Buchrezensionen

Gast · 1193 · 179172

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

jerry garcia

  • Gast


Shane McKenzie. Onkel Pete, Fischer aus Berufung und ziemlich schräg, steuert Ben und seine Jungs an eine geheime Stelle mitten im Meer, damit sie einmal so einen richtig fetten Brocken aus dem Meer holen. Dort entpuppt nicht nur er sich als mörderischer Psycho, sondern der gesamte Ozean dreht plötzlich durch. Das Wasser brodelt vor monströsen Kreaturen aus der Tiefe, ihre Körper sind verkrustet mit seltsamen Seepocken, aus denen gierige Tentakel nach allem greifen, was einen Puls hat.

Der Fischer Peter erfährt am Telefon, dass sein Bruder Sean, der das Dorf ihrer Geburt schon vor Jahren Richtung Stadt verlassen hat, verstorben ist. In seiner Pein schnappt er sich seinen ängstlichen Sohn Aaron und fährt mit ihm hinaus zu seinen sturmumtobten Fanggründen. Als der Junge beinahe über Bord geht, kann Pete ihn gerade noch so fassen. Doch zu spät - nur die untere Hälfte des Jungen bleibt in seinen Händen zurück. Der Rest wurde von einem mit Seepocken bedeckten Ungeheuer des Meeres abgebissen und in die Tiefe gezogen. Pete kehrt mit den Überresten des Jungen nach Hause zurück und seine Gattin übersteht die Konfrontation mit ihrem schier wildgewordenen Ehemann nicht. Monate später. Pete führt zwei Kollegen zu scheinbar unerschöpflichen Fanggründen. Sie sind zwar misstrauisch, weil Pete sich wieder verdrückt, bleiben aber dennoch vor Ort. Fataler Fehler. Und in der Stadt freuen sich Ben, sein bester Kumpel Gentry, die beiden Kiffer Manuel und Cobb auf einen Trip zu Bens Onkel Pete und einen feucht-fröhlichen Angelausflug mit dessen Boot. Dass Bens Bruder Clyde, selbst süchtiger Drogendealer, und dessen Freundin Emma auch mitkommen, behagt ihnen weniger, da Clyde öfter mal austickt. Dennoch machen sie sich auf den Weg, ohne zu ahnen, dass der liebe Onkel mittlerweile zwei weitere Kollegen in die Falle gelockt hat. Als sie in dem Fischerdorf ankommen, deucht ihnen bald, warum Sean das Kaff verlassen hat. Verfallen, nach Fischinnereien riechend und kein Anblick für verwöhnte Städteraugen liegt dieser marode Ort vor ihnen. Und auch Pete sieht nicht gerade vertrauenswürdig aus. Bei der ersten Begegnung besoffen, Frau und Kind angeblich weg, weil die Lady es nicht mehr bei ihm ausgehalten hat. Man hat Verständnis, will sich den Aufenthalt nicht vermiesen lassen. Also fährt man unter fröhlichem Gelächter und einigen schlüpfrigen Witzen raus aufs Meer, immer dem Kurs nach, den Pete vorgibt. Was sie dann in den Fanggründen sehen und erleben müssen, ist das Grauen pur.

Schon gleich zu Beginn skizziert Shane McKenzie eine zerrüttete Familie am Rande des Existenzminimums. Der Tod seines Bruders knickt Pete ganz schön, aber als er dann auch seinen Sohn an die See verliert, fischt der Verstand des Fischers endgültig im Trüben. Doch auch sein Bruder Sean scheint die Flucht nicht wirklich bekommen zu sein. Man kann nur andeutungsweise herauslesen, dass auch er kein Gewinner war und sein Sohn Clyde ist genau das, was man sich unter einem brutalen, drogenvertickenden Hinterwäldler mit niederem Bildungsniveau und exzessivem Hang zur eigenen Ware vorstellt. Bruder Ben scheint da wenigstens halbwegs normal geraten, Clydes Freundin ist so eine Mischung aus blöder Trine, die sich an den stärksten Affen des Rudels hält, um mit ihm anzugeben und unter seinem Schutz zu stehen, winselt aber über die Behandlung, die er ihr angedeihen lässt. Als Sympathieträger können in der Geschichte höchstens die beiden Kiffer Manuel und Cobb hervorgehoben werden, weil sie derart Klischee sind, dass man sie sofort als Opfer im sinn hat, und Gentry, der wohl der unglücklich verliebte Pimpf der Gruppe ist und eigentlich nur wegen Ben den ganzen Mist auf sich nimmt -  beste Freunde halt. Zum letzten Drittel hin nimmt die Story Fahrt auf, das Geschehen wird gruselig und verdammt blutig. Fesselnd, mit einigen detailliert beschriebenen Fressorgien und Monstern, die man so bisher noch nicht gesehen/gelesen hat. Man lernt, dass die Seepocken eine ganz andere "Krankheit" sind als die Pocken, die die Menschheit bisher in den vergangenen Epochen so geplagt hat. PETA und sonstige Tierfreunde sollten von dem Buch Abstand nehmen, es würde ihnen sicher nicht gefallen. Vegetarier und gar die nur durch für Krankenkassen und somit Beitragszahler kostspielige Vitaminpräparate am Leben gehaltenen Veganer wären hier auch einem unsäglichen Grauen ausgesetzt. Zartbesaitete Leser sollten den Festa-Verlag langsam kennengelernt haben und wissen, was auf sie zukommt. Für Fans ist gerade dieses letzte Drittel ein Festa-Fest (Okay, das musste jetzt einfach sein), ein unbändiger Blutrausch, der ein Ende nimmt, das man nicht wirklich als "Happy" bezeichnen kann. Hier und da mal Klischees verbraten, dafür aber sehr flott zu lesen, mit einem Prolog, der dann in ein vorbereitendes Szenario übergeht, das mit vielen eher flachen Figuren aufwartet, die dann aber in ein wahrhaft blutrünstiges Finale mit einer Menge Ungeheuer münden, das für das Phänomen aber nur eine softe Erklärung, eine Vermutung bietet. Vielleicht kommen die Parasiten ja wieder. Typischer Shane McKenzie, der aber für mich nur die Beilage für "Das Ding aus einer anderen Welt" ist. Dem kann er nicht das Wasser reichen, trotz der Location.


jerry garcia

  • Gast


Philip Kerr. Griechenland im Hochsommer: Die Sonne brennt, auf den Rängen im Hexenkessel des Karaiskakis Stadions toben die Fans. Scott Manson und sein Team vom skandalträchtigen Erstligisten London City wollen nur das Champions League Spiel gewinnen und nichts wie zurück ins kühle England. Da bricht Scotts Topstürmer vor laufenden Kameras tot zusammen. Die griechische Polizei stellt die gesamte Mannschaft unter Verdacht, und der ukrainische Clubchef und Ex Mafiaboss Sokolnikow verlangt schnelle Aufklärung. Doch als wenig später ein totes Escortgirl aus dem Hafenbecken von Piräus gefischt wird, weiß Scott, dass der Schuldige nicht unter seinen Spielern, sondern in der Chefetage von London City zu finden ist. Ein Spiel gegen den Gegner aus den eigenen Reihen beginnt.

Scott Manson kennt die Probleme, die man als Vereinstrainer hat, wenn dieser Club von einem reichen Besitzer abhängig ist. Da wird gekauft und verkauft, ohne den Trainer zu fragen. Es werden Entscheidungen getroffen, an denen er nicht mitwirken durfte. Da genießt er den Urlaub in Berlin mit Freundin Louise besonders. Und das Fachsimpeln mit dem deutschen Trainer von Hertha BSC wird ihm auch von Nutzen sein. Der lädt ihn zu einem Freundschaftsturnier in Griechenland ein, wo die Hertha um den dortigen Schliemann-Cup spielt. Doch zuvor müssen einige Freundschaftspiele mit London City in Russland ausgetragen werden. Man lernt schnell die russische Gastfreundschaft kennen. Der jüdisch-arabische Spieler Soltani wird verhaftet und aus dem Land gewiesen, Bekim Develi gibt ein extrem Putin-kritisches Interview und dann zofft er sich in der Kabine mit dem afrikanischen Neuzugang Prometheus, der sich abfällig über Schwule äußert - im Beisein des deutschen Spielers Christoph, der ja bekanntlich homosexuell ist. Danach die Reise nach Griechenland zum Turnier der Hertha. Was dort abgeht, übertrifft die Hetze in Russland noch. Anti-deutsch wäre noch ein wohlmeinendes Wort für die Stimmung. Und in diesem Hexenkessel soll man das erste Quali-Spiel für die Champions-League austragen. Kaum da, geht der Zinnober auch schon los. Ständige Störfeuer in der Vorbereitung, Krawall aller Orten. Der Spieltag. Die Mannschaften laufen aufs Feld, das Match wird angepfiffen. Und als Belim Develi ein Tor schießt, bricht er kurz nach seiner Jubelarie zusammen. Er wird ins Krankenhaus gebracht. Herzstillstand. Das Spiel wird abgebrochen, aber am Folgetag fortgesetzt. Inzwischen ist Develi verstorben und die Mannschaft verstört. Man verliert mit 1 : 4. Und muss in Griechenland bleiben, weil die Untersuchungen zum Tod des Spielers noch laufen. Und als dann ein Excort-Girl tot im Hafen gefunden wird, ist schnell von Mord die Rede. Und Scott Manson ist wieder als Detektiv gefordert. Er läuft sich die Hacken ab und bekommt viel Hilfe von griechischer Seite. Panathinaikos-Anhänger, die Olympiakos leidenschaftlich hassen, unterstützen ihn, wo es nur geht. Und während der sich alles zusammenpuzzeln muss, wundert er sich über die Lebenseinstellung der Griechen, ihren Hass auf die Deutschen und die Korruption im Land. Erfährt aber dazu auch viel über Praktiken im Geschäft Fußball, an die er trotz seiner bisherigen Erlebnisse nicht glauben wollte.

