Hass - La Haine

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Offline Ed

  • Die Großen Alten
    • "The Feminist"
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    Hass - La Haine :arrow: 8,5/10

    Eeeendlich gesehen, nachdem ich ihn schon seit Jahren dringend haben wollte. