I melt with you“25 Years from now…”Story: Richard, Ron, Jonathan und Tim sind alte Freunde aus College-Zeiten, die sich einmal im Jahr für eine Woche in Big Sur treffen, um dort Tims Geburtstag zu feiern und über alte Zeiten zu reden. Sie scheinen ganz normale Männer in ihren 40ern zu sein, mit Karrieren, Familien und Verantwortlichkeiten. Doch in dieser Woche ist nichts, wie es normalerweise ist: Sie konsumieren Unmengen von Drogen, feiern mit blutjungen Frauen, lassen in jeder Beziehung die Sau raus und wollen nicht wahrhaben, dass sie mitten in der Midlife-Crisis sind. Doch dann nimmt der Urlaub eine unerwartete Wendung, als ein lange vergessenes Versprechen wieder an die Oberfläche gebracht wird und das Leben der vier Freunde niemals wieder so sein wird wie zuvor! (Quelle: Jakob GmbH)
Kritik:Was habe ich erwartet? Einen visuell starken, halluzinatorischen Film über 4 (ehemalige College) Freunde, bei deren jährlicher Reunion ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit auftaucht. Sprich, einen sehr guten Psychothriller.
Bekommen habe ich einen sehr bewegenden, fatalistischen Film über Freundschaft, echte Liebe unter Männern, exzessive Flucht vor dem Leben und seinen Krisen. Sprich, ein anspruchsvolles, ergreifendes und tiefschürfendes Independentmeisterwerk.
Der Film ist wie schon angedeutet sehr stark vom Fatalismus geprägt und verfolgt ideelle Wertvorstellungen in aller Konsequenz. Dadurch mag der Film in seinem Plotverlauf für den ein oder anderen irgendwie „abgehoben“ erscheinen, in seiner Metaebene aber, dem eigentlichen Inhalt, da ist er so erschütternd nahe an der Lebensrealität von vermutlich jedem durchschnittlich tickenden Mann.
Im Making Of macht der Regisseur hierzu einen Punkt nach dem anderen und ich kann es nur jedem nahelegen die 20min am besten direkt nach dem Film zu investieren. Sinnesgemäß, dass der Film nicht für jeden sei, aber dass zweifellos Männer, die solche „strong male bonds“ erlebt haben sehr stark auf den Film reagieren werden (check), ebenso wie Personen die Erfahrungen mit Drogen besitzen (kann ich nicht beurteilen, unterschreibe ich dennoch sofort) oder die Punkgeneration der 80er miterlebt haben (kann ich jetzt nur wegen des Soundtracks nachvollziehen).
Der entscheidende Punkt der mich erkennen hat lassen, um was für einen wichtigen Film es sich hier überhaupt dreht, war wohl die Ambition für den Film: sinngemäß, ein „contemporary update of The Grande Bouffe (Das große Fressen)“ zu drehen. Und in der Tat sind die Ähnlichkeiten frappierend, wenn man bedenkt (kein spoiler!!!), dass sich dort 4 Freunde treffen, um sich zu Tode zu fressen. Es ging um die Übersättigung und Maßlosigkeit der Gesellschaft. Und genau dort greift der modernisierte Ansatz von „I melt with you“: es geht um die Perspektivlosigkeit und Frust Vieler mit zunehmendem Alter. Man heiratet irgendwann, sieht seine besten Freunde immer seltener, stellt sich Fragen ob man das erreicht hat was man erreichen wollte, ob man glücklich ist oder was man alles falsch gemacht hat im Leben. Man könnte es auch vereinfachend midlife crisis nennen.
Es ist im Grunde eine American Beauty Thematik – lediglich düster auf Drugs & Rock’n’Roll gebürstet und somit dann doch wieder etwas komplett anderes. Es ist aber auch kein Menschenfeind, der mit seinem unendlichen Hass auf die Grundgesamtheit schockiert. Dafür ist der Film einfach zu nahe an der Lebensrealität.
Interessant dabei ist, und zweifellos bedenklich, dass in beiden Fällen
am Ende alle, bzw. die Freiheitsuchenden daran scheitern und tot sind.
Lange Rede zum Inhalt, aber was nicht verschwiegen werden darf ist das Gesamtpaket, welches die inhaltliche Relevanz von „I melt with you“ im Gesamteindruck zu einem cineastischen Meisterwerk beflügelt:
Die Optik ist nicht nur trist, sondern zeigt auch die ganze Schönheit der Welt. Big Sur (ein traumhafter Küstenabschnitt zwischen L.A. und San Francisco), mit seiner Beliebtheit in der Künstlerszene als Szenerie für diese Geschichte zu wählen verleiht dem Film eine stechende, traurige Widersprüchlichkeit. Big Sur ist wohl der heimliche Fünfte Hauptdarsteller des Film. Unnötig zu sagen, dass die Kameraarbeit meisterlich ist. Schnitt und Musik unterstreichen den Film perfekt und die oftmals genutzte Widersprüchlichkeit von traumhafter Landschaft und düsterer Musik ist auf den Punkt und zieht sich durch den Film ohne den Effekt zu überreizen. Kombiniert mit vielen Stücken der 80s Punkgeneration (allen voran die Sex Pistols) ergibt sich ein perfektes Gesamtbild.
Die Darsteller sind allesamt perfekt gecastet und verleihen ihren Rollen Glaubwürdigkeit mit einer Intensität die nur durch wahre Selbstreflektion getrieben sein kann. Thomas Jane, Rob Lowe, aber auch die weniger bekannten Jeremy Piven und Christian McKay wirken in ihren Exzessen zerstört und von inneren Konflikten zerfressen.
All das macht aus einem wichtigen, relevanten Film ein cineastisches Meisterwerk.
Und wenn beides zusammenkommt, inhaltliche Relevanz und technisch meisterliche Umsetzung, dann zücke ich seit langer, langer Zeit (Jahre) die seltene Höchstnote