ICE FROM THE SUN
Regie: Eric Stanze / USA 1998 / 116 Min NTSC
Darsteller: Ramona Midgett, Angela Zimmerly, Todd Tevlin, Tommy Biondo
Produktion: Jeremy Wallace
Drehbuch: Eric Stanze
Special FX: Tony Bridges, Jeff Bergeron
SCRAPBOOK
Regie: Eric Stanze / USA 1999 / 95 Min NTSC
Dasteller: Emily Haack, Tommy Biondo
Produktion: Jeremy Wallace
Drehbuch: Tommy Biondo
Werfen wir mit den beiden krassen Werken von Eric Stanze einen Blick auf das ungestüme, vitale US Independent Kino, das durch Talente wie Andrew M. Copp (MUTLATION MAN), Ron Bonk (VICOUS SWEET) Alexandre Michaud (URBAN FLESH) (der zwar aus Kanada kommt, aber egal) ein ungeheures Potential in sich trägt. Aus diesem Nährboden ist z. B. auch Gregg Araki (DOOM GENEATION, NOWHERE) oder Darren Aronofsky (der durch PI und REQUIEM FOR A DREAM, der sogar eine Oscarnomminierung bekam, bekannt wurde) entwachsen. Die Devise heisst also jetzt entdecken, um später sagen zu können: Ich habe es ja schon immer gewusst! Vor allem Eric Stanze müssen wir ein ausserordentliches Talent zu billigen. Die Filme wirken rau und roh bis zum geht nicht mehr, aber durch den künstlerischen Umgang mit fulminanten Montagen - zumindest bei ICE FROM THE SUN - die er wohl auf Acid erstellte, wirken die Filme wie avantgardistische Kunstwerke. Die Freiheit der Kunst von Stanze lässt ihn auch in die Extremzonen des Splatterfilms hinabgleiten, denn selten werden solche krassen Dinge derart schockierend dargestellt wie in den beiden Filmen. Insofern liegen die Vergleiche zu dem, auch hier vorgestellten MUTILATION MAN nahe. Das trifft vor allem bei ICE FROM THE SUN zu. Er ist äusserst unangenehm, durch seine üblen Blutszenen und den experimentellen Amokschnitte, zu konsumieren. Die groben Umrisse der Story sind schnell erzählt: Ein Überwesen namens Abraham, wählt 6 Menschen aus, die er in eine andere Dimension mitnimmt, um sie dann nach und nach zu töten. Der letzte ist der Auserwählte, dessen Blut ihm die Macht erhält. Eine Frau die gerade Selbstmord beging, soll ihm Einhalt gebieten, diesen Auftrag erteilt ihr ein göttliches Wesen, das durch eine Stimme zu ihr spricht. Hört sich ja nicht vielversprechend an. Allerdings funktioniert ICE FROM THE SUN auf einer anderen, visuellen Ebene. Die Story ist eigenartig, aber bei ICE FROM THE SUN kommt es auf die Umsetzung an, so dass die Szenen durch die brutalen Stakkatoschnitttechnik und den Industriallärm den gesunden Menschenverstand blockieren und man fühlt sich nach dem konsumieren des Films, wie 2 Stunden in einer Gummizelle. Eine Klassifizierung des Films fällt insofern schwer, da kaum Vergleiche auf der Hand liegen. Vielmehr bleibt die Analyse des Films auf der Strecke und er passt in keine gängige Schemata. Splatter? Ja, vielleicht! Denn durch die herben Szenen als eine nackte Frau über eine Braschestrasse hinter einem Pick-Up hinterher gezogen wird, um dann noch im rohen Fleisch darliegend mit Salz auf die Wunden gequält wird, oder einem der 6 Auserwählten wird der Schlund voller Würmer gefüllt und der Mund zugeschraubt, so dass er sich selbst mit einem Skalpell den Bauch aufschneidet, um sich den Würmer zu entledigen, passen schon in das Genre. Aber ICE FROM THE SUN findet sich eher in den avantgardistischen Gefilden des Experimentalfilms wieder.
