Parental Advisory 2003
Was hab ich geschmunzelt, als ich neulich beim Einkaufen die neuen Labels auf den Zigarettenschachteln gesehen habe. Statt dem drögen "Rauchen gefährdet ihre Gesundheit", das in etwa so bedrohlich klingt wie "Bei Risiken und Nebenwirkungen lesen sie die Packungsbeilage und fragen sie ihren Arzt oder Apotheker", stehen nun in halber Packungsgröße und im Stil einer Todesanzeige Sprüche wie "Rauchen kann tödlich sein", "Rauchen beeinträchtigt ihre Gesundheit und die ihrer Mitmenschen", "Rauchen lässt ihre Haut altern" und so weiter und so fort. Starker Tobak, diese deutliche Sprache. Für mich als Nichtraucher ist das natürlich sehr begrüßenswert, einen Kettenraucher wird dies aber auch nicht bremsen, dessen bin ich mir relativ sicher. Deshalb vermute ich auch, dass das alles nur drauf steht, weil die Zigarettenindustrie (winkewinke Herr Remtsma und Mister Morris!) vermeiden will, dass es zu Schadenersatzklagen für Krebserkrankungen und Raucherbeine in Millionenhöhe kommt, wie in den USA mal wieder geschehen. Schreiben wir lieber mal "tödlich" drauf, dann kann sich hinterher keiner beschweren, wenn er stirbt.
Wenn irgendwo "tödlich" drauf steht ist das für uns Metaller ohnehin auch kein Warnhinweis, sondern Werbung. "Tödliche Riffs", "Killer-Album", oder eben "Death Metal" - so muss das doch sein, damit es ordentlich knallt. Und ein bestimmter dummer Spruch hat sich eh seit den Achtzigern mehr als Qualitätssiegel denn als Warnhinweis bewährt: "Parental Advisory - Explizit Lyrics". Vielleicht sollte man den albernen Sticker auch einmal einstampfen und sehr viel konkretere Warnaufkleber für Metal-CDs entwerfen. "Headbangen kann zu Nackenschmerzen führen", "Laute Musik kann Nachbarn belästigen" und ähnliches wären schon ein Anfang. Noch Spezielleres wäre mitunter auch angebracht. So dürften Korn-CDs gerne Warnungen zieren wie "Tiefe Bässe gefährden ihre Boxen". Oder bei Judas Priest und King Diamond "Mitsingen kann zur Stimmbandzerrung führen". Oder auf der neuen Metallica "Auch Nachjustieren der Soundeinstellungen bringt nichts". Oder bei Dream Theater "Musik für Musiker - Anhören führt zu Minderwertigkeitsgefühlen und Depressionen". Oder bei 4Lyn "Achtung, Jungspunde ohne Respekt vor traditionellem Metal". Oder bei Anthrax "Nicht im Walkman hören - spontanes Los-Moshen gefährdet Straßenverkehr und Mitmenschen". Die Möglichkeiten sind endlos und ihr dürft mir gerne mit eueren eigenen Vorschlägen im Forum antworten.
Ach, was wäre das alles praktisch! Man würde nie wieder verkehrte Musik kaufen, denn wenn ich eine Six Feet Under Scheibe im Laden in die Hand nehme und darauf lese "Nur für Hobby-Death-Metaller" oder auf Blink Sum 90210 "Der Klang dieser CD enthält 0,3% Punk", dann weiß ich, das ist nichts für mich. Doch welches Label würde sowas schon drauf drucken? Viel verkaufsfördernder wären dann wieder Aufkleber der Sorte "Warnung: Eltern mögen diese Mucke bestimmt nicht", "Achtung: krasse Texte" oder "Vorsicht: eine der härtesten Platten überhaupt." Und da sind wir wieder dabei, dass sowohl bei Musik als auch bei Rauchen direkte Warnhinweise wenig bringen, wenn nicht sogar das Gegenteil bewirken.
Da es also immer ums Verkaufen und nicht ums Warnen geht, bleibt meine Befürchtung nur die: Je gefährlicher Rauchen laut Packungshinweis ist, desto cooler wird es doch für die Suchtanfänger, oder nicht? Der 15-jährige ist doch dann erst recht ein harter Kerl, wenn er trotz der beschriebenen Gefahren noch raucht, deswegen auch hier noch meine abschließenden Vorschläge: Vielleicht überlegt es sich doch noch der eine oder andere Neusüchtling anders, wenn er auf dem Pausenhof die Kippenschachtel zückt und diese z.B. Barbie-rosa ist (also ein völlig uncooles Accessoire wird), oder darauf Sprüche stehen wie "Ich brauche die Dinger als Schnullerersatz", "Ich glaube wirklich, dass ich mit Kippe weniger lächerlich bin" oder auch "Lacht mich aus". Aber mich fragt ja auch keiner. (mono)
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