Lumleys Necroscope ist strukturell betrachtet ein Horror-Roman, an dem ich nichts auszusetzen habe. Er besitzt keine Längen, welche mich "Gewäsch" gefüllt wären.
Die inhaltlichen Schwachpunkte, die sich in der zweiten Hälfte manifestieren (Band 2 in der dt. Ausgabe), würden als Kurzgeschichte auch nicht besser werden.
Ich habe diese Diskussion ursprünglich gar nicht aufgeworfen, weil ich der einen oder anderen Meinung wäre, aber mir fiel es im Laufe der letzten Zeit gehäuft auf, daß solche Gegenüberstellungen stattfinden (u.a. auch seitens Markus, hehe).
Kurzgeschichten haben in meinen Augen dieselbe Berechtigung wie Romane. Daß es nicht gut möglich ist, "auf eine längere Zeit das Gefühl der Verunsicherung, der Bedrohung, des Verlustes an Realität aufrecht zu erhalten", wie Markus sagte, mag schwer zu widerlegen sein, doch ich frage: ist es denn überhaupt notwendig?
Da bereits viele Argumente für die Kurzgeschichten kamen, bringe ich mal einige für den Roman:
- Es ist mehr Platz, um auch mal komplexere Zusammenhänge auszubreiten, bzw. den Gegensatz zur Normalität des Alltags und dem Realitätsverlust / des Verstörenden zu verdeutlichen. Schleichende Prozesse sind möglich.
- Die Charaktere werden zu Bekannten, wenn nicht gar Freunden. Wenn sie in Gefahr geraten, werden diese Passagen viel spannender, als es die Kurzgeschichte zu leisten vermag.
- Man kann am Ende mehr für sich zurückbehalten.
Der letztere Punkt vielleicht etwas erläutert: Wenn die Horrorkurzgeschichte ein Fahrgeschäft mit Looping ist, ist der Horror-Roman eine rumpelige LKW-Fahrt durch den Himalaya, während man Nitroglyzerin geladen hat. Es ist nicht alleine die Spannung, von der man bei letzterem mehr hat (denn diese ist auch über einen längeren Zeitraum verteilt, die SpannungsDICHTE ist also sogar geringer), aber dafür hat man zwischendurch atemberaubende Landschaften gesehen und einige Leute und ihre Lebensweise kennengelernt.
Peter