jungs mehr oder weniger lustige Spitznamen ausdenkt. So wird der türkische Torhüter Mehmet zu Döner, Gangleader Freak zu Tokio (wegen seiner Frisur, die große Ähnlichkeit zu Tokio Hotel offenbart) und ein blonder Spieler zu Lücke, da er eine unübersehbare Zahnlücke hat...übrigens der Running Gag, neben dem stets wiederholten Spruch "Schnauze, Ennes!".
Der kleine Ennes, ebenfalls Türke, ist stets für einen Lacher gut und mausert sich schließlich zum "Manager" (in großen Lettern unübersehbar auf seinem Trikotrücken aufgestickt) des Teams. Von den Kinderdarstellern fällt auch keiner ab, besonders der Darsteller der Hauptfigur Moritz (Henry Horn) weiß zu überzeugen.
Übrigens haben Lukas Podolski und Philipp Lahm Gastauftritte. Sie tauchen in Moritz' Phantasien auf, also stets zwischen Flanke und entscheidendem Torschuss. Dann ist das Stadion auf einmal gefüllt, alle feuern Moritz an und Lahm und Poldi halten ihm die Daumen. Während Lahm hin und wieder den Mund aufmacht, tut Poldi wirklich nur das, die Daumen halten oder aufmunternd zunicken - und tut gut daran. Jeder der ihn jemals hat reden hören weiß was ich meine.
Was gibt es sonst noch zu sagen? Die aus Shaolin Soccer nachempfundenen Flying Moves sind super umgesetzt und bei weitem nicht so übertrieben wie in der chinesischen Inspirationsquelle. Hier haben wir es schon noch mit einem normal inszenierten Fußballspiel zu tun. Und CGI konnte ich auch nicht wirklich ausmachen, jedenfalls sprang es einem nicht ins Auge. Die fast zwei Stunden Laufzeit haben dem Film, der auf einer Hörspielreihe für Kinder zu basieren scheint, auch nicht geschadet, ich jedenfalls habe mich keine Sekunde gelangweilt, auch wenn natürlich nicht jeder Spruch bzw. Gag gezündet hat. Beeindruckend fand ich übrigens auch die Trainingssequenzen im Einkaufszentrum. Nachdem nämlich der Trainingsplatz der Teufelskicker ab- bzw. aufgerissen wurde, muss die Mannschaft nachts in besagter Mall trainieren. Was Regisseur Granz Henman (Knallharte Jungs, Co-Regisseur bei Der Eisbär) hier nämlich gefilmt hat, ist ganz großes Kino. Ein Wahnsinns-choreographiertes Passspiel auf engstem Raum mit jeder Menge spektakulärer Tricks – steht Hollywood in nichts nach! Und auch der Soundtrack ist recht gelungen mit vielen schmissigen englischen Songs, die das Gesehene passend musikalisch untermalen.
Fazit: Wer mit liebenswerten und witzigen Sportfilmen für Kinder generell was anfangen kann, sollte sich hier auch vor der Herkunft aus deutschen Landen nicht schrecken lassen. Einmal mehr haben die deutschen Filmemacher mit diesem Film nämlich bewiesen, dass sie es auch können, wenn sie nur richtig an die Sache herangehen. Für mich jedenfalls sogar ein Kaufkandidat, nicht zuletzt angesichts der Parallelen mit zwei meiner Lieblingsstreifen, Little Giants und Shaolin Soccer.
Filmwertung
7-7,5/10Trailer:
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