Interrabang (1969)
Jetzt kommt ein Giallo der eher leisen Töne. Oftmals wird „Interrabang“ auch als Kunstdrama bezeichnet, doch auch hier würde ich eher Psychodrama sagen. Kurz: es handelt sich erneut um einen Film, der auf einem kleinen Boot spielt – vergleichbar mit „Das Geschlecht der Engel“ und „Top Sensation“. Doch geht dieser Streifen einen anderen Weg. An Bord befinden sich Modefotograph Fabrizio, seine Frau Anna, deren Schwester Valeria und das Modell Margerita. Fabrizio ist ein Hallodri, der mit seinem Modell vor den Augen seiner Frau rummacht, Valeria ist eher intellektuell und wird von den anderen als „unisex“ angesehen, Anna ist sehr von sich überzeugt und das Modell ist doof, aber dauergeil. Als sie in die Nähe einer Insel kommen, wo sie Fotos machen, haben sie plötzlich kein Benzin mehr. Fabrizio hält ein vorüberkommendes Boot an, und bittet diese ihn mitzunehmen. Während der Mann Benzin besorgt, warten die Frauen auf dem Boot. Leider gibt es im Radio eine Meldung über einen entflohenen Mörder. Als dann Marco auftaucht, ein undurchsichtiger Bursche – sind alle Frauen fasziniert. Sie sind sich sicher, das ist der Mörder – denn auf der Insel liegt die Leiche eines Polizisten. Doch statt zu fliehen – geben sie sich alle dem Fremden hin, der allerdings noch weitere tödliche Gelüste in sich trägt.
Regisseure Giuliano Biagetti lässt sich für die Story sehr viel Zeit. Wir lernen die Figuren kennen und ihre Macken kennen, die Beziehungen untereinander werden klar – Hass, Missgunst und Eifersucht kommen hier ebenfalls zu Tage. Trotzdem kommen die Frauen miteinander aus. Doch im Gegensatz zu Fabrizio, der leicht zu haben ist, ist Marco der geheimnisvolle Mann, dem die Gefahr aus allen Poren dringt und die Weiber alle richtig wuschig macht, so dass sie das gefährliche Spiel eingehen. Während der Normalo-Zuschauer wahrscheinlich gelangweilt ist, wird der geübte Giallo-Fan solide unterhalten, vor allem weil der Film wirklich am Ende wieder mit herrlichen Plot-Twists daherkommt, die man zwar sich erschließen kann (ich hab das Ende kommen sehen), aber im Grunde sehr geschickt daherkommt. Natürlich geht es hier wieder um menschliche Verhaltensweisen und weniger um Mord und Totschlag – da hält sich „Interrabang“ (das ist übrigens das Zeichen, wo ? und ! vereint sind) stark zurück. Dennoch ist der Film ein außergewöhnliches Exemplar des Genres, wohl auch, weil er recht selten ist. Es gibt ihn auf DVD in Italien, die noch gut erhältlich ist. Leider besitzt diese keine englischen Untertitel, was es etwas schwer macht dem Film zu folgen. Der Film wartet ja auch nicht großartig mit Blut auf, weshalb er nicht in den Blick der hiesigen Labels rückt. Schade, denn er ist schon eine interessante Fußnote des Giallo-Kinos und einen Blick Wert. Vor allem die jugoslawische Schauspielerin Beba Loncar (die Anna spielt) ist purer Zucker und macht das Anschauen des Films zu einem Vergnügen.
Zwar kein Trailer, aber etwas Musik und Bilder aus dem Film geben schon mal einen kleinen Eindruck: