Ein dt. Review von Marcus Popescu:
THE DEVIL’S REJECTS
Nach seinem vielfach verschobenen und bei Veröffentlichung schließlich doch hinreichend erfolgreichen Regiedebüt HOUSE OF 1000 CORPSES hatte Schockrocker und Horror-Freak Rob Zombie bei seinem Vertrieb Lion’s Gate einen Stein im Brett – und damit freie Bahn für ein Sequel zu seinem Terror-Epos. Das Ergebnis heißt THE DEVIL’S REJECTS und wird erwartungsgemäß erneut Kritiker und Fans in zwei klar definierte Lager spalten …
Kurz zur Story: Nachdem sie dem polizeilichen Sturm auf ihre Blutfarm knapp entkommen sind, machen Baby (Sheri Moon Zombie), Otis (Bill Moseley) und der später hinzu stoßende Captain Spaulding (Sid Haig) erst kurz Zwischenstation in einem Motel, bevor sie Zuflucht in einem heruntergekommenen Vergnügungsviertel mitten in der Wüste suchen. Ein Verrat spielt die drei jedoch direkt in die Hände eines rachsüchtigen Polizisten, dessen großer Bruder in Teil 1 das Zeitliche segnete. Und so wendet sich das Blatt …
Würde man nicht um Rob Zombies beinah schon kindliche Freude am Exploitationfilm wissen, könnte man dem Musiker unterstellen, ein völlig reaktionäres Stück Dreck gedreht zu haben. Allerdings reden wir hier von dem Mann, der schon die Achterbahnfahrt HOUSE OF 1000 CORPSES frei von jeglichem Trendbewusstsein gegen den kommerziellen Blockbuster-Horror programmiert hat – Zombie meint es ernst, und mit THE DEVIL’S REJECTS beweist er das nachdrücklicher als je zuvor. War HOUSE noch durch seine Clipästhetik und Schnitttechnik ein „moderner“ Film, ist REJECTS nunmehr nur noch ein direkter Verweis auf seine dreckigen 70er-Jahre-Wurzeln. In der Tat ist der Retro-Stil des Films stellenweise mit Tarantinos Oeuvre vergleichbar – beide Künstler sind sich gar nicht mal so unähnlich. Bei beiden KANN jederzeit alles passieren, und ähnlich wie Tarantino, der große Papst der Postmoderne, zitiert auch Zombie jede Menge Einflüsse von Peckinpah bis hin zu naheliegenderen Spektakeln wie ICH SPUCK AUF DEIN GRAB oder LAST HOUSE ON THE LEFT. Passend dazu importiert er auch einige Altstars des Genres, unter anderem Ken Foree und einen sichtlich gealterten Michael Berryman, der hier aber gerade mal zum Stichwortgeber taugt.
THE DEVIL’S REJECTS ist formal sicherlich kein schlechter Film, aber bei weitem manipulativer als der ohnehin schon nicht sehr zimperliche Vorgänger. Die Überreste der Familie Firefly sind eindeutig die Helden der Geschichte, auch wenn sie die erste Hälfte des Films damit verbringen, zwei Pärchen ohne wirkliches Motiv in einem Motelzimmer zu quälen. Das hier gezeigte Maß an Erniedrigung ist teilweise echt starker Tobak. Danach begibt sich REJECTS in eine Grauzone:
[spoil]Die Jäger werden zu Gejagten, als ein Freund sie an den rachsüchtigen Polizisten verpfeift, der daraufhin mit zwei Kopfgeldjägern (einer davon ist Danny Trejo) die Falle zuschnappen lässt. Diese Nacht des Verrats ist so perfide sentimental inszeniert, dass wir gar nicht anders können als Mitleid für die Fireflys zu empfinden - in ihrem eigenen Haus an Stühle gefesselt (bzw. genagelt) zu werden ist schon erniedrigend genug. Jetzt sind Otis, Baby und der Captain die Opfer der Tortur, die sie bisher anderen zufügten; und damit sind sie ganz klar die Helden des Showdowns, der ein bisschen THELMA & LOUISE, ein bisschen BONNIE & CLYDE und ganz viel BUTCH CASSIDY & THE SUNDANCE KID ist …[/spoil]
THE DEVIL’S REJECTS ist hart und wirkt durch seine langen Kameraeinstellungen und die schmutzige 70er-Atmosphäre in der Tat noch härter oder zumindest direkter als HOUSE OF 1000 CORPSES. Als Hommage geht der Film in Ordnung und wird definitiv seine Fans finden – als Originalwerk ist Zombies Zweitling schlichtweg asozial. Das wiederum schmälert den Filmgenuss nicht gänzlich, und so ist REJECTS das ideale Beispiel für eine sogenannte „guilty pleasure“: Man möchte auf Zombie schimpfen, aber irgendwie bringt der Mann es dennoch fertig, dass man sich dem Panoptikum seiner schrillen Gestalten nicht entziehen kann und auf eigenartige Weise fasziniert ist vom Leben und Sterben des Firefly-Clans. Die moralische Fragwürdigkeit außen vorgelassen, ist THE DEVIL’S REJECTS eine gewaltige filmische Steigerung zum Vorgänger. Nur Mainstream ist er ganz und gar nicht.
Mir läuft der Sabber aus dem Mund 8O .