Mit spürbarer Freude stänkert Philip Kerr gegen das System im Fußball, lässt aber auch an vielen Spielern kein gutes Haar. Ein Freund oder Fan von David Beckham ist er vermutlich nicht und die Anekdote die er einbringt, macht das verständlich. Wollte doch Beckham dereinst nur mit Mütze trainieren, damit die Medien seine neue Frisur erst am Spieltag sehen konnten. Fand Alex Ferguson damals nicht wirklich amüsant. Und die FIFA? Müssen ja schon 1986 mit "Korruptionsblindheit" geschlagen gewesen sein, als sie damals den "Hand-Gott" Maradona zum Spieler des Turniers machten - einen Betrüger. Philip Kerr serviert einen schönen Eintopf mit exquisiten Zutaten an Dämlichkeiten der sogenannten Profis. Nach seinem Protagonisten Manson ist die Intelligenz eines Spielers an den Rechtschreibfehlern n seinen Tattoos zu messen. Aber auch hinter den Kulissen brodelt es. Milliardäre, die sich Mannschaften als Hobby halten oder Spieler als Abschreibungsmasse nutzen. Daneben ein bisschen gegen die Amis gehetzt (Wo kann man diese Ahnungslosen, die jedes Spiel oder jeden Sport mit Show aufpeppen müssen, damit ihnen die Zuschauer, die eh unter andauernder Bildungs- und Konzentrationsschwäche leiden, nicht wegpennen) und kleine Boshaftigkeiten wie folgende. Zitat: "Fußball, Mann! Die letzte Möglichkleit, sich legal einen Afrikaner zu kaufen." Zitat Ende. Zu welch Blödheiten sogenannte Profis fähig sind, wurde ja letzt erst auch in Deutschland unter Beweis gestellt. Diese Protagonisten kommen jedenfalls auch im zweiten Buch um Scott Manson sehr schlecht weg. Und auch das Geschäftsgebaren rund um den Fußball erfährt seine Kritik. Die Fans sind doch mittlerweile nur noch ein Nebenprodukt. Ob es nun um die Selbstdarsteller mit Twitter-Account und Facebook-Seite (Hier ein Lob an Sandro Wagner vom SV Darmstadt 98 für seine Äußerungen zu dem Mist. Nicht im Buch, sondern in einem Interview vor einiger Zeit.) geht, denen die Frisur und das Image wichtiger ist, als ihr Beruf oder um die Vorstandsetagen, in denen mit Geldern jongliert wird, wie in höchsten Wirtschaftskreisen. Wenn diese Klubs ihre Zahlen veröffentlichen, dann frag ich mich, warum die für die massiven Polizeieinsätze rund um ihre Spiele angeblich kein Geld haben. Neben Beckham werden auch andere Namen aufgetischt wie z. B. Ferdinand, der hier als rabiater Vinnie Jones-Verschnitt seine "Widmung" bekommt. Und the Special One darf in einem Buch über Fußball nicht fehlen. Schachfiguren, Popstars, Eitelkeiten, Milliardärs-Poker, Bösartigkeiten - blitzgescheit präsentiert, dem Fußball nen Spiegel vors Gesicht gehalten und dann noch kräftig in den Arsch getreten. Und danach geht es Richtung Politk und Auswüchse der Fanszene. Griechenland, schon seit langen Jahren ein Hort von überbordender Gewalt und Korruption im Fußball-Geschäft. Und jetzt noch Pleite, von den Deutschen nach eigener Auffassung im Roman misshandelt und mit einer neuen Form der Diktatur zum Sparen gezwungen. Griechenland, eine Nation, die es sogar schafft, deutsche Tranigkeit zu überbieten. Wenn in Detuschland eine Gemeinde und selbstverständlich deren teilweise recht unverschämten Mitarbeiter oder Bürgermeister, es innerhalb von sechs Monaten nicht schaffen (wollen), einen Grundstücksverkauf und die Umschreibungen auch auf steuerlicher Ebene hinzubekommen, dann brauchen die Griechen dafür Jahre. Die Deutschen sind für die nur "Malakas" (Wichser) und gearbeitet wird nur gegen "Fakelaki" (Schmiergeld) und dann auch noch gestreikt. Der Autor sieht seine Roman-Griechen wohl etwas anders als diese sich selbst. Aber das gilt ja auch für die Fußballer. Und so ganz nebenbei wird auch die beginnende Flut von Flüchtlingen erwähnt, in der sich die Griechen allein gelassen fühlen im Jahr 2015, dem Entstehen das Buches. Und in diesem Mischmasch aus Fußball, Geschäft und Politik muss auch noch ein Kriminalfall gelöst werden. Und auch das passiert eher nebenbei. Zudem ist die Lösung für mich trotz der vielen Verdächtigen und Spuren einerseits ziemlich an den Haaren oder der Perücke (je nach Haarpracht halt) beigezogen, andererseits aber wieder derart entlarvend, dass man sich vom Sportgeschehen (Denn wer glaubt, dass es in anderen Sportarten, in denen es auch um Geld geht, ehrhafter abläuft?) am liebsten distanzieren möchte. Die Auswüchse in der Rechtevermarktung sind ja ebenfalls derart sprunghaft angestiegen, dass man bald auf die Idee kommt, die Sportler und ihre Manager sowie die ganzen Vereine und Mannschaften in den Spitzenregionen wollten nur nich für eine Elite spielen, die ihre horrenden Forderungen erfüllen kann. Trotz einer etwas unpassenden Auflösung ist das Buch wieder ein ganz starkes Stück von Philip Kerr, in dem er die Machenschaften rund um den Fußball und die Geldgier, die mittlerweile Einzug gehalten hat, massiv aufs Korn nimmt. Wieder sehr gut geeigent für Fans und Gegner dieses Sports.


jerry garcia

  • Gast


John Grisham. Sebastian Rudd ist kein typischer Anwalt. Seine Kanzlei ist ein Lieferwagen, eingerichtet mit Bar, Kühlschrank und Waffenschrank. Er arbeitet allein, sein einziger Vertrauter ist sein Fahrer, der zudem als Leibwächter und Golfcaddie fungiert. Sebastian Rudd verteidigt jene Menschen, die andere als den Bodensatz der Gesellschaft bezeichnen. Warum? Weil er Ungerechtigkeit verabscheut und überzeugt ist, dass jeder Mensch einen fairen Prozess verdient.

Sebastian Rudd hat seine Kanzlei tatsächlich in einem Van und einen Fahrer, der auch als Bodyguard und als Kumpel fungiert. In seinem ersten Fall des Buches soll er einen Jungen verteidigen, den die ganze Stadt schon schuldig gesprochen hat und der kein faires Verfahren erwarten kann. Der Junge ist einer der Außenseiter, die nicht aussehen wie es die Masse gerne hätte, die von den Medien und der Werbung vorgegaukelt bekommt, was normal zu sein hat. Der Junge hat keine Chance. Doch Rudd will sie ihm geben. In einem weiteren Fall geht es um einen Schwerstkriminellen, den Rudd verteidigt  hat und der kaum um die Todesstrafe herumkommt. Noch während der Anwalt bei seinem Mandanten in Knast ist, gibt es in der Stadt an unterschiedlichen Orten Explosionen. Der Verdacht, dass sein Mandant dahintersteckt, wird dadurch genährt, dass es Gerichtsgebäude und andere Orte trifft, die mit der Verurteilung des Gangsters zu tun haben. Ein ganz perfider Fall ist der, in welchem die Polizei mit einem Schweraufgebot eines SWAT-Teams das Haus eines Ehepaars stürmt, bei der Gelegenheit vorgeht wie bei einem Terroreinsatz und die Frau des Hauses sowie die Haustiere tötet, den Mann schwer verletzt und das Haus beschädigt. Problem 1: Es war das falsche Haus. Problem 2: Der Mann hat sich im Glauben, dass er überfallen wird, mit einer Schusswaffe gewehrt und einen der Eindringlinge leicht verletzt. Leider existiert ein Gesetz, das den Mann auch dann bestraft, wenn er sich nur gewehrt hat. Weil er einen Polizisten angeschossen hat.

