BROKEN TRAIL - Ein gigantischer Western

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...hätte wohl besser in den Staubfilm-Bereich gehört, aber mir ist das eh wurscht.

Denn das, was du, oh Thomas, der du die Pferdeopern so sehr liebst, hier vom Stapel gelassen hast, macht Broken Trail (was ein Titel...*schmacht*) für mich zur Pflichtveranstaltung.

Werd ich mir nächsten Monat von der Overland Stage bringen lassen und dann dem Film einen ganz genüsslichen Sonntag widmen.

Muss zugeben, ein paar Dinge stören mich wohl an der Lobhudelei, z.B. was ist so besonders daran, wenn jemand in einem Western Klopapier holt, zumal es damals noch gar kein Klopapier gab...? Oder - nackte China-Dolls, die auf einem "Sklavenmarkt" verhökert werden? Mir ist kein Fall bekann (trotz intensiver Recherche), dass überhaupt je irgendwelche Mädels, nackt oder angezogen, nach Abschaffung der Sklaverei und Beendigung der Indianerkriege auf irgendwelchen "Märkten" im Westen verschachert worden wären... Da wäre das Volk garantiert in Aufruhr gewesen. Du kennst das ungeschriebene Gesetz, dass man Frauen mit respekt zu behandeln hatte - wer es nicht tat, konnte aufgehängt werden. Du glaubst doch wohl nicht, dass eine Stadt zugesehen hätte, wenn man Mädels, und dazu noch nackend, zum Kauf angeboten hätte...???

Und - Also, mal ehrlich - den Kälbern werden die Eier abgeschnitten, aber dem Vergewaltiger nur die Daumen? Wenn schon so drastisch, warum dann dem Kerl nicht auch gleich eine 44er zwischen die Beine fetzen? Viel schlimmer kann das auch nicht aussehen als bei den Kälbern.

Aber was soll's, das ganze klingt so sehr nach meinem Geschmack und dürfte wohl voll im Trend der "modernen" Westernepen liegen...da guck ich über solche Sachen hinweg und werd das Teil einfach nur (selbstverständlich auf Englisch) genießen.

Pardner, you'll do to ride the river with!

Der Lonewolf Pete


Hey, immer geschmeidig, Alder...

Das hat mit korinthenkackerei nix zu tun - ich seh ja in vielen Westernklassikern drüber hinweg, dass die mit Realität gar nix zu tun haben und nur so voller Klischees sind. Aber gerade die "neueren" Westernproduktion zeichnen sich doch oftmals dadurch aus, dass sie eher auf die damaligen Realitäten als auf Klischees setzen. Nur - dass Frauen respektvoll behandelt werden, ist und war ein ungeschriebenes gesetz im Westen. Dass es in Goldgräberstädten derb zuging, ist natürlich die Ausnahme, aber da waren zwo Drittel der weiblichen Wesen auch Prostituierte.

Was mich immer ein wenig bei neueren produktionen stört ist, dass sich viele an "Deadwood" orientieren - dreckig, Frauen sind immer Schlampen und können derbst behandelt werden, erstballern, dann fragen, usw. In Wirklichkeit war's eben nicht so - und in Wirklichkeit sahen die weiblichen Wesen damals meist so aus, dass man die nicht mal mehr schön saufen konnte.Wieso sich da so viele Cowboys den Tripper oder die Syphilis geholt haben, ist mir bis heute ein Rätsel geblieben. Wenn ich mir alte Schwarzweiß-Fotos der damaligen Liebesdienerinnen anschaue...also ich hätt da gar nicht erst einen hochgekriegt und mir meine zwei Dollar lieber gespart...

Soweit also zum Vermischen von realität und Klischee. Keine Sorge, ich will an Broken Trail nix aussetzen, bevor ich ihn selbst gesehen hab. Deine Review hat mir Appetit gemacht, und ich werde den Film ganz bestimmt mögen...da sind unsere Geschmäcker - mit Ausnahme von Magnificent Seven - recht ähnlich...

Git-R-Done!

