Nach dem recht ansprechenden Salzwasser-Kroko-Streifen "Blood Surf" lässt der Macher von "Wolf Creek" jetzt also wieder mal ein riesiges, geschupptes und mit Reißzähnen bewehrtes Ungeheuer auf die Menschheit los. Am Wolf Creek waren die kreischenden Mädels noch am Rennen, aber diesmal haben die Opfer des gefräßigen Unholds gar keine Möglichkeit dazu, denn wir haben es, wie das bei solchen Filmen nun mal so ist, nicht nur mit einem riesigen Monstrum, sondern auch mit einem überaus intelligenten Monstrum zu tun. Und das plant, wie wir wissen, in ganz hundgemeiner Manier jeden seiner Schritte so, dass selbst die russischen Schachweltmeister vor Neid erblassen würden.
Rogue nennt sich der Film und ist, wie man bereits erfahren durfte, für die Krokodilliebhaber unter den Tierhorror-Fans gemacht. Ja, und natürlich für Australienfans, denn stellenweise kommt der Film daher wie ein Werbefilmchen von Tui. Ach wie schön ist es doch auf dem australischen Kontinent, und angesichts der beschaulichen Naturbilder aus Professor Gritzmecks Archiv fragt man sich allen Ernstes, wieso die deportierten britischen Sträflinge im 19. Jahrhundert so nen Aufstand gemacht haben...sooo schlimm kann es doch da gar nicht sein, meint man.
Ja, aber vergessen wir nicht, dass Terra Australia auch mit so possierlichen Tierchen wie der gefährlichsten Giftschlange und der tödlichsten Giftspinne der Welt aufwartet, mit kickboxenden Känguruhs und wildernden Dingos, mit unzähligen Schafen, Mücken, und Dutzenden ungenannter Kriech- und Krabbeltieren, und natürlich mit einer ganz besonderen Spezies der Familie Crocodilus Gefrässikus, nämlich dem Salzwasser-Krokodil. Dieser durchaus faszinierende Zeitgenosse dümpelt nicht nur im Salzwasser, sondern auch im Süßwasser rum und macht diesmal ein ziemlich verworrenes Flussgebiet im geheiligten Gebiet der Aborigines unsicher. Das hat sich der Nimmersatt als Revier auserkoren, und als sich eine Reisegruppe unter Führung der hübschen Kate dorthin verirrt, reagiert das Tierchen ganz und gar nicht gastfreundlich. Prompt sucht es sich unter den Touris die Leckersten aus, und geht dann ans Werk wie wir Menschen, wenn wir ne Dose Ölsardinen nicht aufkriegen - mit Wut und Brachialgewalt! In diesem Fall wirkt die Nase des Monstrums als Dosenöffner und lädiert die Schiffwand des Ausflugsbootes, und so sitzen unsere Touris wie Grillwürstchen auf einer Insel im Fluss fest, die nächtens von der steigenden Flut überschwemmt wird. Den armen Würstchen...äh...Menschlein bleibt nun gar nicht mehr viel Zeit, von dem Eiland zu entkommen. Aber dazu muss man leider über den Fluss, und dort dümpelt ja die schwimmende Damenhandtasche Marke XXL so für sich hin, natürlich nichts Böses im Sinn.
Tja, und dann spult sich - immer wieder unterbrochen von beeindruckenden Naturaufnahmen, bei denen nur noch die Off-Stimme von Heinz Sielmann fehlt - das Szenario ab, das wir schon aus anderen Kroko-Filmen kennen. Die Gruppe streitet, rauft sich angesichts der Gefahr wieder zusammen, dann schnappt sich das Viech mal hier einen, mal dort einen und lässt die Menschen immer wieder in clevere Fallen laufen, bis es zu einem dramatischen Fluchtversuch kommt. Dabei erwischt es aber leider eine der Hauptfiguren, und weil das nun mal ganz und gar nicht sein darf und auch den Drehbuchautoren nicht gestattet ist, Hauptfiguren und Sympathieträger wegfressen zu lassen, macht sich ein etwas tollpatschiger amerikanischer Stadtmensch zur waghalsigen Rettungsaktion auf und stellt die Beschtie zum Showdown. Der ist dann zwar sehr dramatisch und spielt sich - man höre und staune - in einem hohlen Baum (!!!) ab (das ist was ganz anderes als die hohlen, winddurchpfiffenen gassen von Chicago, wo der Stadtmensch herkommt), aber er ist auch mehr als unglaubwürdig und wirkt ungefähr so, als wolle man sich mit einem Zahnstocher gegen eines der kickboxenden Känguruhs wehren.
Die Intensität und Spannung vergleichbarer Filme wie "Fährte des Grauens" oder "Lake Placid 2" erreicht der Streifen leider nicht. Dafür bietet er aber dennoch anderthalb Stunden gute Kroko-Unterhaltung, viel (ein wenig zuviel) Dialog, etwas zu wenig Action, kaum Blut (Bei Blood Surf hingen noch Gedärme in die Landschaft) und einen doch recht akzeptablen Showdown, dazu noch tolle Aufnahmen von Terra Australia. Mehr aber auch nicht. Die Krokodil-Fans, zu denen auch ich gehöre, erfreuen sich an dem Streifen aber dennoch, und so kann ich ihn trotz aller Mangelerscheinungen dann doch guten Gewissens empfehlen.
Der Lonewolf Pete