Zum Klappentext hatte ich schnell die Vermutung, dass man hier klar auf den Erfolg von Michael Connellys "Lincoln Lawyer" zielte und zudem den Herrn Anwalt als einen hehren Kämpfer für das Recht darstellen wollte. Ob das in der Absicht des Autors lag oder nur des veröffentlichenden Verlages, ist mir nicht bekannt. Doch während die erste von verschiedenen Geschichten, die wie einige Anekdoten aus dem Arbeitsleben eines Anwaltes skizziert sind, ihn auch wirklich noch als einen Mann erscheinen lässt, der diesem armen Jungen sein Leben retten will, während er von allen schon verurteilt und durch die Medien getrieben wurde, wie ein Teufel in Menschengestalt. Hier geht es wirklich um Gerechtigkeit. Schon der zweite Fall ist anders konzipiert. Auch wenn der Gangsterboss ebenfalls ein Recht auf anwaltliche Vertretung hat, ist Mr. Rudd hier auch auf reichlich Geld und Ruhm aus. Diesen erhofft er sich besonders vom Fall des Mannes, dessen Haus gestürmt wurde. Hier agiert Rudd wie einer dieser Schadenersatzaasgeier, die in Krankenhäusern auf Unfallpatienten lauern, um einen Prozess führen zu können und die Verletzten noch auf den Bahren ansprechen. Und beim Prozess seines MMA-Proteges wird ganz deutlich, dass hier der Eigennutz regiert. Sympathieträger ist Rudd nur bedingt. Aber das unterschiedet ihn auch von den vielen - nicht allen - Heroen in der Schriftstellerlaufbahn des John Grisham. Nach zu vielen belanglosen Geschichtchen über Pro-bono-Junganwälte, die alle so gut, lieb, nett und sympathisch waren und denen er zumeist nur mit einem kleinen Fall, der als Thriller aufgebauscht wurde, ohne solche Elemente zu enthalten, und viel Lokalkolorit plus extrem polierten Nichtigkeiten zu 450 Seiten Desinteresse auf Seiten des Lesers verhalf, ist Rudd in "Der Gerechte" zwar nicht gerecht, aber eine Figur mit Ecken und Kanten, eigensinnig, egoistisch und von sich eingenommen. Einer, der sich nicht scheut, sich die Finger schmutzig zu machen, aber auch einer, der Angst hat, dass einer seiner unterlegenen Mandanten oder die bloßgestellte Polizei auf Rache aus sind. Und je weiter man als Leser in dem Buch vorankommt, umso mehr erfährt man über irrsinnige Gesetze, Vertuschung, Korruption (und dass auch Herr Anwalt sich dieser Mittel durchaus bedient, um zu gewinnen), Drohungen und Eischüchterungen, Vorteilsnahme und Ignoranz, Vorurteile und auch Rassismus. Es entstand für  mich zwar der Eindruck, dass hier zugunsten des Protagonisten in Boulevard-Presse-Manier einige seiner Gegner überzogen schlecht dargestellt wurden, sodass dieser trotz eigener Mängel und Verfehlungen immer noch als einzig Gute in diesem Roman wirkt, doch gerade der Prozess gegen den Hausbesitzer zeigt die Perversität mancher US-Gesetze und wie die Justiz und die Polizei ihre Fehler vertuschen wollen. So ist die erste Hälfte von "Der Gerechte" im Flug konsumiert, so schnell wie schon lange kein Grisham mehr und so interessant, dass man es kaum glauben mag, dass es gerade dieser Autor ist, der diese Story verfasst hat. In der zweiten Hälfte lässt es etwas nach, geht man zu sehr in die Privatangelegenheiten und Problemchen des Anwalts. Familienleben und Ehezwist, das bekannte Blabla blitzt hie und da auf. Doch es bleibt nicht lange so. Die Fäden werden weitergeführt, die Fälle neu verhandelt und Rudd muss der Polizei helfen, ein entführtes Mädchen zu finden und bringt dabei seinen Sohn in Gefahr. Das hält das Interesse an dem Buch weiter wach, die Spannung bleibt erhalten. Nicht jede Lösung ist am Schluss die optimale und der Ausklang lässt Möglichkeiten für ein weiteres Buch um Sebastian Rudd offen. Für mich der temporeichste, unterhaltsamste und somit auch beste John Grisham seit langen Jahren. Zwar werde ich bei diesem Genre weiterhin John Lescroart und Michael Connelly vorziehen, aber Grisham hat den Abstand sichtlich verkleinert. Wer den Autor bisher geschätzt hat, wird hier auf alle Fälle bestens bedient. Und ich wandere dann wieder zu Philip Kerr, der Fußballern den Spiegel vors Gesicht hält und danach zu meinen favorisierten Action- und Horrorschinken. Nicht dass jemand auf die Idee kommt, ich würde Bücher mit einem gewissen Anteil an Niveau lesen. Ich hab schließlich nen schlechten Ruf zu verteidigen.


Offline Thomas Covenant

  • Die Großen Alten
      • Show only replies by Thomas Covenant
    Shit der Gifune klingt nach einem richtigen Gifune. Der hat mein Radar völlig unterflogen  :roll:.
    Danke für die Erinnerung. :!:


    jerry garcia

    • Gast
    Gifune und auch Malfi haben derzeit ne Unterkunft bei Voodoo-Press gefunden.
    Dort hat sich ein bisserl was geändert. Mal abgesehen davon, dass ich dem Michael ein Forum aufs auge gedrpückt hab, gibt es die Printversionen jetzt zügiger nach den eBooks - und zwar als BoD.
    Dazu noch ein paar Verhandlungen mit neuen Autoren.


    Offline JasonXtreme

    • Let me be your Valentineee! YEAH!
    • Global Moderator
    • *****
      • Weiter im Text...
        • Show only replies by JasonXtreme
      Gifune müsst ich auch endlich mal angehen - hab von dem ja noch NIX gelesen bisher!
      Einmal dachte ich ich hätte unrecht... aber ich hatte mich geirrt.


      Meine DVDs


      jerry garcia

      • Gast
      Lies drei Stück in Folge und du wirst depressiv. Aber die Dinger sind gut.


      Offline JasonXtreme

      • Let me be your Valentineee! YEAH!
      • Global Moderator
      • *****
        • Weiter im Text...
          • Show only replies by JasonXtreme
        Das war schon bei Peace 1974 - 1983 so :lol:
        Einmal dachte ich ich hätte unrecht... aber ich hatte mich geirrt.


        Meine DVDs


        jerry garcia

        • Gast


        Wayne Simmons. Schätzungsweise 99 Prozent der Bewohner von Belfast fielen schlagartig tot um. Einige davon sind wieder erwacht und fallen jetzt als eine Horde hübscher Untoter über die Stadt her, um blutige Vergeltung an den wenigen Überlebenden zu üben. Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe flüchtet sich auf den Hauptflughafen, doch dieser vermeintlich sichere Ort erweist sich als Trugbild, kaum wird er von den ersten auferstandenen Leichen belagert.

        Nach der Katastrophe im ersten Buch um die schönen Toten einige der handelnden Figuren den weiteren Verlauf des Gemetzels zwangsläufig nicht mehr erleben konnten, versuchen verschiedene Grüppchen sich zum Flughafen durchzuschlagen. Darunter sind auch Aida, Kirsty, Caz und der im Rollstuhl sitzende Cecil. Red, der Arzt, kommt hinzu und auch der Prediger Reilly findet im Flughafen Zuflucht. Die Tätowierin Star gerät unterwegs in die Fänge der wilden Meute und ist vermutlich tot. Die restlichen Überlebenden verbarrikadieren sich im Flughafenterminal, versuchen die Umgebung von den Zombies zu säubern. Doch es werden immer mehr. Und innerhalb der Gruppe gibt es Streitigkeiten, und Josh, der Hubschrauberpilot, denkt durchaus darüber nach, sich alleine abzusetzen. Gerade weil die Neuankömmlinge mit ihrem Bus auch ein neues Problem geschaffen hatten: sie haben nämlich mit ihrem Gefährt die Barrikade niedergemäht und so Platz für die Toten geschaffen. Nun muss man sich in Rückzugsgefechten neu sortieren, neue Schutzwälle aufbauen, planen, wie man an Lebensmittel und zu trinken kommt. Dass Kirsty schwanger ist, hilft der Situation auch nicht gerade. Und dann geschehen noch einige unerklärliche und unheimliche Dinge mit einigen der bisher Überlebenden, die ihren Freunden durchaus Kummer bereiten.

        Über lange Passagen hin hat das Buch gehalten, was ich mir davon versprochen habe. Blutige Auseinandersetzungen, Verluste, Emotionen, schräge bis bösartige Charaktere und durchaus auch ab und an ein Grund zum Schmunzeln - und sei es nur, weil man sich gerade vorstellt, dass die schönen Toten für einen Film mit Jessica Alba, Summer Glau, Amber Heard oder Denise Richards gecastet werden, die blutrünstig nach frischem Fleisch gierend durch Belfast stolpern. Auch die Dynamik der Gruppe im Flughafenterminal ist noch okay. Ein Rätsel, das den Überlebenden einiges Staunen entlockt, bringt noch einmal frisches Spannungspotenzial hinzu, aber mit den folgenden Visionen und dem Seelenspringer konnte ich dann nichts mehr anfangen. Das war für mich zuviel des Guten - zumindest in dieser Hinsicht. Man kann zwischen den recht derben Kämpfen mit ordentlich Splatter auch Mitgefühl erkennen, Opferbereitschaft, Mut und Trost. Gerade das Finale, so explosiv und feurig es auch ist, bietet noch einen Funken Menschlichkeit und wäre in all dem Chaos. Charaktere wandeln sich, Feigheit wird zu Mut. Und viele werden diesen Tag als letzten ihres Lebens beschließen müssen. Sieht man einmal von den von mir kritisierten Visionen oder Fantasien sowie dem Seelengehüpfe ab, ist "Zum Sterben schön 2" ein recht guter Zombiethriller, in dem aber viele Figuren es einfach nicht packen, dem Leser etwas zu bedeuten, sie sind egal. Passiert ihnen nix - gut, gehen sie drauf - auch gut. Ich könnte mir gerade mal Star als einigermaßen positive Erscheinung herausfiltern. Deswegen würde ich bei einer Punktevergabe wohl 6/10 wählen. Vielleicht waren anch der langen Wartezeit aber auch meine Erwartungen zu hoch. Von den Mädels gibt es wohl nichts mehr zu lesen, das Buch zwei anscheinend das Ende war, aber Wayne Simmons hat zusammen nit Mark Graham eine Reihe begonnen, die sich vielleicht im Action-Genre sehen lassen kann. Es geht in "The Natanz Directive" um den ehemaligen Agenten Jake Conlan, der wieder in den Dienst gerufen wird.


        jerry garcia

        • Gast


        Donald E. Westlake. New York, 1970: Fünf Gangster planen den Coup ihres Lebens. Ein Smaragd aus Afrika soll den Besitzer wechseln. Unter der Regie von Meisterdieb John Dortmunder schmieden die fünf einen genialen Plan, der krachend in die Hose geht. Doch das ist er st der Anfang.

