Na hier mal mein Senf zum Film
Eigentlich kann ich den asiatischen Grusel/Horrorfilmen der letzten Zeit wenig abgewinnen. Nicht, dass sie keine Atmosphäre oder keine Ideen hätten. Aber irgendwie reizen die "Schocks" mich meistens einfach nicht wirklich. Sie lassne mich irgendwie weitestgehend kalt. Und auch das ständige vorkommen irgendwelcher kleinen schwarzhaarigen Mädchen, die dann mehr oder weniger der Schlüssel zum Ganzen sind, nervt irgendwann. Interessant an R-Point ist allerdings, dass er Elemente des Asiagruslers, mit Psychohorror und Anti-Kriegsfilm vermischt.
1972. Bei der koreanischen Armee geht ein Funkspruch einer verloren geglaubten Einheit ein. Sofort wird ein Suchtrupp zusammengestellt, der die Insel, auf der dieser Trupp zuletzt war absuchen und herausfinden soll, ob die Soldaten noch leben oder nicht. Doch schon bald ereignen sich seltsame Dinge am sogenannten R-Point und nicht nur die anscheinend drohende Gefahr, sondenr auch die Streitereien zwischen den Soldaten zehren an ihren Nerven.
Anfangen tut R-Point wie ein ganz normaler Kriegsfilm. Und diesen Kern behält er auch den ganzen Film über. Statt auf tonnenweise Splatter oder durchgehenden Spukhausgrusel zu setzen, geht ein Teil des hier dargestellten Horrors vom Krieg bzw. der Ängste der Soldaten an sich aus. So spielen natürlich die Soldaten und ihre Beziehungen zueinander eine wichtige Rolle im Film. Und hier ist nichts übernatürliches dran. Dies stellt auf realistische und durchaus intelligente Weise den Horror des Krieges dar, auch wenn es kein konventioneller Kriegsfilm ist.
Hinzu kommen nun natürlich die Horror/Grusel Elemente. Und da wird auch viel typisches geboten. Es geschehen immer wieder irgendwelche seltsamen bzw. mysteriösen Dinge, die eine angenehme Gruselatmosphäre schaffen, aber meiner Ansicht nach (wie bei den meisten Asia Gruslern) nicht wirklich als "Schockeffekte" anzusehen sind. Doch der Film kann durch seine sehr authentische Darstellung der Umgebung, die mal nicht durch Farbspiele oder Effekte entfremdet wird, und den Horror der Soldaten, der mehr und mehr wird und ihnen ständig ins Gesicht geschrieben steht, zusätzliche Atmosphärepunkte sammeln. Selbst wenn die "Schocks" bzw. "mysteriösen Vorkommnisse" (derer es im Film sehr viele gibt) einen meistens nicht wirklich erschrecken, so wird durch die schauspielerische Leistung doch eine angespannte Atmosphäre aufgebaut.
Deshalb muss ich kurz mal ein Lob an die Darsteller aussprechen. Die Charaktere, von denen keiner anonymes Schlachtvieh bleibt, sind eher vielschichtig gestaltet und eben dies, zusammen mit dem immer mehr steigendem Entsetzen bzw. der steigenden Verwunderung/Ratlosigkeit/Angst, bringen die Darsteller hervorragend rüber. Also auch diesbezüglich macht R-Point alles richtig.
Auch sehr gut finde ich, dass der Film nicht nur auf "Asien-typische" Schocks und den Kriegshorror baut, sondern dies gekonnt verbindet und dadurch eine bisher meiner Ansicht nach eher selten gesehene Art Psychoterror kreiert. Die Ängste vor den Schrecken des Krieges und die Angst vor den übernatürlichen Ereignissen, die man natürlich nicht fassen kann/will, ergeben vermischt eine Angst vor etwas, in das man unweigerlich verwoben ist, dem man nicht entweichen kann, aber das man nicht realisieren kann, das es eigentlich nicht geben kann. Die Soldaten sind sozusagen schon tot als sie beim R-Point ankommen, sie wissen es nur noch nicht. Aber mit Fortlauf des Films wird diese Gewissheit immer klarer. Und gerade da man die Soldaten und ihre Charaktere kennenlernt und sie mehr als "Teenie-Slasher"-mäßiges Schlachtvieh sind, berührt der Film einen mehr als manch ein anderer Film dieses Genres. Denn bei vielen Asiagruslern werden zwar auch sehr gut und einfühlsam die Charaktere vorgestellt, aber wenige stecken in einer derartigen Misere wie die in diesem Film und wenige haben ein solches Ende vor sich, wie die Charaktere hier.
