Albert Pyun ist freilich nicht für die hochwertigsten Streifen der Filmgeschichte berühmt, aber man muss ihm auch zu Gute halten, dass er teilweise durchaus gut was aus seinem begrenzten Budget herausgeholt hat!
Als Kind wusste ich über den Jung noch rein garnix, und daher spielt auch all das keinerlei Rolle bei meiner Liebe zu seinem Endzeit-B-Trasher CYBORG! Als meine Mutter den Streifen seinerzeit aus der Videothek für mich holte, war ich zarte 12 Jahre alt, und sie wusste nicht, welch Kleinod sie mir da präsentierte! Sie ging anhand von Van Damme auf dem Cover natürlich von nicht soviel Gewalt aus, da ihr dieser lediglich aus Karate Tiger und Karate Tiger 3 bekannt war, sonst wäre mir der Genuss des Films auch noch ein paar Jahre versagt gewesen – aber glücklicherweise haute ich mir so den Spaß gleich dreimal an einem Tag rein.
Wie dem auch sei, die Handlung dürfte mittlerweile jedem bekannt sein, falls nicht, hier ein kurzer Abriss.
Die Welt wie wir sie kennen wurde von einer unbekannten Seuche dahingerafft. Alles liegt brach, und der Mensch fristet ein Dasein aus Dahinsiechen und um sein Leben kämpfen. Pearl ist ein Cyborg, mit der Formel für ein Heilmittel im Kopf, nur muss Pearl nach Atlanta gebracht werden, wo die Forscher am herumexperimentieren sind. Der Slinger, der dies übernehmen soll, wird schnell von Fender und seinen Piraten getötet, und Pearl gefangen genommen. Gibson Rickenbacker ist ebenso ein Slinger, und er hat noch eine Rechnung mit Fender offen. Zusammen mit einer jungen Begleiterin macht sich Gibson auf die Jagd nach den Piraten.
Wie immer war Pyuns Budget sichtlich klein, aber in meinen Augen hat er die apokalyptische Stimmung der zerstörten Welt von einst hervorragend eingefangen. Alles ist öde, zerstört und verlassen. Vornehmlich wurde in alten Industrieanlagen gedreht, und auch das martialische Aussehen der Bewohner und vor allem der Piraten, tut sein Übriges. Die Waffen beschränken sich auf Hieb- und Stichwaffen, sowie einige luftdruckbetriebene Schusswaffen, und das eigene körperliche Können. Somit sind die Strukturen klar gesteckt, und das Muntere Töten kann beginnen. Gewaltmässig macht Pyun hier teils auch keine Gefangenen, und es geht nicht gerade zimperlich zur Sache, wobei die deutsche Fassung beim erscheinen auch neben der Indizierung auch noch minimale Kürzungen aufwies.
Nun war aber schon recht früh bekannt, dass Pyun nicht den finalen Cut des Films anfertigen durfte. Nach Van Dammes Erfolg mit seinen ersten Filmen, wollte man ihn mit CYBORG weiter pushen, und man fertigte eine alternative Fassung an, die mit völlig anderer Musik unterlegt war, als Pyuns gewünschte Fassung. Lange wurde spekuliert und gerätselt, Gerüchte in die Welt gesetzt und gemunkelt. Es gäbe eine 120-minütige Fassung des in der Kinofassung gerade mal um die 75 Minuten laufenden Streifens, die Gewalt wäre komplett geschnitten, Van Damm hätte im alternativen Cut lediglich eine große Nebenrolle und und und. Seit Kurzem ist zumindest ein paar der Gerüchte der Garaus gemacht, denn was ich nie für möglich gehalten hätte: Pyuns Cut ist in kleinster Auflage in O-Ton und VHS-Bildqualität auf DVD erschienen!
Allen Spekulationen vorzubeugen, von jenen, die den Film in dieser Fassung noch nicht gesehen haben, versuche ich hiermit mal etwas die Luft zu nehmen. Gewaltmässig ist sie ein gehöriger Rückschritt gegenüber der Kinofassung! Ebenso beträgt die Laufzeit inklusive Abspann genau dieselbe Zeit, wie die uns bekannte Version! Also nichts mit zwei Stunden Endzeit-Epos aus Pyunscher Feder! Natürlich muss man hier sagen, dass es sicher nicht Pyuns FINALE Version war, lediglich jene, die er angefertigt hatte, bevor man ihm die Schnittvollmacht entzog! Wieviel da noch verändert worden wäre, weiß also der Geier, oder eben uns Albert selbst. Viel geschwafelt hat er im Internet zu seinen Filmen ja immer.