        John Dortmunder macht sich bereit, sein letztes vorläufiges Zuhause frohen Mutes zu verlassen. Hat er einige Annehmlichkeiten wie einen Tunnel von seiner Zelle aus zur Medikamentenausgabe für 300 Dollar verkauft. Problem 1: er hat das Geld noch nicht. Problem 2: der Wachmann will ihn nach draußen begleiten. Und so scheitert sein Coup, mit dem er sich den Einstieg ins Leben ohne Gitter vor den Fenstern etwas angenehmer machen wollte. Und als er dann an der ungesiebten Luft einen Spaziergang entlang der Gefängnismauern macht, fällt ihm ein Wagen auf, der ihn verfolgt. Keine Möglichkeit irgendwohin abzuhauen. Und dann dreht die Karre auf und er kann sich nur an die Wand drücken und hoffen, dass alles gut geht. Kurz vor seinen Kniescheiben stoppt der Wagen und Kelp steigt aus, der ihn abholen wollte. Zur Begrüßung hat ihm Dortmunder mal kurz eine rein. Aber wenigstens hat Kelp einen Job in Aussicht. Zwei dieser afrikanischen Kleinstaaten, die früher mal einer waren, bekriegen sich weiterhin mit Freuden und zudem betrachtet jeder einen bestimmten Diamanten als Nationalheiligtum. Und da er gerade in New York ausgestellt wird, kommt ein Major des einen Staates auf die glorreiche Idee, das Dingen von Profis klauen zu lassen. So kommt Dortmunder ins Spiel. Sie handeln Bedingungen und Bezahlung aus und die Planung kann beginnen. Natürlich muss sich Dortmunder hin und wieder beim Bewährungshelfer melden und einem Job nachgehen. Lexikon-Verkauf, von Tür zu Tür latschen, die Leute anlabern, sich vor deren Hunden fürchten - nicht sein Ding. Also werden mit Murch, dem Fahrer, Greenwood, dem Schönling und Weiberhelden, sowie Chefwick, dem Schlossknacker, die nötigen Helfer gefunden und der Coup im Museum kann starten. Klappt anfangs alles recht gut, obwohl der Plan an sich schon recht chaotisch ist. Prompt müssen sie sich dann auch sputen, um den Wärtern zu entkommen. Sie haben sogar den Stein, aber den hat Greenwood - und der verläuft sich im Museum und wird dann geschnappt. Den Stein, den hat er verschluckt. Und mit diesem Flop beginnt das Abenteuer erst richtig.

        Ich muss zugeben, dass dies der erste Roman um den Gauner Dortmunder - nach dem Bier benannt - ist, den zu lesen ich das Vergnügen hatte. Dortmunder ist der Gegenentwurf zu seinem unter dem Pseudonym Richard Stark ersonnenen coolen und nicht aus der Ruhe zu bringenden Parker. "Fünf schräge Vögel" wurde als "Vier schräge Vögel" mit Robert Redford verfilmt und die Figur des Chefwick einfach weggelassen. Buch und Film sind Gaunerkomödien reinsten Wassers wenn die Bande versucht, mit den absurdesten und verrücktesten Methoden versucht, endlich diesem verdammten Diamanten habhaft zu werden, der ihnen immer wieder durch die Finger schlüpft. Der Wortwitz von Westlake zündet, der Humor kommt an. Als wirklicher Spaß entpuppen sich einige Dialoge des Buches, die wahrlich zum Lachen reizen. Endlos reihen sich witzige Katastrophen aneinander, mit denen sich die fünf Gauner auseinandersetzen müssen. Immer neue absurde Situationen gilt es zu meistern. Liebenswerte Nullen auf der Suche  nach dem nächsten Coup. Und geht einer schief, ficht sie das nicht an. Mit einer unbeschreiblichen Art und Portion Enthusiasmus arbeitet man den nächsten Plan aus. Dieses schusselige Gegenstück zu Parker konnte mich sofort für sich einnehmen und der Stil und Humor von Westlake tat ein Übriges dazu. Ein irgendwie heiterer Roman ohne viele Leichen oder Shootouts, dafür mit viel Witz präsentiert. Gauner-Desaster der komischen Art und jedem Freund locker-humorvoller Unterhaltung nur zu empfehlen. Auf Tiefe oder ausführliche Charakterzeichnung verzichtet man da gerne, wenn man Szenen wie die mit dem Schäferhund auf der Veranda lesen darf, um nur ein Beispiel zu nennen.


        jerry garcia

        • Gast


        Heinrich Hanf. TaRock'n Roll ist nicht nur eine Satire, sondern ein Muss für jeden Anhänger globaler Verschwörungstheorien, sofern ihm die Fähigkeit zur Selbstironie noch nicht völlig abhanden gekommen ist.

        Hans Harlaching ist ein Wahrsager und Kartenleger, der mit seinem Kater Dinsdale in München lebt. Irgendwann entwickelt er - statt ernsthaft ein Comeback als Rockmusiker anzustreben - ein system, das das Tarot-Kartenlegen mit der computerisierten Version der Horoskope verbindet und ihm einen nie erwarteten Erfolg beschert. Das ruft sehr schnell diverse Gruppierungen auf den Plan, die ihn für ihre Zwecke einspannen wollen. Zuvorderst sind da die Illuminaten, die nicht nur außerirdischen Ursprungs sind, sondern auch mit einer künstlichen Intelligenz zusammen den Planeten für ihre ureigenen Ziele übernehmen wollen. Doch Harlaching - und sein Kater - sind eher von der unberechenbaren Sorte. Und als er dann in die Loge eingeladen wird, um dort für die Illuminaten ihr Werk zu vollbringen, sabotiert er sämtliche Anstrengungen, die sie bisher unternommen haben, um zu ihrer Heimat zurückzukehren. Laut Kater Dinsdale selbstverständlich ein Werk der GUTEN ILLUMINATEN des unauffälligen Katzenvolkes.

        Sind wir ehrlich, dieses Buch wurde mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unter Einfluss eines undurchdringlich dichten Nebels der Lieblingsdroge von Cheech und Chong verfasst. Wirr, sprunghaft, voller depperter Namen und spinnerter Ideen. Zusammengefasst eine durchaus lustige Sozialkritik mit Zentrum der Münchner Szene um Studenten und Rockmusiker. 80-er Jahre-Flair gepaart mit Science Fiction und wilden Rauschbildern um kosmische Verschwörungen zur Übernahme der Erde. Der eher unfreiwillige Todesfallvorhersager Harlaching ist meist viel zu bekifft, um wirklich zu bemerken, was um ihn herum vorgeht. Und von den seltsamen Begrüßungsritualen hat er erst recht keine Ahnung. Die vielen schrägen Ideen, das komplett idiotische Ensemble der Figuren und die Anspielungen auf den guten, alten Erich von Däniken machen mit den oftmals recht überraschend einsetzenden Sprüngen in der Geschichte "TaRock'n Roll" zwar zu einem sehr humorvollen, aber auch anstrengenden Lesestoff. Und man benötigt echt eine große Portion Humor, um die Lektüre unbeschadet zu überstehen. Van Helsing, Eierkrauler, Katzenilluminaten, Dauerkiffer, Außerirdische, Adolfs und Alfreds, Amon Düül und viel, sehr viel wilde Phantasie machen das Buch zu einem spaß, zu dem man zwar aufgelegt sein muss, der dann aber zündet. Naja, vielleicht zündet man sich vorher noch nen kleinen Joint an, dann kommt das Werk noch besser und irgendwie viel bunter zum Leser. Und somit auch Weisheiten wie "Was ist der Unterschied zwischen Schappi ind einem Rockbassisten? Schappi hat viel Hirn und frische Leber."


        jerry garcia

        • Gast


        Richard Jay Parker. Wann hast du dich das letzte Mal selbst gegoogelt? Der erfolgreiche Geschäftsmann Will Frost wird mitten in der Nacht von einem anonymen Anrufer geweckt, der ihm genau diese Frage stellt. Als Will online geht, stößt er unter seinem Namen auf eine Website mit den Silhouetten von sieben Häusern. Im ersten Haus hat sich gerade ein bestialischer Mord ereignet ... und im letzten wohnt er selbst. Will wird von dem Unbekannten im Rahmen einer makabren Schnitzeljagd von Tatort zu Tatort gehetzt - bis sich die Frage stellt, wer ist eigentlich das Opfer, und wer der Täter.
        Ein erschreckender Blick auf die moderne Welt. Das Internet als Instrument des Bösen.

        Brett hat via Live-Chat einen Blick auf Poppy geworfen. Er erwartet, dass sie ihm bald mehr zeigt. Tut sie auch. Seine tote Familie - und dann ist er fällig. Andernorts in England ist der Manager Will Frost auf dem Heimflug in einem Heli, um dem Verkehr um die Hauptstadt herum zu entgehen und schneller bei seiner Frau Carla zu sein. Heute ist nämlich ihre letzter "freier" Abend, bevor ihre schwangere Tochter Libby mit Freund Luke aus Thailand zurückkommt. Mitten in der Nacht wird er von einem Anruf geweckt, der ihn an den PC schickt, um eine Mail zu öffnen. Dort findet er Bilder eines Hauses vor, dann weitere, die Luke und Libby gefesselt irgendwo gefangen zeigen. Er vermutet zuerst, dass hinter dieser kaum verhohlenen Drohung die Firma Motex steckt, gegen die gerade seine Gattin vorgeht, um zu verhindern, dass die Firma das Gelände einer Schule übernimmt, um dort eine Fabrikhalle zu bauen. Doch die Vermutung währt nicht lange, da er bald darauf Anweisungen erhält, seinen Laptop zu nehmen und nach Florida zu fliegen. In den USA findet er in einem Haus mehrere Leichen vor und soll einer etwas entnehmen. Und schon geht es weiter zur nächsten Station. Und während Frost durch die Gegend gehetzt wird, muss seine Frau zu Hause die Stellung halten und vermeiden, dass jemand mitbekommt, wo ihr Mann wirklich steckt und warum. In Thailand unterdessen hört der junge Tam Schreie aus den Räumen einer Geflügelschlachterei und macht sich bald danach auf Entdeckungstour. Nicht ungefährlich für einen kleinen Jungen. Und Poppy, die Brett und seine Familie ausgelöscht hat, ist ebenfalls schwer aktiv.

