Die Glasbücher der Traumfresser - Gordon Dahlquist

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Offline Havoc

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    • Let me show you its features, hehehe!
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    Die Glasbücher der Traumfresser von Gordon Dahlquist



    Klappentext:
    Verpassen Sie keinesfalls den letzten Zug nach Harschmort Manor! Eine sitzen gelassene junge Lady, ein professioneller Killer und der Leibarzt eines mecklenburgischen Prinzen ziehen in einer rasanten Tour de Force durch das viktorianische England. In einem bizarren Herrenhaus entdecken sie erotische und haarsträubende Geheimnisse und riskieren ihr Leben, ihre Ehre und ihre Tugend, um die Welt vor den Gefahren einer alchemistischen Maschine und einer teuflischen Verschwörung zu retten.


    Erscheinung:
    Was natürlich sofort ins Auge sticht, ist die Aufmachung dieses Romans. Jedes Kapitel ist in einem eigenen "Heftchen" untergebracht, die sich alle in einem Schuber befinden. Mit 24 auf 15 cm auch in einem für heutige Verhältnisse recht unüblichen Format. Auch das Cover-Artwork und das verwendete Umschlagspapier erinnern stark Groschenhefte und Schundromane des frühen 19. Jahrhunderts. Von diesem Standpunkt aus gesehen macht das im Bücherregal natürlich schon mal Einiges her, und rechtfertigt daher auch den höheren Verkaufspreis von ~24€.
    (Ende September '09 soll auch eine Taschenbuchausgabe erscheinen)


    Der Autor:
    Gordon Dahlquist ist eigentlich Theater-Autor. mit "Die Glasbücher der Traumfresser" hat er seinen ersten
    Ausflug in das Reich der Romanschreiber hinter sich gebracht. In den USA war das Werk sehr erfolgreich und Dahlquist hat schon einen Vertrag für einen Nachfolger in der tasche und die Verfilmungsrechte sollen auch schon an ein großes Hollywood Studio verkauft worden sein. ;)


    Inhalt:
    Eines Morgens erhält Miss Temple einen Brief ihres Verlobten, in dem dieser ihre Verlobung sofort für Nichtig erklärt. Doch Miss Temple, mit einem aufbrausendem Temperament gesegnet, kann so eine Unverschämtheit nicht einfach auf sich sitzen lassen und spioniert ihrem Ex-Verlobten Mr. Bascombe hinterher um herauszufinden warum er die Verlobung aufgekündigt hat. Die verfolgung führt sie zu einem ominösen Maskenball in einem abgelegenen Herrenhaus in dem seltsame Dinge geschehen.
    An diesem Ortbefinden sich jedoch noch weitere "uneingeladene" Personen.
    Zum Beispiel Kardinal Chang, seines Zeichens abgebrühter Profikiller mit einem Augenleiden und einem Hang zu Gedichten. Er muss im Lauf des Abends überrascht feststellen, dass ihm bei der "Erfüllung" seines Auftrags, anscheinend jemand zuvorgekommen ist.
    Der dritte ungebetene Gast an diesem Abend ist Doktor Adelbar Svenson, seines Zeichens Stabsarzt des mecklenburgischen Prinzen und zukünftigen Thronfolgers. Der Prinz betreibt jedoch ein recht lotterhaftes Leben und gibt sich gerne verschiedensten "Ausschweifungen" hin, vor denen ihn Dr. Svenson eigentlich bewahren sollte. An diesem Abend deutet alles daraufhin, dass sich der Prinz auch auf diesem Maskenball befindet.

    Alle drei Charaktere werden an diesem Abend Zeuge einer ausschweifenden Feier in deren Zusammenhang, erotische Begegnungen, seltsame Maschinen und alchemistische Vorgänge, willenlose Menschen, unheimliche Bücher aus blauem Glas und eine groß angelegte Intrige nur den Auftackt bilden. Ehe sie es sich versehen werden die drei zufälligen Zeugen zu Gejagten und schließen in ihrer scheinbar auswegslosen Situation ein Bündnis um einerseits hinter das Geheimnis dieser Verschwörung zu kommen und andererseits natürlich ihr Leben zu retten.


