Nobody Knows (Dare mo shiranai)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline nemesis

  • In der Vergangenheit lebender
  • Die Großen Alten
    • Videosaurier
      • Show all replies


    Nobody Knows
    (Dare mo shiranai)
    (dt. Übersetzung: "Niemand weiß es")

    Japan 2004

    Die Mutter Keiko zieht mit ihrem Sohn Akira in ein kleines Apartment in Tokyo ein. Was weder die Nachbarn noch die Vermieter wissen: Sie hat noch drei weitere Kinder, die sie erst später in der Dunkelheit in die neue Wohnung schmuggelt (zwei davon in Koffern). Die Regeln sind klar: kein Kind darf die Wohnung verlassen ausser Akira. Und wenn eines gesehen werden sollte, ist es nur ein Besucher. Somit besucht auch keines der Kinder die Schule. Offenbar gab es in früheren Wohnungen schon Probleme. Schuld daran dürfte unter anderem der unstete Lebenswandel von Keiko sein. Keines ihrer Kinder hat den gleichen Vater.





    Zu Beginn scheint die Welt noch in Ordnung. Nur, dass Keiko oft sehr spät "von der Arbeit" nach Hause kommt. Aber sie scheint sich ansonsten um die Kinder zu kümmern. Bis sie von einer "Geschäftsreise" nicht zurückkehrt. Sie schickt den Kindern einen Brief und Geld, doch das hält nicht lange vor. So sieht sich Akira in der Zwangsrolle des Familienoberhauptes - woran er im Grunde schon gewöhnt ist, da seine Mutter schon früher nicht immer Zeit für ihre Familie hatte. Akira versucht, Arbeit zu finden. Doch dafür ist er zu jung. Jedoch versorgt ihn jemand in einem Lebensmittelgeschäft heimlich mit Essen, so gut es geht. Akira versucht auch, Anschluss an Gleichaltrige zu finden, was ihm mangels Schulbesuch schwer fällt. Doch die neuen Bekanntschaften währen nicht lange, als sie die zunehmend verwahrloste Wohnung sehen. Trotz aller Anstrengungen gerät die Situation zunehmend ausser Kontrolle.



    Da bald Strom und Wasser abgestellt werden, müssen die Kinder ihre Wäsche am Wasseranschluss eines Spielplatzes waschen. Dort treffen sie Saki, etwa im gleichen Alter wie Akira. Sie ist Schülerin und Aussenseiterin, die von ihren Klassenkameraden immer gehänselt wird. In ihrer Rolle findet sie schnell Anschluss an die verlassene Familie und versucht sogar, sie finanziell zu unterstützen. Als Akira jedoch sieht, dass sie Geld verdient, in dem sie mit älteren Männern "Zeit verbringt", lehnt er ab. Zum Sozialamt oder der Polizei will er auch nicht gehen, da die Familie dann getrennt würde. So sind sie gezwungen, sich auf sich allein gestellt durchzuschlagen. Und das wird immer schwerer. Und hat auch bald schon tragische Folgen.


     
    Nobody Knows basiert auf einer tatsächlichen Begebenheit aus dem Jahre 1988 und macht betroffen. Man ist fassungslos und fragt sich, wie eine Mutter ihre Kinder einfach so ihrem Schicksal überlassen kann. Hirokazu Koreeda (After Life) nahm sich dieser Geschichte mit einem fast schon dokumentarischen Stil an. Gänzlich ohne die Drama-Keule und falschen Pathos. Vielmehr begleiten wir die Kinder auf ihrem Leidensweg wie Betrachter der Wirklichkeit. Getragen wird dies durch das (oftmals improvisierte) Spiel der Kinderdarsteller, die ungemein glaubwürdig agieren. Yuya Yagira (Akira) bekam 2004 in Cannes sogar den Preis als bester Schauspieler. Um so erschreckender, dass er in Shock Labyrinth 3D so grauenhaftes Overacting hinlegte. Hier jedoch überzeugt er gänzlich.

    Nobody Knows. Niemand weiß es. Niemand will es wissen. Die Kinder sind Opfer einer Gesellschaft, die die Augen vor dem Schicksal anderer verschließt und sich der städtischen Anonymität hingibt. Und der Tatsache, dass man sich nicht einfach so in die Angelegenheiten anderer einmischt. Was hier fatale Folgen hat. Und es ist kein rein japanisches Problem. Dies sind schon globale Zustände. Doch erhebt Koreedas Film nicht den Zeigefinger. Vielmehr regt er zum Nachdenken an. Er urteilt nicht, sondern zeigt nur auf. Es ist dem Zuschauer überlassen, darüber zu urteilen. So schuf er ein unaufdringliches Werk, das auf Missstände hinweist, ohne plakativ zu sein.

    Ein intimer Film. Authentisch. Nachdenklich. Ruhig und behutsam. Und eine unbedingte Empfehlung.

    Gesichtet wurde die UK-DVD von ICA Projekts:
    http://www.ofdb.de/view.php?page=fassung&fid=59250&vid=131802
    Ordentliche Qualität, jedoch keinerlei Extras.

    Es gibt auch eine dt. VÖ von Sunfilm:
    http://www.ofdb.de/view.php?page=fassung&fid=59250&vid=149469
    Hier finden sich zwar ein paar Extras, die Filmqualität soll allerdings suboptimal sein.

    Trailer:
    Der Kommentar "am Ende fühlen wir uns nachdenklich und ungewöhnlich heiter" lässt mich allerdings den Kopf schütteln.


    Offline nemesis

    • In der Vergangenheit lebender
    • Die Großen Alten
      • Videosaurier
        • Show all replies
      Ah endlich gesehen. :P - Das Review klingt (auch) mal wieder nach gekauft. :neutral:

      Was den Kommentar im Trailer betrifft, vielleicht ist damit gemeint, das es solche Umstände hier nicht besonders oft gibt ? Auch wen dem nicht so ist.

      Der Kommentar stammt aus den Staaten. Vielleicht ein zynischer Kriegsveteran...  :roll: :uglylol: