Better Call Saul Ich hatte die drei Staffeln in kurzer Zeit durchgekloppt und bin sehr zufrieden mit diesem BB-Ableger. Der Suchtfaktor war bei mir sehr hoch, bedeutend höher, als z.B. bei den "Sons". Es war auch erfrischend, dass die Folgen "normale" 45 Minuten laufen, und man recht zügig weiterkommt. Jetzt wo ich durch bin, vermisse ich es schon. Am besten sollte man Serien echt erst schauen, wenn Sie abgeschlossen sind. Das eine Jahr warten bis die neue Staffel erscheint, wird definitiv hart.
Einerseits werden einzelne Stilmittel aus "Breaking Bad" übernommen, was vor allem in Staffel 2 und 3 mehr wird (die Szene mit den roten Sportschuhen an der Stromleitung hätte z.B. 1:1 aus BB sein können), aber die Serie funktioniert anders. Im Gegensatz zu Walter White, ist Jimmy eine Figur mit vielen Gesichtern und von Natur aus eher ein positiver, humorvoller Charakter. Dadurch finde ich die Situationen, in die er gelangt meist unvorhersehbarer und interessanter. Das emotionale Auf und Ab wirkt hier viel glaubhafter, als bei den meisten aktuellen Serien dieser Art. Auch die unspektakuläre Inszenierung und das eher ruhige Tempo haben mir unheimlich gut gefallen. Das Geschehen ist einfach bodenständiger und für mich viel greifbarer, als eine Story über Motoradrocker, die hunderte von Menschen killen (das soll kein Diss gegen "SoA" sein, das hat auch seine Qualitäten, aber so etwas hier liegt mir einfach als Ganzes etwas mehr). Beim Anschauen wunderte ich mich aber schon oft, dass die Serie im Allgemeinen so gut ankommt. Hier wurde oft von der "Serie für Zwischendurch" geschrieben oder "ganz nett" oder auch "nicht spektakulär genug". Für mich ist das genau der Punkt, der "Better Call Saul" zu etwas besonderem macht.
Das hätte es in dieser Form ohne "Breaking Bad" niemals gegeben. Den Machern gelingt es, durch geschicktes Anfüttern immer wieder einen Bogen zur "Mutterserie" zu schlagen, um die Fans bei der Stange zu halten. Das geschieht natürlich durch die wiederkehrenden Figuren und die Stimmung, die immer mal wieder phasenweise an BB erinnert. Der Part mit Mike bringt da noch am ehesten eine Verbindung. Aber im Großen und Ganzen geht "Better Call Saul" einen völlig anderen Weg. Das große Drama, die große Soap und die spektakulären Gewaltausbrüche gibt es hier (noch) nicht, die Serie zieht ihre Faszination aus mehr oder weniger alltäglichen Situationen und Problemen, denen sich die Figuren stellen müssen. Klar, der "Gangster"-Handlungsstrang wird präsenter und ich denke, dass in der kommenden vierten Staffel vermutlich die Familienprobleme der McGills in den Hintergrund treten. Aber bis jetzt finde ich diese Konstellation hervorragend. Ich mag diese schwammigen, komplizierten und lebensnahen Figuren einfach. Kim ist toll, die Wandlung von Chuck finde ich großartig, anfangs hätte ich nie gedacht, dass Michael McKean so eine bedeutende Rolle in der Serie spielt, das freut mich sehr. Ich mag den Kerl seit "Nummer 5 gibt nicht auf" und "Spinal Tap". Selbst Howard, der als typisches Snob-Arschloch eingeführt wurde, hat mehr Facetten, die sich nach und nach offenbaren. Mir gefällt sogar, dass die ganze Zeit offen bleibt, was das zwischen Kim und Jimmy genau ist, Freundschaft+ oder vielleicht doch eine ernste Beziehung. Das ist so herrlich erfrischend, ich muss nicht immer "Sex & Violence" explizit auf dem Bildschirm haben. Nur weil mittlerweile fast alle Serie diese Erfolgszutaten beinhalten, ist es noch lange kein Garant für Qualität.
Zu sagen, dass mir "Saul" besser gefällt als BB, wäre vielleicht etwas zu viel der Huldigung, alleine weil der Ableger etwas locker-leichter und humorvoller daher kommt und vielleicht nicht ganz so perfekt durchstrukturiert ist, aber dennoch gefällt mir die Serie wirklich gut und ich freue mich schon auf die Weiterführung der Geschichte(n).
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