Sweeney Todd (Tim Burton & Johnny Depp)

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Ich konnt natürlich nicht widerstehen und hab mir den Screener zu dem Film aus USA schicken lassen.

Keine Sorge, ich werde hier nicht spoilern. Aber ich lasse euch auch nicht in Sweeney's Rasiermesser laufen, denn ihr sollt schon wissen, was auf euch zukommt:

Also, um es vorweg zu sagen: Der Film ist schlichtweg grandios.

Wenn man Johnny Depp in "Fluch der Karibik" gesehen hat, glaubt man kaum, dass er diesen Sweeney Todd so eindringlich spielen kann - einfach teuflisch gut. Depp spielt die Figur richtig zum Gänsehaut kriegen. Die Kamera ist sehr oft auf seinem Gesicht, bleich, mit dunklen, diabolischen Augen, die tief in dich reinzubohren scheinen und in denen so viel Schmerz und so viel Hass liegt, dazu noch die graue Strähne im schwarzen Haar - der Mann sieht aus, da gehts einem durch und durch. Aber das ist natürlich nicht alles.

Der Film spielt im viktorianischen London, und die Sets sind einfach gigantisch. Sehr, sehr düster, schmutzig, man meint, hinter jeder Ecke lauert Jack the Ripper - aber das braucht es ja nicht, weil ja Sweeney Todd sein Unwesen treibt. Die Sets sind wirklich famos gestaltet, ganz in der düsteren Atmosphäre von "Sleepy Hollow". Für jeden, der schon mal in London war und London liebt, ein absoluter Hochgenuss.

Bei fast zwei Stunden kam für mich persönlich überhaupt keine Langeweile auf, weil der Film für mich ein Fest für die Augen und die Ohren war - auch wenn mich der Schluss ein bisschen enttäuscht hat.

Aber leider hat der Film ein großes Problem, womit sich das Publikum in Deutschland sehr, sehr schwer tun wird... er ist ein Musical. Die meisten Dialoge werden gesungen, und dass dies nicht unbedingt gut ankommt, haben wir ja leider bei dem großartigen "Phantom der Oper" (für mich das beste Musical aller Zeiten) erleben müssen. Auch wenn Johnny Depp und seine Kollegen wunderbare Lieder singen - der Film weist einiger der besten Musical-Dialoge bzw. Duette auf,. die ich jemals gehört hab, absolute Spitzenklasse - so wird er damit die deutschen Fans fürchte ich nicht so begeistern können. Auch Horrorfans werden wenig Freude an dem Film haben, weil zwar ordentlich Blut fließt, aber wenig spektakulär und gar nicht ekelhaft, und auch Schocks gibts keine.

Aber was den Film nebenbei zu einem ganz besonderen Vergnügen für mich persönlich gemacht hat, war das Englisch, das gesprochen wird - das typische Londoner Englisch der viktorianischen Zeit, das man auch heute noch vielfach in London zu hören bekommt, und Johnny Depp (der ja Amerikaner ist, und noch dazu aus dem Redneck-Staat Kentucky) kriegt diesen typischen Londoner Akzent so umwerfend hin, dass man fast Freudentränen in die Augen bekommt. Das wird leider auch in der deutschen Fassung flöten gehen, und wenn man den Film völlig synchronisiert hat, entgeht einem auch, wie gut Johnny Depp singen kann (abgeshen davon, dass er hier eine schauspielerische Meisterleistung hinlegt). Wenn man aber die Lieder (und fast der ganze Film besteht aus Liedern) in Englisch mit deutschen Untertiteln belassen hat, wird das Publikum sehr schnell ermüden, denn beim Lesen der Untertitel entgeht einem die tolle Atmosphäre und mit dem Lesen wird man bei den schnellen Dialogen kaum hinterherkommen.

Wie auch immer - für MICH ist der Film nach Sleepy Hollow die beste Arbeit des Gespanns Burton / Depp und nach Phantom der Oper eines der allerbesten Musicals, die ich je sah. Ich wünsche ihm nur, dass er im deutschen Kino ein Erfolg wird. Er hätte es verdient...

Also: Freundin schnappen, reingehen und genießen. Und wenn sie zu sehr nach Johnny Depp schmachtet, könnt ihr ja immer noch in ihr Ohr hauchen: "Wenn du nicht damit aufhörst, weißt du ja, was dir blüht. Sweeney Todd hat's dir grade vorgemacht..." Und schon isse wieder brav.
 
Der Lonewolf Pete