Durchbekommen.
Puh, wo fang ich an? Hat ganz schön Eindruck hinterlassen...Also erstmal: Dies ist kein Roman, die z. B. als Vorlage zum gleichnamigen Film hätte dienen können. Dies ist ein Sachbuch, ist aber derart konversationell und narrativ flott geschrieben, dass es fast rüberkommt wie ein Roman. Ich-Erzähler ist Autor John Keel, ein renommierter Journalist und Autor im Bereich der Ufologie. Allerdings bezeichnet sich Keel selbst nicht so. Im Verlauf des Buches kommt sogar heraus, dass er die Theorie von außerirdischen Wesen ablehnt und eher an eine Art "parallele Energie" glaubt, die vor allem Einfluss auf die menschliche Psyche nimmt.
Trotz des Titels geht es um den Mothman hier eher am Rande. Vielmehr ist er Bestandteil eines Berichts über die Ereignisse in einer US-Kleinstadt in West Virginia, Point Pleasant, im Jahre 1966/67. In dieser Zeit sahen nicht nur über 100 Menschen in dem kleinen Ort das Vogelwesen, es wurden auch unzählige Ufo-Sichtungen und andere Kontakte mit "seltsamen Wesen" gemeldet, darüber hinaus weitere merkwürdige Ereignisse (z. B. blasse, wie aus dem Nichts auftauchende Fremde, die Fragen stellen....oder verschwindende Hunde oder Rinder, die völlig blutleer gefunden werden, ohne dass ringsherum irgendwo Blutspuren festgestellt werden konnten!). Keel ist selbst stets vor Ort, interviewt die Zeugen, macht sich Notizen, verbringt die Nächte draußen und beobachtet den Himmel usw. Was bei den Zeugen stets identisch vorkommt: Eine Veränderung der Persönlichkeit (Scheidungen, erhöhtes Aggressionspotenzial, ein Anstieg im IQ usw.), geschwollene Augen, seltsame Anrufe, Gedächtnisverluste usw.
Und die MIB, die Men in Black, die schon lange vor dem gleichnamigen Film ein Begriff waren, der schwarzgekleidete Fremde bezeichnet, die Ufo-Zeugen belästigen, Fragen stellen, terrorisieren. Keel wirft die Frage auf, ob dies möglicherweise Agenten vom CIA seien könnten, die nicht mal dem Präsidenten Rechenschaft ablegen müssen, andere Möglichkeiten sind Air Force...und natürlich die Aliens selbst...
Wir werden geradezu überhäuft mit verschieden Berichten und Zeugenaussagen von Menschen, die Erlebnisse mit dem Mothman gehabt oder Ufos am Himmel gesichtet haben. Und dabei geht Keel auch mal zurück in die Geschichte und berichtet über Beobachtungen im 19. Jahrhundert. Übrigens schließen seine Berichte nicht nur West Virginia, sondern auch den Rest der USA und andere Teile der Welt ein. Beispielsweise gab es in den 1950er Jahren eine von der Air Force durchgeführte Untersuchung, die belegte, dass die beste Zeit für eine Ufo-Sichtung Mittwoch, 22.00 h ist. Berücksichtigt wurden die USA, Spanien und Belgien.
Vieles, was Keel berichtet, klingt unglaubwürdig (wenngleich authentisch). Er versucht aber auch nicht, zu werten und zu sagen "dies und jenes ist wahr", er berichtet nur. Vieles klingt zwar unglaublich, scheint aber dennoch kaum zu leugnen sein. Es gab z. B. einen Mann, Woodrow Derenberger, mit dem ein Alien namens Indrid Cold (Name des Mottenwesens im Richard-Gere-Film!) Kontakt aufgenommen haben soll. Er soll angeblich von dem Planeten Lanulos kommen und Derenberger wird sogar mit auf seinen Planeten genommen (Derenberger schrieb später sogar ein Buch über seine Begegnung). Das Unglaubliche: Einige Monate später hat ein Student in einem anderen Teil der USA ebenfalls Kontakt mit einem menschlich aussehenden Wesen, das ihm vom Planeten Lanulos erzählt und ihn ebenfalls dorthin mitnimmt. Nur kann der Student unmöglich etwas von Derenbergers Erlebnissen gewusst haben...So unglaublich diese Dinge auch klingen, es ist doch erstaunlich welche schiere Menge von Berichten eingegangen sind, die z. T. wirklich bis ins kleinste Detail - unabhängig voneinander! - übereinstimmten. Und das nicht von irgendwelchen Hinterwäldlern, sondern von Professoren, Ärzten, Anwälten, Studenten usw. - sogar Keel selbst berichtet von Erlebnissen der dritten Art, seien es Ufo-Beobachtungen oder geheimnisvolle Anrufe. Einer der Anrufer kann offenbar seine Gedanken lesen, weiß, wo er seine Sachen verstaut hat, was er gerade denkt usw. - so wie es im Film ja auch kurz mal dargestellt wird. Gleichzeitig entlarvt Keel aber auch viele Sichtungen der dritten Art als "Hypnose-Erlebnisse", die zu Halluzinationen führen. Eine große Rolle dabei spielt offenbar blendendes Licht, das bei Menschen, die leicht dafür empfänglich sind, schnell zu einem hypnoseartigen Zustand führen kann.
Alles in allem hat das Buch also nicht die Welt mit dem Film zu tun, aber es ist dennoch SAUinteressant, jedenfalls wenn man offen für solche Dinge ist. Es ist definitiv auch kein billiges, effektheischendes Buch auf Groschenroman-Niveau. Keel ist ein ernstzunehmender Autor und Forscher, der hier sehr genau und akkurat vorgeht und zu keiner Zeit einen unseriösen Eindruck erweckt.
Was übrigens dann wieder im Film genauso aufgegriffen wurde: Das Unglück mit der Brücke ist echt. 46 Menschen (im Film: 36) starben, die Ursache für die einstürzende Brücke konnte nie eindeutig nachgewiesen werden. Was aber klar ist: Unmittelbar nach dieser Katastrophe endeten die Mothman-Sichtungen in Point Pleasant...
Ach ja, was auch im Buch - und damit in Wirklichkeit - so war wie im Film: Diverse Zeugen berichteten von vorhergesagten Katastrophen, die dann auch wirklich eintrafen...wenn auch der Einsturz der Brücke - leider - nicht dazu gehörte...