        "Scare me" von Richard Jay Parker ist ein wahrer Page Turner und würde es den Begriff Nailbiter nicht schon geben, müsste er für das Buch erfunden werden. Parker hat den Leser schon nach sehr kurzer Zeit am Haken und lässt ihn bis zum Schluss, der sogar weiteren Raum für Spekulationen gibt, nicht mehr los. Es war ein Leichtes lesetechnisch durch das Buch zu rauschen wie dereinst der ICE durch Wolfsburg - ohne Halt. Wunderbar wird der Leser im Unklaren gelassen, was überhaupt hinter der ganzen Aktion steckt, wer diese blutrünstige Schnitzeljagd aus welchem Grund inszeniert. Anhand der Aktivitäten der Opfer ist alles möglich. Eine politische Verschwörung, wirtschaftliche Zusammenhänge, Aktionen skrupelloser Konzerne, verprellte Freunde oder einfach nur Konkurrenten - nichts gibt einen konkreten Hinweis auf die Hintergründe. Und der Schreibstil ist flott, generiert ein unglaubliches Tempo und hat absolut keinen Leerlauf. Verdachtsmomente aller Orten, die Morde blutig, aber nicht zu abscheulich geschildert, dennoch grauslig wie der ausgehöhlte Schädel (da hätte(n) der oder die Mörder bei mir wenig Arbeit gehabt), wo dann statt des Gehirns nur eine Nachricht für Frost liegt und mit verschiedenen Locations weltweit auch abwechslungsreich, zudem dann ja weitere ungewollte Mitspieler ins Rennen gehen. Drohungen und Betrug machen die Runde, Verdächtigungen und falsche Theorien geben sich Klinke sozusagen in die Hand. Die Seiten blättern sich unter diesen Voraussetzungen fast schon von selbst um, immer neugierig, was denn nun als neueste Schandtat kommt oder ob Frost sich endlich seiner Tochter und deren Verlobten entscheidend annähern kann. Nicht verwunderlich war ob des Stils und des Tempos auch, dass sich der Autor bei Simon Kernick für dessen Unterstützung bedankt. Dieses Buch hätte auch aus dessen Feder/Tastatur kommen können. Kleinere Mängel - sehr, sehr kleine - sind für mich, dass es einige Bücher gibt, in denen das Internet eine viel zentralere Rolle spielt und viel mehr ein Instrument des Bösen ist. Hier sei als Beispiel Charles den Tex mit "Die Zelle" genannt, ein hervorragender Thriller um Idenittätsdiebstahl. Und der andere Makel ist halt, dass es mir irgendwie gegen den Strich geht, dass sehr, sehr oft die Protagonisten eine ach so schwere Kindheit hinter sich haben und alle Probleme so ungemein tapfer lösen konnten. Soll vielleicht ein gewisses Mitgefühl für sie wecken, reicht bei mir aber eher zum Gegenteil. Wohl weil es so oft genutzt wird. Genug davon. "Scare me" ist keiner meiner geliebten Actionreißer mit endlosem Geballer und unkaputtbaren Helden sowie hirnloser Ballergestalten (okay, eine Figur ist dann trotzdem hirnlos) und dennoch für 9/10 gut, verbunden mit einer klaren Kaufempfehlung. Wer sich von einem hochspannenden Crime-Titel mitreißen lassen und um den Schlaf bringen lassen will, der sollte sich dieses Buch wahrhaftig zulegen. Klare Kaufempfehlung.


        jerry garcia

        • Gast


        Ryan Gattis. Sechs Tage im Jahr 1992. Polizisten misshandeln einen schwarzen Bürger und Los Angeles explodiert. Plünderungen, überall brennt es; ein Bürgerkrieg mitten im Herzen der westlichen Welt. Was passiert, wenn die Polizei eine Stadt den Armeen der Gangs überlässt? Rechnungen werden beglichen, noch und noch. Davon erzählt dieser ungeheuerliche Roman. Am Anfang ein unmenschlicher Mord: Wir erleben ihn aus der Sicht des Opfers. Dann kommen andere zu Wort: skrupellose und weniger skrupellose Gangster, rassistische Polizisten, Krankenschwestern, Junkies, jugendliche Mitläufer. Und es entsteht das Bild einer Gesellschaft, in der der Stärkere den Schwächeren frisst und die sich im Ausnahmezustand gänzlich enthüllt.

        Los Angeles 1992. Nachdem mehrere Polizisten den dunkelhäutigen Bürger Rodney King schwer zusammengeschlagen hatten, als sie ihn festnahmen, kochte die Volksseele schon. Das Urteil, das die vier Beamten, die sich vor Gericht verantworten mussten, dann erhielten - Freispruch - ließ den Dampfkessel dann platzen. Es kam zu gewalttätigen Aufständen. Im Laufe der Tage weiten die sich immer mehr aus. Plünderungen, Morde, Brandstiftung. Mittlerweile Tagesordnung. Ryan Gattis hat anhand von Aussagen Betroffener siebzehn Stimmen in Ich-Form erzählen lassen, wie es damals war. Die Stadt war im Kriegszustand. Und wo weder Polizei noch Nationalgarde über die Sicherheit wachten, da sie in den Zentren der Aufstände für etwas Ruhe sorgen mussten und es kaum schafften, wurden in den Bezirken, die nun völlig ohne Schutz waren, Rechnungen beglichen. Da wären Feuerwehrleute, Gangmitglieder, militante Polizisten oder einfach nur Unschuldige, die am falschen Ort waren.

        Was hat genervt? Dass der Klappentext sich mal wieder nicht den Hinweis auf Tarantino verkneifen konnte. Mal davon abgesehen, dass das mittlerweile schon fast eine Pandemie ist, wer da den Namen alles zu Vermarktung von was auch immer nutzt, ist es auch schon längst kein Lob mehr. Ryan Gattis hat nach seinen jahrelangen Recherchen in seinem Roman siebzehn Stimmen sprechen lassen und man lernt bald, dass nicht jeder, der hier etwas beizutragen hat, auch nich am Leben sein muss. Irgendwie hat mich die Erzählung an Filme wie "11:14" erinnert, wo nach einem Vorfall zu Beginn nach und nach die Pfade der Beteiligten zueinander führten oder zumindest am Rande Begegnungen stattfanden, ohne dass die Menschen wussten, wer da vor ihnen stand und aus welchem Grund. Es war wie ein Licht in der Nacht, das vorbeizieht. Im Krankenhaus werden Wunden behandelt, die von einer Person verursacht wurden, die man später irgendwo tot auffindet. Ein Feuerwehrmann lernt eine Krankenschwester kennen, die mit einem Gangmitglied verwandt und verbandelt ist. Der Autor schafft einen Ausgangssituation, die in einem anderen Teil der Stadt spielt, aber wesentlich härter zu Buche schlägt, als die eigentlichen Proteste. Hier ist niemand, der die Gangs unter Kontrolle hält. In persönlichen Aussagen wird der Leser von den handelnden Figuren in die Struktur der Gangs, der Süchtigen, der Dealer, der Bosse und der kriminellen Kids eingeführt. Wie man sich Respekt verschafft, wie man sich gegenüber den eigenen Leuten und anderen Razas verhält. Aber es sind auch die persönlichen Dramen, wenn Geschäftsinhaber vor ihrem geplünderten und zerstörten Laden stehen, wenn die Feuerwehr bei ihren Löschaktionen attackiert wirdund keine Polizei sie schützen kann und es ist das Leid das verursacht wird, wenn die Häuser, die man jahrelang mühsam aufgebaut hat, den Flammen zum Opfer fallen, die einer dieser Nutznießer der Aufstände aus reinem Mutwillen in Brand gesetzt hat. Da sind die zu Recht wütenden Opfer des Rassismus, die gegen das Unrecht aufbegehren und da sind die Zerstörer, die den Aufruhr nur aus Spaß machen, die keine Grenzen kennen, nicht einmal die eigenen Leute schonen. Und zwischen all diesen Tragödien erfährt der Leser etwas über das Leben in den Hoods, den Barrios, wo die Obdachlosen froh um einen Schlafplatz sind, wo große Familien auf engstem Raum leben und wo ebenso ehrliche Arbeiter sind wie kleine Gangster und zugekiffte Mörder. Und Polizisten auf dem Selbstjustiz-Trip. Sie kommen, um ein Zeichen zu hinterlassen. Nicht legitimiert, sondern auf Gangniveau. Auch solche gibt es unter den Gesetzeshütern. Stachelt die Meute aber nur nich mehr an. "In den Straßen die Wut" ist kein Killer-Thriller, aber auch keine simple Dokumentation - es ist eine romanhafte Erzählung und Aufarbeitung der Vorkommnisse aus verschiedenen Sichtweisen. Ohne eine Wertung abzugeben. Da sind Kinder unterwegs, die noch an Spielzeug und TV-Serien denken und im nächsten Moment mit Waffen auf der Straße andere niederballern, da sind Familien, die im Drogenwahn nicht mehr den eigenen Leuten trauen. Spannend, eiskalt, brutal und dreckig - und realitätsnah. Das ist "In den Straßen die Wut".


        jerry garcia

        • Gast


        Stephen Hunter. Als in den Bergen von Idaho ein Mann erschossen und die Frau, die ihn begleitet, tödlich verwundet wird, holt den Kriegsveteranen Bob Lee Swagger seine Vergangenheit ein. Denn der Schütze schien es in Wahrheit auf ihn abgesehen zu haben. Die Suche nach einer Erklärung konfrontiert ihn mit schmerzhaften Erinnerungen an seine Einsätze in Vietnam. Steckt der geheimnisvolle Russe Solaratov dahinter, der schon damals Jagd auf ihn machte? Welche Rolle spielen seine eigene Frau Julie und ihr Ex-Verlobter Donny, für dessen Tod an der Front sich Bob persönlich verantwortlich fühlt? Im Umfeld der US-Friedensbewegung stößt Bob auf eine Verschwörung, die sein Vertrauen in den amerikanischen Militärapparat auf eine harte Probe stellt.