    Das Buch:
    Ja wie fängt man an mit der Beschreibung eines Buchs das so einerseits sich an vielen Bekannten Motiven orientiert, aber doch so anders ist?
    Vor allem baut der Roman auf seine 3 Hauptcharaktere (Temple, Chang, Svenson), die von ihrem verhalten und ihrer Art her kaum unterschiedlicher sein könnten, nun aber gezwungenermaßen zusammenarbeiten müssen und sich dabei doch erstaunlich gut ergänzen. Dabei sind alle 3 keine wirklichen Identifikationsfiguren, aber durch ihr jeweiligen Eigenarten doch sehr interessant und auf eine etwas überspitzte Art auch authentisch. :D
    Der Leser ist dabei den Charakteren nie in irgendeiner Weise voraus. Alle weiteren Enthüllungen der Geschichte erlebt man sozusagen hautnah mit den Charakteren mit, selbst wenn sich die Ereignisse überschneiden.
    Auch diesen "Kunstgriff" setzt Dahlquist recht geschickt ein. Mehrfach ist jeden Charakter (Temple, Chang, Svenson) ein ganzes Kapitel/Büchlein gewidmet. So werden diverse Situationen aus den drei unterschiedlichen Blickwinkeln gezeigt und man landet immer mal kurz in einer schon "bekannten" Szene, wenn sich die Charaktere kurz wieder über den Weg laufen, geht dann aber auch sofort wieder mit der jeweiligen Person "weiter".
    Dadurch entsteht ein interessantes Bild, wie es zu manchen Situationen kommt, bzw. wie es danach weitergeht.

    Der Leser muss dabei jedoch recht aufmerksam sein, da die ungeheure Vielzahl an Ereignissen und Personen mit denen man hier wahrlich bombardiert wird, ein schwer überschaubares Maß erreichen. Vor allem die Hintergründe wer jetzt hier mit wem zusammen gegen wen intregiert und warum sich das auf einmal wieder ändert ist schon ziemlich harter Tobak und mühselig dabei den Überblick zu behalten. Etwas weniger wäre hier ganz sicher mehr gewesen.
    Genau wie auch die Länge des Gesamtwerkes. Vor lauter Verschwörungen und Paktierereien geht dem Buch zwischendurch immer mal ein wenig die Luft aus, bis endlich wieder Fahrt aufgenommen wird. Meiner Meinung anch hätte da etwas Straffung gut getan.

    Vom Erzählstil und auch von der Sprache her versucht der Autor sich an der Zeit des frühen 19. Jahrhunderts zu orientieren. Das gelingt (in der dt. Übersetzung) ganz ordentlich, ist aber für das gewohnte Lesebild zuerst etwas schwierig. Wenn man sich darauf einlässt klappt es aber recht problemlos und gibt dem Ganzen auch ein entsprechendes und stimmiges Flair.

    Im Fantasy-Bereich, wo ich das Buch jetzt einordnen würde ist es auf jeden Fall mal etwas anderes.
    Eine seltsame Verschwörung in viktorianischen Zeiten, kombiniert mit seltsamen Maschinen, Träumen, einer ordentlichen Prise diverser Schlüpfrigkeiten und Männerphantasien, vielen originellen Ideen, sowie einem Touch von Jules Verne und Arthur Conan Doyle.
    Es ist jedoch kein absoluter Hammer den ich jedem empfehlen würde. Dafür ist es einerseits zu speziell und zwischendurch einfach zu lang ausgewalzt und dadurch wird der Lesefluss gebremst. Und dadurch kommt hier und da doch immer mal wieder Langeweile mit durch. Da fehlt einfach der Pfiff


    In gewisser Weise kann ich es daher mit Das dritte Testament von Daniele Nadir vergleichen.
    Es passt nicht so richtig in eine spezielle Schublade und ist daher auch nicht unbedingt für jeden zu empfehlen. Vor allem da es auch einige Längen hat und etwas vor sich hintrödelt. Auf der anderen Seite hat man wieder einen originellen Roman in der Hand der die ausgetretenen Pfade verlässt und mal etwas Neues probiert.

    Persönlich lag mir doch Nadirs Höllenepos etwas mehr als die Glasbücher.
    Schlecht sind sie trotzdem nicht. ;)
    « Letzte Änderung: 30. Januar 2009, 08:55:59 von Havoc »
    “When I ride my bike I feel free and happy and strong.  I’m liberated from the usual nonsense of day to day life.  Solid, dependable, silent, my bike is my horse, my fighter jet, my island, my friend.  Together we will conquer that hill and thereafter the world”


    Offline JasonXtreme

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      Das klingt mal nicht uninteressant!
      Einmal dachte ich ich hätte unrecht... aber ich hatte mich geirrt.


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