So. Wie gesagt: Warten, bis es dunkel ist. Telefon weg, Licht aus, voll dabei sein.
Ein älteres Ehepaar verarbeitet den Verlust seines Sohnes und zieht in ein abgelegenes Haus. Gerade die Mutter (Crampton) leidet am stärksten unter dem Verlust. Und schon kurz nach dem Einzug glaubt sie, die Präsenz ihres Sohnes zu spüren. Geräusche aus dem Keller, der Geruch von Rauch, ein umfallendes Bild, unheimliche Träume. Etwas ist in diesem Haus. Ob dies ihr Sohn ist, oder etwas anderes aus der Vergangenheit des Hauses? Und die Bewohner der nahegelegenen Kleinstadt scheinen auch mehr zu wissen, als sie zugeben...
Mehr will ich nicht erzählen. Das solltet ihr selbst sehen. We Are Still Here ist ein Low-Budget-Film, der sehr genau weiß, was er tut. Der Regisseur setzt Kameras und Schnitt hier sehr durchdacht ein, und er verfehlt seine Wirkung nicht. Nach den ganzen Haunted-House-Filmen der letzten Jahre herrscht ja eigentlich eine gewisse Sättigung, Paranormal Activity, Insidious etc in Dauerschleife, da erwartet man eigentlich erst mal nicht mehr viel. Umso überraschender und erfreulicher, dass dieser Film durchaus noch etwas reißt. Schon der Anfang, die Fahrt durch die verschneite Umgebung zum Haus, lange ruhige Kameraeinstellungen, langsame Zooms, Kranfahrten, sehr stimmungsvoll, begleitet von einem sehr starken, hypnotischen Score. Und da kommen wieder die Momente, in denen man verdammt, dass man Filmfreak ist. Natürlich verfehlt die Machart nicht ihre Wirkung, aber im Hinterkopf läuft immer eine Subroutine mit, die analysiert. Ich fand den Anfang stimmungstechnisch sehr stark, und der Hinterkopf fragt sich sogleich, woran das (neben dem Score) liegt. Wir kennen die Mechanismen, haben ein Gefühl für das richtige Timing beim Schnitt, und genau da spulte ich noch mal zurück und kam zu dem Schluss, dass einige Einstellungen einen Hauch länger anhielten als üblich, dass bei einer Kranfahrt der Schnitt etwas früher stattfand als normal etc.
Zusammengenommen sorgte das für ein unbestimmtes Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Als ich später mal in den Audiokommentar reinhörte, sprach der Regisseur dann auch genau davon. Das bewusste Verschieben des "richtigen" Zeitpunktes, um unterbewusst eine bestimmte Stimmung zu triggern. Sehr clever.
Über die weitere Story mag ich nicht viel verraten. Es ist allerdings klar, dass in dem Haus was arg im Argen liegt und das Ehepaar dort nicht allein ist. Etwas "is still here". Es gibt einige vorzügliche Jumpscares, und so einiges an Creepieness, unspektakulär in der Dunkelheit des Hintergrundes. Ich fand den Film tatsächlich gruselig. Richtig.
Später, wenn die Hintergründe offenbart werden, kommt es dann noch zu einigen Momenten, bei denen die Fsk (der Film ist ab 16) einen richtig guten Tag hatte.
Der Film ist modern, aber dennoch angenehm Oldschool, hat ein gewisses 70er-Flair (er spielt auch in dem Jahrzehnt), gute Figuren (keine gelackten Twenty-Somethings, sondern reife Menschen mitten im Leben, Barbara Crampton ist hier super) und wurde dem Regisseur nach inspiriert durch Das Haus an der Friedhofsmauer und den Kurzfilm Lights Out, den ich kürzlich mal hier gepostet hatte.
Ich möchte den echt uneingeschränkt empfehlen. Mir hat er sehr gut gefallen. Nein, kein Meisterwerk, wie man es noch nie gesehen hat, aber für mich eine richtige kleine Genre-Perle.