Das I-Tüpfelchen zu der Atmosphäre bilden dann die Bilder und der Score. Wie schon erwähnt wird hier auf realitische Optik gesetzt. Aber die "Kulissen", egal ob das alte Gebäude, die Felder, der Bambuswald oder die Ruine, alle haben sie etwas unheimliches, gruseliges. Selbst bei Tag, und da spielt auch eine grosse Zeit von R-Point, wird diese Atmosphäre erzeugt. Besonders gelungen fand ich auch den Friedhof (wer den Film gesehen hat vertseht dies). Optisch einfach sehr schöne Szene (eine von vielen). Der Score ist zwar nicht besonders auffällig, wie z.B. bei vielen Argentofilmen. Er drängt sich nicht in den Vordergrund, er bleibt meistens dezent im Hintergrund und steigert die Spannung eher unterschwellig. Dies passt auch besser zu der Auslegung des Films auf eher intelligenten, denn auf Effekthorror.
Es gibt allerdings auch zwei mehr oder weniger Kritikpunkte an R-Point. Der erste ist, das an sich bis zum Finale das Tempo eher gedrosselt bzw. ruhig ist. Sicherlich zwischendurch geschieht einiges, aber nicht jedem liegt diese ruhige Art Aufbau. Zwar ist konsequent eine Steigerung bis zum Finale vorhanden, aber erst am Ende gibt es dann sozusagen eine richtige Explosion. Anders ausgedrückt : Der Film legt, zugunsten seiner eher psychologischen und intelligenten Natur, nie wirklich heftig los. Dies hebt er sich dann fürs Finale auf, bei dem keiner mehr das, was von vorne herein klar war aufhalten kann. So überrascht das Ende zwar nicht, aber es gefällt in seiner Konsequenz. Aus meiner Sicht ist das zwar alles sehr gut und spricht für R-Point, anderen hingegen wird dies den "Spass" an R-Point rauben.
Der zweite mehr oder weniger Kritikpunkt ist, dass eigentlich gar nichts wirklich erklärt wird. Nichtmal wirkliche Hinweise werden gegeben. Weshalb es z.B. Geister gibt und wieso sie dieses tun bzw. sich dort aufhalten, dass kan man zwar mutmaßen, aber eine wirkliche Erklärung gibt es nicht her. Andererseits hinterlässt dies einen mysteriösen/seltsamen Eindruck, der zum Gesamtkontext des Filmes passt. Ob es wirklich besser gewesen wäre eine Erklärung einzubauen sei dahingestellt. Denn die Soldaten wissen nicht, weshalb all dies geschieht, und das war sicherlich beabsichtigt und wirkt überzeugend. Man könnte natürlich hineininterpretieren, dass die Soldaten hier nicht wissen weshalb sie sterben, was sie wirklich schlimmes getan haben, damit eine Parallele zum krieg entsteht in dem viele Soldaten auch nicht wirklich wissen weshalb sie fallen, oft sogar sinnlos sterben (wie hier eigentlich), aber das ist vielleicht etwas vage und weit hergeholt.
Fazit : Intelligenter Anti-Kriegs-Psycho-Grusel/Horror, mit tollen Bildern, gelungenem Score, düsterer Atmosphäre und überzeugenden Darstellern. Die einzigen Schwächen sind auch eher zwiespätlig zu betrachten und meiner Ansicht nach dem Film nicht allzu stark anzukreiden.