        Gegenwart. Ein Grüppchen von drei Personen ist auf einem Ausritt in den Bergen unterwegs. Plötzlich fallen Schüsse, der Mann stürzt vom Pferd. Washington, 1971. Donny Fenn ist von seinem Abschied bei den Marines noch 13 Monate entfernt und nach einem damaligen, ungeschriebenen Gesetz wird niemand mehr ins Gefecht geschickt, der sein Dienstende in Vietnam erleben würde. Also ist er nun Corporal der Sargträgereinheit, die die Gefallenen aus Übersee aus dem Flugzeug trägt, das sie in die Heimat gebracht hat. Seine Truppe besteht aus vernünftigen Männern, aber auch Hallodris oder Drückebergern. Er muss die Disziplin aufrecht erhalten. Dann kommt ein neuer Befehl. Er muss sich mit Männern vom NIS treffen, dem Ermittlungsdienst der Navy. Sie wollen einen Verräter entlarven und es soll einer seiner Leute sein. Donny soll sich bei ihm einschmeicheln und mit ihm zu den üblichen treffen der Hippies und Langhaarigen Kriegsgegnern gehen, Beweise sammeln, Anführer identifizieren. Etwas wirklich Belastendes findet er nicht und eine dennoch geforderte Falschaussage verweigert er. Und ab geht es nach Vietnam. Vorher heiratet er aber noch seine schöne Freundin Julie, macht aber der Armee keine Meldung von der Eheschließung. 1972. In Vietnam wird er zum Spotter (Beobachter und Helfer) von Bob Lee Swagger, dem Scharfschützen. Mit ihm zusammen geht er in einen selbstmörderischen Einsatz, um ein ganzes Bataillon des Gegners aufzuhalten, der auf eine Firebase zuhält, die kaum noch fähig ist, sich zu verteidigen. Der Einsatz wird ein voller Erfolg, der Feind dezimiert, irritiert und demoralisiert. Doch der VC holt sich Unterstützung aus Russland - Solaratov. Auch der ist ein hochdekorierter Sniper. Und bei einem weiteren Einsatz verletzt er Swagger schwer und tötet Donny Fenn an seinem letzten Tag in Vietnam. Zurück in die USA der Gegenwart. Bob Lee Swagger ist entsetzt über die Schüüse auf seine Frau und Tochter und den Tod des Nachbarn. Bald findet er heraus, dass hier ein Scharfschütze am Werk war. Doch warum? Hinweise auf Vietnam? Das wirft ihn zurück, er beginnt wieder zu trinken wie damals direkt nach Vietnam. Er dachte, er habe dies überwunden. Dann wird er aufgerüttelt und macht sich daran, die Hintergründe aufzudecken. Was er herausfindet, ist alles Andere als erwartet.

        Um beim Thema zu bleiben: "Einsame Jäger" ist ein Geschoss, ein Hochgeschwindigkeitsgeschoss, das den Leser treffsicher erwischt. Keine Chance der Faszination zu entkommen. Ein kleines bisschen Waffenporno, wenn es um Patronengrains, Munitionslehre, Entfernungen, Windbeobachtung, Treibladung oder Zündung geht sowie die Bezeichnung der Waffen (Repetierer, Dragunov). Und in den Vietnamszenarien Bilder an etliche Filme zu diesem Thema hervorrufend, man sieht richtiggehend, wie sich Swagger positioniert, ausweicht, neu einrichtet und vor oder zurück geht. Ein regelrechtes Actionfeuerwerk wird im zweiten Teil des Buches in Vietnam abgebrannt, an dem Swagger zwar den Hauptanteil hat, das aber auch das unterstützende und alles zerfetzende Feuer aus den fliegenden Maschinenkanonen der Hueys oder der Flugzeuge, das in rasendem Tempo Mensch und Terrain regelrecht umpflügt und zerlegt. Der erste Teil des Buches, der nach dem Prolog nur Donny Fenn gewidmet ist, bereitet den Fortgang der Geschichte vor, legt den Grundstein für Verrat, Heimtücke und Tricksereien. Zudem bringt er auch das Lebensgefühl von damals recht lebendig zurück, seien es die Hippies, die Friedensbewegungen, die eigentlich demonstrieren, um der Gewalt abzuschwören, dabei aber selbst welche anwenden, aber auch die wirklich nur für Frieden und Gerechtigkeit und Gleichheit entretenden Gruppierungen. Erfreulich: der Autor hält sich bis auf wenige kleinere Ausnahmen mit Wertungen der Konfliktparteien ziemlich zurück. Und von Bob Lee Swagger bekommt man auch die menschliche Seite gezeigt. Die immer noch währenden Nachwirkungen des Krieges, seine Angst um Frau und Kind, die Furcht vor Verlust. Und dann den Mann, der zielstrebig nach der Lösung sucht, sich durch nichts von seinem Weg abbringen lässt. "Einsame Jäger" ist ein Buch, das sich aufteilt in harte und munitionsverschleißende Action, Sniper-Duellen und einem Thriller mit Verschwörungs-und Spionageelementen, die von Beginn an nach und nach zusammengeführt werden und eine unfassbar hohe Spannung garantieren, ohne menschliche Dramen außer Acht zu lassen. Wie soll man so ein hervorragendes Buch bewerten? Einfach mit ÜBERRAGENDEN 11 von 10 Punkten und einer Kaufverpflichtung für Freunde dieses Genres. Und einen Dank an den veröffentlichenden Verlag Festa hinterher gesetzt, der die Werke von Stephen Hunter ungekürzt auflegt. Vor langer Zeit in der Dunkelheit des Wesens eines der Großverlage wurden einige wenige Bücher zensiert oder zumindest auf eine reduzierte Seitnezahl zurechtgestutzte Weise unters zahlende Volk gebracht und dann auch schnell wieder abgebrochen. Das übliche Spiel halt. Da müssen schon die kleineren Konkurrenten her, um die richtig guten Bücher an den Leser zu bringen. Verlage wie der Festa-Verlag eben.


        Offline Thomas Covenant

        • Die Großen Alten
            • Show only replies by Thomas Covenant
          Ja das Buch ist ein echter Reisser. Bin gespannt wie dir der vierte gefällt.
          Der ist so ganz anders, mitunter leidet die Glaubwürdigkeit etwas in the 47th Samurai.
          Da tauscht er Gewehr gegen Schwert, ist ein Bruch in der Reihe, trotzdem sehr geil.
          « Letzte Änderung: 26. April 2016, 22:11:49 von Thomas Covenant »


          Offline Havoc

          • Bürohengst sucht Paragraphenreiterin
          • Die Großen Alten
            • Let me show you its features, hehehe!
              • Show only replies by Havoc
            Der "Einsame Jäger" wird gleich für den Sommerurlaub bereitgelegt.
            Da wir mit der Family meiner Frau Urlaub machen und bei denen auch viel gelesen wird, aber hauptsächlich Autobiogrphien, Kunst oder Sozialwissenschaftliche Bücher, brauche ich das "Ausgleich". :D
            “When I ride my bike I feel free and happy and strong.  I’m liberated from the usual nonsense of day to day life.  Solid, dependable, silent, my bike is my horse, my fighter jet, my island, my friend.  Together we will conquer that hill and thereafter the world”


            jerry garcia

            • Gast
            Ja das Buch ist ein echter Reisser. Bin gespannt wie dir der vierte gefällt.
            Der ist so ganz anders, mitunter leidet die Glaubwürdigkeit etwas in the 47th Samurai.
            Da tauscht er Gewehr gegen Schwert, ist ein Bruch in der Reihe, trotzdem sehr geil.

            Bis der kommt dürfte etwas dauern. Festa hat noch einige Kracher im Gepäck - und ich versuch ihm immer wieder weitere unterzujubeln. Klappt aber nicht immer.

            Aber wenn ich die Vorschauen - die neuen - der Etablierten so anschaue, dann wird der Großteil meiner Kopeken in Richtung Festa und weiteren Kleinverlagen wandern. Bei den Großen gibt es halt weiter die Pseudo-Clancys, Pseudo-Ludlums, King, Baldacci usw.


            jerry garcia

            • Gast


            Jeff Strand. Dieses Ding wird dir eine Heidenangst einjagen, oder nicht? Du wirst lachen. Du wirst schreien. Okay … vielleicht wirst du nicht gerade schreien, es sei denn, du hattest bereits vor dem Lesen Anlass dazu, aber du wirst erschaudern und ein wenig erschrecken.

             Ein Mann findet eine Nase auf dem Teller. Eine Glocke mit der Satan herbeigerufen werden kann (vielleicht). Legere Kleidungsvorschrift an Freitagen, die außer Kontrolle gerät. Eine fröhliche Aussicht auf die post-apokalyptische Landschaft. Die letzten Gedanken eines todgeweihten Fallschirmspringers. Ein Mädchen, welches zur Strafe neben Omas Leiche schlafen muss. Eine Tarantel, die als Racheakt in eine Torte eingebacken wird. Eine Romanze zwischen zwei genetisch veränderten, fleischfressenden Pflanzen. Und eine verlorene Geschichte über Fangboy.

            Meine Erwartungen an dieses Buch waren hoch, sehr hoch. Schließlich hatte mich der Autor schon mit seinen bisher erschienenen Büchern der Andrew Mayhem-Reihe (Ein viertes steht als deutsche Veröffentlichung noch aus, wobei der nette Herr Verleger diese Anmerkung durchaus auch als Aufforderung begreifen darf.), "Fangboys Abenteuer" oder "Der unglaubliche Mr. Corpse" und "Benjamins Parasit" jedesmal vollauf begeistern können. Und enttäuscht wurde ich auch nicht. Jeff Strand bietet alles auf, was ihn und seine Storys so beliebt macht. Humor, manchmal brachial, aber oft auch nur durch seine Sprache, seine Formulierungen, die mindestens ein Schmunzeln, oft aber auch ein Lachen beim Leser hervorlocken können. Aber hin und wieder kommt es tatsächlich vor, dass er in seinen absurden Situationen ein Happy End verweigert, einem als Leser der brüllende Lacher fast im Halse stecken bleibt. Ja, er kann sogar mehr als nur ab und zu etwas Moral, was zum Beispiel Rachegelüste oder zuviele Freiheiten angeht, unter seine Komik mixen, ohne aber dazu diesen nervig-mahnenden Zeigefinger zu erheben. Und gewisse Erinnerungen an Filme kann er mit "Schmatz, schmatz" ("Ein Herz und eine Krone" in Rom) oder in "Der Knopf" ("The box" mit Cameron Diaz) wecken, natürlich mit einem völlig veränderten Ablauf, einem nach Strand-Art. Mal einfühlsam wie in der verlorenen Geschichte um Fangboy, aber auch mal fies und böse, angereichert mit einigen Litern Blut, erzählt der Autor zumeist aus der Ich-Perspektive 29 nahezu erstklassige und manchmal sehr kurze Geschichten. Haarsträubend, gruselig, aber immer humorvoll, kurzweilig und abwechslungsreich seine Stories, deren jeweiliges Ende nicht immer wie erwartet verläuft. Mit einem kleinen Fanboy-Bonus gibt es hier die volle Punktzahl. Die erhält aus den gleichen Gründen auch der Illustrator des Covers für sein Selbstporträt "Irrer Clown im Topf". Die gelungenen Innen-Illustrationen von Christian Krank sollen aber nicht ungelobt bleiben. Wer ein Freund der bisherigen Werke von Jeff Strand ist, sollte sich diese Investition gönnen - unterhaltsamer als die Schreiben der Steuerbehörde oder der immer mal wieder eintrudelnden Rentenbescheide, wieviel man denn im Alter nun doch nicht bekommt, ist es allemal. Und bevor man bei den Gierbänkern staatlich geförderte Strafzinsen zahlt, lieber das Buch von Jeff Strand gekauft. Der Verlag Voodoo-Press ist so nett und hat noch welche auf Vorrat, die er geneigten Kunden gegen den erwarteten Obolus gerne abgibt.