Der Lonewolf Pete


Hab "Broken Trail" für schlappe 16 Euronen (neu und OVP) gestern in den USA bestellt (da ist Versand schon dabei). Das bedeutet, dass die reine DVD, abzüglich Versand, auf grade mal so 8 EUR gekommen ist.

Ich gehe jede Wette ein, dass dat Dingen in der deutschen Fassung, sollte es sie mal geben, so um die 20 kosten wird. Bei Amazon kostet die DVD als England-Import an die 40, oder gebraucht um die 25.

Wie sagte doch der Bundesfinanzminister so treffend? "Wir alle müssen lernen, den Gürtel enger zu schnallen. Und schon in kleinen Dingen kann man sparen."

Recht hat er...

Der Lonewolf Pete


Nach ihrem Eindruck von "Broken Trail" gefragt, kenne ich Leute, die sagen würden: "Landschaftlich ist er gut."

Das wäre die Untertreibung des Jahres, denn landschaftlich ist dieses Westernepos einfach großartig.

Aber damit nicht genug: Schauspielerisch ist der Film - großartig. Die Story des Films ist ungewöhnlich für einen Western und einfach nur originell und großartig. Die Besetzung? Großartig.

Aber natürlich gibts auch von mir was Kritisches anzumerken. Als Westernfan kann ich mir das einfach nicht verkneifen. Wie sagt Robert Duvall in dem Film? Für ihn ist "Broken Trail" das Ende einer Trilogie, die mit "Lonesome Dove" begann, mit "Open Range" fortgeführt wurde und mit "Broken Trail" ihr Ende fand. Recht hat der Mann. Nur mit dem Unterschied, dass Broken Trail leider nicht den Höhepunkt dieser Trilogie darstellt.

Der Film erreicht bei weitem nicht die Intensität von Lonesome Dove und auch nicht die von Open Range. Dazu ist er einfach zu zahm. Stellenweise verliert sich Broken Trail in den leisen Tönen, der Melancholie alternder Cowboys und dem grandiosen Anblick der Landschaft ringsum, vergisst dabei aber zugunsten dieser Momente die Action. Und das ist meines Erachtens der einzige Wermoutstropfen bei diesem Western: Die Action fehlt. Mit Ausnahme zweier kurzer Schießereien und des im Verhältnis gesehen relativen kurzen Showdowns knallts und krachts überhaupt nicht. Es kommt keine Stampede der Pferdeherde vor, keine ordentliche Prügelei, keine richtig dramatischen Szenen, die unsere Helden und die chinesischen Damen in Todesgefahr gebracht hätte. All das kennen wir aus anderen Western und vermissen es hier. Der Vergleich mit dem 70er Jahre Epos "The Sacketts" nach dem Roman von Louis L'Amour liegt hier nahe, doch in den Sacketts krachte es ordentlich, was hier einfach nicht der Fall ist. Gerade von einem Regisseur wie Walter Hill sind wir wesentlich härtere Sachen gewohnt.

Ich habe ja nun ziemlich viele "neue Western" gesehen und bin ein erklärter Fan davon, von Silverado bis Broken Trail, von Lonesome Dove bis Johnson County - und alle haben sich eines gemeinsam: Großartige Landschaftsaufnahmen und erstklassige Westernatmosphäre und Action. Letztere kommt in Broken Trail eben zu kurz.

Für mich stellt Open Range den Höhepunkt der Duvall-Western-Trilogie dar, Lonesome Dove bildet einen gelungenen und furiosen Auftakt und beeindruckt mit unglaublicher Intensität, und Broken Trail lässt die aufgebaut Spannung der beiden Vorgänger langsam wieder abebben und den Zuschauer allmählich zur Ruhe kommen, indem er ihn mit einer tollen Story und großartiger Fotografie und Schauspielerei verwöhnt.

Für jeden Westernfan aber ist Broken Trail ein absolutes MUSS, und für mich ist dieser Film edles Westernkino ein weiterer Beweis dafür, dass der Western lange nicht tot ist und noch eine Menge Stoff für gute Geschichten und große Epen aus dem Wilden Westen bietet. Ich wünsche mir mehr davon, viel mehr.

Der Lonewolf Pete