Dahin gehend nimmt sich SCRAPBOOK der 1 Jahr später entstand, im Bezug der Überstrapazierung der Sehnerven wesentlich mehr zurück. Dafür leidet der Zuschauer bei SCRAPBOOK, das soviel wie Notizbuch heisst, durch die Intensität des Gezeigten. Der Film beschreibt die Tortour der Gefangenschaft einer Frau mit dem Namen Clara (Emily Haak) bei einem Serienkiller Leonard (Tommy Biondo) auf einer abgelegenen verfallenen Farm. Clara muss täglich die Sadismen des psychopathischen Peinigers aushalten. Sie wird geschlagen, geschunden, vergewaltigt und muss nackt und verdreckt, eingesperrt wie ein Tier, in den, mit Leichenteilen übersäten, Haus ausharren. Leonard zwingt sie in seinem Buch (SCRAPBOOK) - das mit Fotos, Notizen und Trophäen seiner sämtlichen Opfer dokumentarisch seine Taten festhält - ihre Leiden nieder zu schreiben. Clara erkennt, das das Schreiben im Buch die einzige Überlebenschance für sie ist und so kommuniziert sie mit ihm und manipuliert ihn . Ein schreckliches Drama geht seinen Lauf. Dieser fast dokumentarische Leidensweg von Clara geht an die Grenzen der Belastbarkeit. Eric Stanze hält ohne Umschweife frontal auf das grausame Geschehen drauf. Unverblümt sehen wir über Minuten die brutalen Vergewaltigungen und die fatalistischen Auswirkungen der kleinen Auflehnungen gegen Leonard, die Clara versucht. Das psychologische Spiel der Beiden lässt auch die Schauspieler sich bis auf das Letzte verausgaben, so dass sie sich während der Dreharbeiten oft erholen mussten, um diese unmenschlichen Taten zu verarbeiten. Um so mehr wird der Zuschauer durch die glänzende Schauspielleistung und den Realismus der Qualen bis zur Substanz gefordert. Dieses macht SCRAPBOOK zu dem härtesten Drama - vor allem durch den abstossenden, widerlichen Sex und das Aufzeigen von menschlichen Abgründen - das wohl je gedreht wurde. In einem Interview erzählte Regisseur Eric Stanze, das er sich von TCM und I SPIT ON YOUR GRAVE inspiriert fühlte, das aber für ihn die Filme nicht die wahre Wirklichkeit reflektieren und er deshalb mit SCRAPBOOK seine Version des totalen Terrors drehte. Hauptdarsteller Tommy Biondo, der auch die Story verfasste, setzte sich ein ½ Jahr mit den Verhaltensweisen von Serienkillern auseinander und adaptierte seine Recherchen für das Drehbuch, das trister und brutaler nicht hätte sein können. Eine Gore Bewertung fällt aus, obwohl auch eine glatte 100% dort stehen könnte. (ap)
ICE FROM THE SUN
gut /80%
SCRAPBOOK
sehr gut/ 00 %
MUTILATION MAN
Regie: Andrew M. Copp / USA 1999 / 82 Min NTSC
Darsteller: Terek Puckett, Robbie Crellin, Jim Van Bebber, Kristie Bowersock
Produktion: Nightcrew Production
Special FX: Andrew M. Copp
Eines vorweg, MUTILATION MAN ist ein hammerharter Psychotrip, der mit seinen experimentellen Bilderrausch die Sinne fast vergewaltigt. Der Hauptleidene des Films ist Ivan (Terek Pukett), dem Wahnsinn nahe, erlebt er bei seiner Wanderung im Niemandsland zwischen Leben und Tod einen einzigartigen Alptraum. Die Wirklichkeit verwischt sich zwischen den Visionen seines bizarren Kindheitstrauma, dass durch sein psychopathischen Vater (Jim Van Bebber), der Frauen zerstückelte, ausgelöst wurde und den immer wiederkehrenden Alpträumen, in denen er im Uterus seiner Mutter gefangen von perversen Frauen gequält wird. In der Ebene der realen Existenz erlebt Ivan als Wiedergeborener aus der Erde, fast jesusgleich, die Fortführung der Taten seines kranken Ichs. Bei seiner Reise durch das surreale Ödland, die zuweilen an die in Alexander Jodorowskys EL TOPO erinnert, zerschneidet er sich unter Anfeuerung seiner Anhänger selbstzerstörerisch seinen Körper auf das extremste. Geplagt von den traumatischen Begebenheiten werden auch beim Betrachter unangenehme Gefühle an die Oberfläche gespült. Denn durch die enervierende Geräuschkulisse und die Bilderflut, die aus grobkörnigen Super 8,16 mm, auf videogefilmten Cuts und aus Ausschnitten von Exikutionen und Pornofilmen zusammengefügt sind und zusätzlich noch durch Zeitraffer, Slow Motion, Filter und Negativüberblendungen verfremdet wurden, gelten Irritationen beim Zuschauer als vorprogrammiert. Regisseur Andrew M. Copp, der bisher nur durch einige avangardistische Kurzfilme aufgefallen ist, bedient sämtliche Stilmittel um den visionären Horroralptraum MUTILATION MAN dem Seher schon fast beängstigend in den Kopf zu hämmern. Die Ekelgrenze, durch extremgorige Exzesse, wird oftmals während der Reise in das sicke Ego von Ivan überschritten. Z. B. als sein Vater, der von der Kultikone Jim Van Bebber (Regisseur von DEAD BEAT AT DAWN, MY SWEET SATAN und demnächst CHARLIES FAMILY) dargestellt wurde, in einer Badewanne voller Menschenfleisch sitzend, sich an zwei abgeschnittenen Frauenbrüsten vergeht und bei einigen anderen abstossenden Gedärmereien. Was mag wohl in der Psyche des Regisseurs vorgehen? Denn dieser einzigartige fast wortlose Film, der vielleicht noch unter Umständen mit TETSUO vergleichbar ist, über die Anarchie des Sex und der Selbstzerstörung, ist vermutlicherweise therapeutisch heilend für seine Selbstfindung und dient letztlich zur Verarbeitung seines eventuellen Traumas. Sonst ist wohl jede Chance auf eine Heilung bei ihm verloren, oder er nimmt Halluzinogene Drogen. Aber wer weiss das schon? Das jetzt erschienene vorliegene unrated NTSC Tape beinhaltet noch 40 Minuten Bonusmaterial als da wäre: 2 Trailer, Behind the Scenes Footage, geschnittene Szenen, alternatives Ende und ein Musikclip. (ap)
herausragend/80%
Die werden gekauft
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