01.11.2011 Regensburg (0)
Gefahren der Gosse:
Geschlechtskranke Jugendliche
Wir kennen das: Auch in einer Stadt und einem Landkreis wie Regensburg, wo die Welt noch in Ordnung ist, fragt man sich manchmal – was ist eigentlich mit dieser Jugend los? Kampftrinken und Raufereien vor den Diskotheken jedes Wochenende, Überfälle auf Gleichaltrige. Schon Zwölfjährige, die rauchen – schlimm steht es um die Jugend von heute.
Schuld sind oftmals die Eltern, die sich um ihre Sprösslinge gar nicht mehr kümmern. Soziale Verwahrlosung, oftmals auch Wohlstandsverwahrlosung, kann man an den sogenannten Center-Kids sehen, den Kindern und Jugendlichen also, auf die nachmittags niemand zuhause wartet – und die sich ihre Zeit in den Einkaufszentren der Stadt vertreiben.
Doch auch für die ewige Debatte um die verwahrloste Jugend kann man in einem Satz zusammen fassen: „Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche.“
Ein Abstieg ins Zeitungsarchiv fördert so mancherlei Interessantes zu Tage. In der Mittelbayerischen Zeitung vom 17. Mai 1950 etwa erschien ein Artikel, der belegt, wie die Erwachsenen vor 60 Jahren die Jugendlichen der damaligen Zeit sahen. „Jugend durch die Gasse gefährdet“ war der überschrieben. „Geh Bene, verschwind ma – i hob scho zwoa Zigarett’n kriagt’, sagt ein blasser Zwölfjähriger zu seinem schmächtigen Altersgenossen“ – so beginnt der Artikel. Und weiter: „Vor dem Jugendrichter stehen fünf Kerle im Alter von elf und zwölf Jahren. Sie haben so ziemlich alles geklaut, was nicht niet- und nagelfest war. Den leichten Erwerb brachten sie spielend, trinkend und rauchend durch. Eine andere Bande arbeitete schon perfekt mit Dietrichen, hatte ihre jüngeren Schmieresteher, Laden- und Schaufenstereinbrüche und Opferstockmardereien bereichern ihre Deliktenliste“, heißt es in der mehr als 60 Jahre alten MZ.
Doch natürlich gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen den Problemen der Jugendlichen von heute – und denen von damals. Der Autor jener Zeilen aus den 50ern beschreibt eine Nachkriegs-Problematik: Die jungen Menschen von damals hatten nichts – ihre Eltern nur wenig. Doch vieles von dem, was beschrieben wird, erinnert auch an heutige Diskussionen: „Viele Eltern können sich um ihre Kinder nicht in dem Maße sorgen, wie das der Fall sein sollte“, heißt es in dem Artikel. Und weiter: „Verschiedentlich besäuft sich der Vater auswärts mit einer Freundin, läßt seine Abneigung am zuhause der Mutter spüren. Die Jugend steht zwischen beiden Welten und ist in der Freizeit sich selbst überlassen.“ Heute trennen sich die Partner vielleicht gleich.
Scheidungskinder sitzen heutzutage auch zwischen den Stühlen. Die Ursache ist dieselbe: Zerrüttete Familien, mangelnde Liebe und Zuneigung.
Gravierende Unterschiede gibt es dennoch zwischen den Jugendlichen aus den 50er Jahren und denen heutzutage. Heute sind es Themen wie Cybermobbing, wenn – wir berichteten vergangene Woche – Nacktbilder im Internet verbreitet werden, um andere zu diffamieren.
Ein anderes Problem dürfte sich derweil erledigt haben, das den Journalisten aus den 50er Jahren umtrieb: „Im Jahr 1949 mussten 355 geschlechtskranke Minderjährige zur ärztlichen Behandlung eingewiesen werden“, heißt es. Unsere Eltern und Großeltern waren also keineswegs Lämmer. Sie waren wohl nur schlechter aufgeklärt als die Jugendlichen heutzutage …
Autor: Christian Eckl
http://www.wochenblatt.de/nachrichten/regensburg/regionales/Geschlechtskranke-Jugendliche;art1172,75171