Hier ist es nun so, dass das Bild die meiste Laufzeit definitiv anschaubar ist, anders als bei den meisten Workprints. Es ist nun mal keine fertige Fassung, und lediglich einige ganz wenige Szenen weisen eine schlechte Qualität auf. Gänzlich anders ist die Schnittfassung auch nicht, obwohl sie doch ein paar andere Schnittfolgen und Änderungen in ganzen Szenen beinhaltet.
Zu Beginn entfällt sogleich das eingeblendete, gemalte Bild der zerstörten Stadt, mit dem Monolog von Fender. Dies weicht Gibson am Kreuz mit einigem Gebrabbel seinerseits, um dann direkt bei der bekannten Stelle, mit Pearls Aufbruch, einzusteigen. Bei den Fights zwischen dem Slinger und den Piraten, bis zur Ergreifung von Pearll und dem Verschütten von Gisbon gibt es diverse Umschnitte, die teils ganz anders als in der KF von Statten gehen. Auch danach als Gibson in der Ruine die Kleine wieder befreit, gibt es im Grunde fast nur gänzlich andere Perspektiven des Kampfes und auch der kompletten Szene. Weggelassen wurde zu meinem Erstaunen komplett, wie Fender und die Piraten das Dorf überfallen um das Boot zu kriegen. Auch die Szenen im Boot mussten fast gänzlich weichen. Die Erinnerungen Gibsons an den Tod der Familie ist komplett anders geschnitten und anders im Film verteilt. Der Weg zum ersten Zusammentreffen mit Fender, der mit der Kreuzigung endet, ist abermals ganz anders in den Szenenfolgen und den Fights – zumal Gibson hier vor der Kreuzigung nicht nur von Fender bearbeitet wird, sondern maßgeblich von den Piraten, dann erst vom Chef persönlich. Auch muss man hier sagen, dass die Fights ALLE in sämtlichen blutigeren Szenen entschärft wurden! Das zieht sich meiner Ansicht nach bis in den Endfight, der hier etwas ausführlicher wirkt, wenn Gibson die Piraten zerdrömmelt, aber dann auch viel kürzer, wenn er sich mit Fender beschäftigt. Der finale Kill von Fender unterscheidet sich dann doch komplett von dem der KF – ihm wird das Messer reingerammt, und bis unters Kinn durchgezogen – allerdings abermals weit weniger grafisch, als sich das hier anhört.
Insgesamt bin ich sehr Zwiegespalten von der lang ersehnten Pyunschen Ausgabe des Endzeit-Krachers. Einerseits ist dies garantiert nicht die Version, von der Pyun jahrelang immer wieder was im Netz palawert hat, ebenso die besagte abgemilderten Gewaltspitzen, andererseits sehe ich hier Potential, was bei der KF verschenkt wurde.
Natürlich sind die Charaktäre hier nicht anders, als sie es in der KF sind! Gibson und Fender stehen im Mittelpunkt, Pearl dient nur als Mittel zum Zweck der Geschichte, und der weibliche Sidekick (immer wieder saulecker: Deborah Richter!) ist immer noch nur Beiwerk. Allerdings gefallen mir die Perspektiven der Fights hier fast allesamt besser, als die in der KF, und wären mit den fehlenden Gewaltspitzen zusammen meine favorisierte Fassung gewesen! Alles wirkt irgendwie ein wenig besser abgestimmt, wobei man die Dorfszene einfach nicht hätte weglassen sollen. Leider erfährt man in dieser Fassung dann doch noch weniger über weitere Gewaltszenen, die einfach nur logisch sind! (Dorfszene erweitert, der Drehkick von Van Damme im Wasser, bei dem in Zweitlupe abgespielt dem Gegner definitiv der Kopf wegfliegt in der KF…) Darauf hatte ich gehofft, wurde nicht erfüllt. Wäre aber wie gesagt auch darauf zurückzuführen, dass dies nicht die letzte Fassung des Films ist.
Kommen wir zur Musik. Diese besteht hier aus einem eher Hardrock-angehauchten Stück in ein oder zwei Abwandlungen. Passt meiner Meinung nach an vielen Stellen sehr sehr gut, an manchen leider überhaupt nicht. Dafür ist das Instrumental der KF einfach ein Hammer, und nach wie vor einfach stimmiger für den Film! Wobei ich mich wirklich nicht entscheiden könnte, weil der „neue“ OST teilweise einfach besser in einen 80er B-Movie passen will.
Unterm Strich wird es nun dann wohl keine finale Version dieses Kindheitsstreifens für mich geben, und ich muss mit beiden Fassungen leben. Insgesamt gesehen schade, aber die martialische Endzeitschlacht Gibson vs. Fender wird für immer einen hohen Stellenwert bei mir einnehmen, ganz egal, wie müllig der Film für die meisten sein mag.
Es bleiben bei beiden Fassungen, trotz der Abstriche in der neuen Fassung
stehen!