            Offline JasonXtreme

            • Let me be your Valentineee! YEAH!
            • Global Moderator
            • *****
              • Weiter im Text...
                • Show only replies by JasonXtreme
              klingT interessant
              Einmal dachte ich ich hätte unrecht... aber ich hatte mich geirrt.


              Meine DVDs


              jerry garcia

              • Gast
              Wie jeder Strand. Ist sogar ne Andrew Mayhem-Story mit drin. Buch wird aber behalten - wie jeder Strand. Zudem ist es eine dieser Limited Editions mit Autogramm usw. Mir normalerweise egal, ob der Autor seinen Namen schreiben kann oder nicht, aber hier hab ich halt mal ne Ausnahme gemacht, weil ich das Buch eh haben wollte.


              Die Andrew Mayhem Bücher sind wirklich klasse. Somit werde ich auch an dem Buch nicht vorbeikommen.
              Meine Sammlung:



              jerry garcia

              • Gast
              Das Buch ist gut, kostet aber als reine limitierte Auflage mit Autogramm 40 Euronen. Ob dir das ne kurze Geschichte mit Andrew, nicht Andy, wert ist? Ich beackere grad den Cheffe von VP, dass er den vierten Roman um Mayhem lizenziert.

              Hast du schon den "Der unglaubliche Mr. Corpse"?


              jerry garcia

              • Gast


              Alistair MacLean. Eine trostlose, menschenleere Schneelandschaft. Ein überfüllter Zug quält sich auf dieser einsamsten aller Bahnstrecken des Westens zum Nevada Paß hinauf, mitten durch das Gebiet der blutrünstigen Pajute-Indianer. Aber der wahre Feind ist hinterhältiger, brutaler und sehr viel gefährlicher. Eine schreckliche Fahrt in Tod und Verderben. 

              Reese City, Hotel Imperial, 1873. Im Saloon trinken einige Soldaten und missmutige Eisenbahner ihr Bier oder den Whiskey, ein Arzt, ein Prediger und ein US-Marshal sowie mehrere Offiziere bevölkern die Tische. An einem anderen Tisch wird gepokert. Und einer wird dabei als Falschspieler entlarvt. Der US-Marshal nimmt ihn fest und lässt ihn zu dem Zug bringen, der die Armee und ihre Begleiter in ein entlegenes Fort bringen soll, in dem eine tödlich verlaufende Krankheit herrscht. In einem der Gepäckwagen sind deswegen sogar Särge als Lieferung untergebracht. Die Abfahrt verzögert sich, weil man zwei Offiziere vermisst. Als sie nicht gefunden werden, reist man dennoch ab. Der Spieler wird zusammen mit dem US-Marshal in der Offiziersmesse untergebracht, wo auch ein Gouverneur und seine Tochter dinieren. Dann passieren einige merkwürdige Dinge. Die Verbindung nach außen wird gekappt, man kann sich nirgends mehr telegrafisch melden, die Leitungen wurden durchschnitten. Und der vermutete Saboteur macht munter weiter. Manipulation an der Lok, Waggons werden abgekoppelt und stürzen dann mit etlichen Soldaten in den Tod. Der Gefangene John Deakin tut als ginge ihn das alles nichts an, schürt aber immer schön das Misstrauen unter den Reisenden. Und als man dann das Fort erreicht, ist nichts mehr so, wie man es erwartet hat und auch einige der Bösewichter lassen ihre Masken fallen.

              Alistair MacLean wurde ja nachgesagt, dass er es mit den historischen Daten nicht wirklich so genau nehmen würde. Wenn die Angaben der Daten zu Beginn des Buches von ihm stammen sollten, wird diese These leider bestätigt. Die Winchester 73 war nicht wie behauptet das erste Repetiergewehr von Winchester, sondern eine modifizierte und aufgerüstete Version der Ausgabe von 1866 - und die wiederum war eine Verbesserung der Spencer und der Volcanic. Der Goldrausch in Kalifornien begann nicht erst im Jahr 1855, sondern direkt nach dem amerikanisch-mexikanischen Krieg von 1846-1848, der nach dem Sieg der Amerikaner dazu führte, dass die sich den größten Teil Kaliforniens (nur Baja California blieb bis heute mexikanisch) unter den Nagel rissen und dann im Prinzip sofort danach bei Sutter's Mill den Goldrausch auslösten. Der Bau der Union Pacific aus den Nordstaaten begann VOR den angegebenen Jahr 1869 und endete mit dem Zusammenschluss mit der Central Pacific, die von Kalifornien aus die Verbindung zu bauen begann. Die Comstock Lode wurde zwar mit dem Datum der Entdeckung richtig angegeben - 1859 -, aber da das Buch im Jahr 1873 spielen soll, ist die Behauptung eines Bewohners von Reese City, dass die anderen Einwohner die Stadt vor MONATEN wegen dem Goldfund in Nevada verlassen hätten, eben auch falsch. Undim Personenverzeichnis wird Pearce als Marshal der US-Armee beizeichnet, dabei war er nur im Bürgerkrieg als Sergeant bei der Armee und ist jetzt US-Marshal. "Nevada-Pass" ist ein typisches Buch des Briten. Viele Verdächtige, undurchsichtige Gestalten, Verrat, Sabotage und Morde. Das alles in einem begrenzten Bereich. Neu ist vielleicht, dass MacLean hier eine Art Agatha Christie im Western- und Thrillergewand abliefert. Viel erfahren soll man während der kurzen Lektüre über die Charaktere sicher nicht, dafür sind sind sie zu oberflächlich gezeichnet, manche sogar völlig überflüssig, tragen nichts zur Story bei. Dramatisch genug war das Buch ja dann auch, um es mit Charles Bronson zu verfilmen, der mit Clint Eastwood und Richard Burton ("Agenten sterben einsam"), Rock Hudson und Jim Brown ("Eisstation Zebra") oder mit David Niven und Gregory Peck ("Die Kannen von Navarone") schon einige Vorgänger hatte, die in Filmen, die ähnlich gelagert waren tragende Rollen spielten und alle aus der Feder von Alistair MacLean stammten. "Nevada Pass" ist ein Werk zum schnellen Konsumieren, recht anspruchslos und nicht um irgendwelche Genauigkeiten auch nur ansatzweise bemüht. Stört man sich daran nicht, bekommt man bekannte Kost serviert, die unterhaltsam ist, spannend bleibt und das Rätsel, wer denn nur wirklich wer ist und warum er was tut auf die Spitze treibt. Ganz okay, aber kein Pflichtkauf.                       


              jerry garcia

              • Gast


              Rick Chesler & David Sakmyster. In einem unterirdischen See in der Antarktis hoffen Forscher bisher unbekannte mikrobielle Organismen studieren zu können, doch was sie entdecken, ist weitaus erstaunlicher: vollständig erhaltene Dinosaurier-Leichen. Nachdem einer der Leichname auftaut und mit Heißhunger erwacht, wird deutlich, dass der Tod nicht zwangsläufig das Ende ist und das Leben immer einen Weg findet. Umweltaktivist Alex Ramirez, Sohn des Expeditions-Paläontologen, kam in die Antarktis, um die Organismen vor dem Aussterben zu bewahren. Nun muss er schnell lernen, dass es die menschliche Rasse ist, die Schutz benötigt.

              Der Fund in der Arktis ist eine Sensation und selbstverständlich denkt der Finanzier der Expedition, DeKirk, ein zu reicher Milliardär, schon ans Geschäft. Zudem steht die USA dabei auch noch in Konkurrenz mit den Russen. Von beiden Seiten werden Zugänge in die Tiefe gebohrt, um als Erste in dieser unterirdischen Kaverne mit einem tiefen See zu gelangen. Alex und Tony, zwei eher militante Ökoaktivisten, lassen sich heimlich in die Tiefe hinab, um dort Sprengladungen anzubringen, die die Bohrung sabotieren und die Organismen schützen sollen. Es kommt anders als geplant: Sie werden aus dem Dunkel von etwas angegriffen und Tony ist der Erste, der abrutscht und in die Finsternis stürzt. Auch Alex kann nicht richtig erkennen, wer oder was sie da angreift, aber es sieht fremdartig aus, obwohl er dennoch russische Soldaten vermutet. Dann kann auch er sich nicht mehr halten und rutscht nach unten. Es hat Glück und ihm passiert nichts, doch sein Kumpel Tony sieht grässlich verändert aus, irgendwie schuppig. Aus seinem verunstalteten Mund röchelt er Alex aber entgegen, er solle verschwinden. Was der auch tut, da diese Soldatenbestien oder was sie auch sonst sein mögen, ihm auf den Fersen sind. Dann bricht die Hölle los und Alex verliert das Bewusstsein. Er findet sich dann in der Station der Expedition wieder und begegnet dort seinem Vater, der das Ganze leitet. Die gefundenen Saurier würden seinen Ruf als Forscher aufpolieren, für den er seit Ewigkeiten die Familie vernachlässigt hat. Was er nicht ahnt, ist, dass die Viecher noch leben und dass auch die Truppen, die sie bald bedrängen, sich als Untote herausstellen werden. Und als der Milliardär befiehlt, die mittlerweile schwer betäubte Beute auf eine abgelegene Insel zu schaffen, setzt er einen Überlebenskampf für Alex und die gesamte Mannschaft in Gang.

              Weit ist es mit der Welt schon gekommen, wenn so mancher zu meinen scheint, ein Buch NUR mit Zombies wäre realistisch, aber eines mit Zombie-Sauriern würde dann doch an der Realität vorbeigehen. In der einen oder anderen internationalen Meinungsäußerung wurde dies so niedergeschrieben. Was erwartet man denn von einem Buch, das sich schon anhand der Inhaltsangabe liest wie "Jurassic (Zombie-) World"? Es sind alle Zutaten vorhanden, die ein derartiges Buch braucht: ein Milliardär mit deppert-gierigen Plänen, eine einsame Insel, sogar ein Vulkan, wie man ihn von "Caprona" kennt, Forschungseinrichtungen, Zäune, Stationen und selbstverständlich viele Opfer. Noch wurde kein Vergnügungspark eingerichtet, aber das kann ja noch kommen, da weitere Bücher schon existieren und nur noch den Weg nach Deutschland finden müssen. Die Grundidee an sich ist schon mal nicht schlecht und es beginnt auch sehr temporeich. An Opfern und blutigen Einzelheiten wird nicht gespart, so einige Gedärme finden durch neue Körperöffnungen den Weg ins Freie und einige Schädel strengen sich bis zum Platzen an. Höchstbewertetes Kulturgut ist "Jurassic dead" sicherlich nicht, aber unterhaltsamer Trash auf jeden Fall. Ein bisschen Probleme hatte ich mit den Figuren. Alex ist so einer der Sorte, die einer Organisation angehören, die Worte wie Frieden oder Menschenrechte im Namen führen, aber mit Gewalt gegen andere Menschen vorgehen, um ihre Ziele zu erreichen. Heuchler halt. Schützt die Tiere, tötet lieber Menschen - so in der Art. Um ihm wenigstens etwas Tiefe zu geben, darf ein Konflikt mit Papa nicht fehlen. Der wirft Sohnemann vor, sich bei seiner krebskranken Mami nur mal kurz via Mail innerhalb der letzten Jahre gemeldet zu haben, während Papi selbst auch nie für die Familie da war, das sein Forschungsegoismus immer Vorrang hatte. Veronica ist zu doof, einen Einsatz gescheit vorzubereiten, obwohl sie als Koryphäe auf ihren Gebiet geschildert wird. Und die restlichen Figuren sind eh Untote oder Bösewichte. Keiner zum Liebhaben, zum Mitfiebern, echt jetzt, das geht doch nicht. Nicht einmal ein Playboy-Bunny a la Erica Eleniak in "Alarmstufe Rot". Lässt man ein paar Logilklöcher außer acht, wünscht den Figuren alles Schlechte und konzentriert sich auf den Rabatz, dann ist "Jurassic Dead" genau die richtige Unterhaltung. Ständig was los, immer Tempo drin, Explosionen, Schusswechsel und Fressorgien, wilde Flucht und ne Menge Glück sowie die Vorbereitung einer Fortsetzung. Fast alles da, was Spaß verspricht. Nur der Humor, den ein Jake Bible in seinen Büchern wie z. B. "Mega", das auch auf Action setzt, aber nicht wirklich ernst genommen werden will, einsetzt, der fehlt hier fast gänzlich. Aber der Roman ist abgefahren genug und bringt zudem eine seltene Variante ins Genre, dass man liebend gerne ein weiteres Abenteuer ähnlicher Art lesen möchte. Und dazu vielleicht auch noch einen weiteren "Mega" aus der Feder von Jake Bible. Also Lektüren ohne den nötigen Ernst.


              jerry garcia

              • Gast


              Paul Lieberman. Gangster Squad dokumentiert die wahre Geschichte einer geheimen Polizeieinheit, der jedes Mittel recht war, um Mickey Cohen und andere Mafiosi in Los Angeles der Nachkriegsjahre zu bekämpfen. 1946 rief das LAPD die Gangster Squad ins Leben: acht Männer, die keine Rücksicht kannten, sich im Geheimen an Straßenecken trafen und ihre Maschinenpistolen unter dem Bett versteckten. Illegale Wettbüros, verruchte Bordelle, Lauschangriffe bei Nacht und Nebel - das war ihr Leben. Quelle Amazon.de.

              1946 wird in Los Angeles wegen des überhand nehmenden Verbrechens die geheime Einheit Gangster Squad gegründet. Es begann eigentlich schon, als in der Großen Rezession aus dem ganzen Land Menschen in die Region kamen, weil sie dachten, sie könnten hier ihr Glück machen. Mit ihnen kamen auch die Gauner wie Fred Whalen mit seinem Billard-Trick. Kleine Ganoven, nicht mehr. aber man hatte ja schon einen Al Capone in die Schranken gewiesen und glaubte, das auch mit den Neulingen tun zu können. Doch aus dem Norden und Osten breitete sich auch die andere Krankheit namens Mafia Richtung Pazifik aus, brachte solche Gangsterbrut wie Mickey Cohen mit sich. und aus dem Krieg kamen die Soldaten zurück, die von den Verbrechern mit ihren Taschendiebstählen bis hin zu Überfällen regelrecht ausgenommen wurden. Und die Bosse versteckten sich hinter ihren Anwälten und Lakaien, ihnen war nicht beizukommen. Auch nicht, als sie sich um die Reviere stritten. So kam es, dass die Squad auch Mittel und Wege nutzte, die bestenfalls halblegal waren. Unerlaubtes Abhören war da ebenso an der Tagesordnung wie hin und wieder ordentlich Dresche für einen der kleineren Fische. Aber die Squad wurde auch mit Waffen größeren Kalibers ausgerüstet, die aber seltener in Gebrauch waren, als einem diverse Filme dieser Zeit wahrmachen wollten.

              "Gangster Squad" ist absolut kein Buch NACH dem Film oder dem Drehbuch, sondern mehr ein Sachbuch, das irgendwie schon in etlichen Passagen und auch dem Stil schwer an die L. A.-Bücher von James Ellroy erinnert. Aber wer mit einem Sachbuch überfordert ist, sollte sich dann eher fernhalten. Paul Liebermans Buch ist eine Sammlung von Anekdoten, die zu der Gesamtgeschichte der Einheit verknüpft wurden. Es ist höchst informativ, beschreibt die Zustände der damaligen Zeit ebenso wie den Wandel, den Polizei und auch das Verbrechen durchmachten. Man erfährt von Verwicklungen oder zumindest Verbindungen zu Hollywood, das sich den einen oder anderen Fall als Beispiel für seine Filme nahm. Man erfährt, dass Lee Marvin, der spätere Star, ein Ausbilder im Krieg war, dass Gene Roddenberry Polizeisergeant mit Kontakten zum TV gewesen ist und später ja mit "Star Trek" Weltruhm erlangte. Barbara Stanwyck und Fred MacMurray werden am Rand erwähnt und Mickey Cohens Hang zur Extravaganz im Glamour der Stars mit immer neuen Liebschaften zu sehen ist. Selbst J. Edgar Hoover hat sich aus seiner Zentrale in die Belange der Squad gemischt und auch der Fall "Die schwarze Dahlie" findet seine Erwähnung. Doch in der Hauptsache geht es um die Zusammenstellung der Einheit, ihre Figuren, die Charaktere, woher sie kamen (bei der Gelegenheit wird auch etwas von der Geschichte Kaliforniens eingebracht, das nach dem amerikanisch-mexikanischen Krieg von 1846-1848 an die USA fiel und sich dann nur wenige Jahre später der Union anschloss) und wie ihre Werdegänge aussahen. Da waren die überkorrekten Männer ebenso vertreten wie solche, die durchaus auch mal die Hand aufgehalten haben oder mal so ganz nebenbei Dresche austeilten, um ihren Pappenheimern klarzumachen, dass sie in dieser Stadt nichts mehr zu erben haben. Selbst über die erst 1963 von Joe Valachi (mit Charles Bronson verfilmt) gebrochene Omerta wird ein wort verloiren, über die Gangster, die aus Sizilien nach Amerika kamen, aus Corleone, das dann später Namensgeber für Puzos "Der Pate" war. Insgesamt ist "Gangster Squad" ein Sachbuch mit all seinen Informationen, aber auch mit Schwächen, doch Sachbücher sind eben nicht allein der puren Unterhaltung verpflichtet. Was dann auch im Nachwort zum Tragen kommt, wenn der Autor verdeutlicht, dass einiges verkürzt, vereinfacht oder schlicht nur zu Kommerzzwecken fürs Publikum verändert wurde. Sei es der Cohen im Buch und der von Sean Penn dargestellte, die große Unterschiede offenbaren, seien es die großkalibrigen Auseinandersetzungen oder auch nur die Darstellungen des Niedergangs der Mafiosi des alten Stils. Im Film wurde die Ära des Verbrechens, das sogar dazu führte, dass Hollywood einen Pakt mit der Polizei einging, dass am Ende der Gangster immer verlieren musste und seiner gerechten Strafe zugeführt wurde, die mit Ende der fünfziger Jahre ihren Ausklang fand, dann doch recht knapp geschildert. Das James Ellroy ja mit einer neuen Quadrologie über L. A. kurz nach Pearl Harbor begonnen hat, werden wir zu diesem Thema sicher noch mehr zu lesen bekommen in dessen fiktiv-realistischen Art. Ich fand die Anschaffung des Buches auf jeden Fall keinen Fehler und würde es denjenigen, die kein abgekupfertes Drehbuch lesen wollen, durchaus empfehlen.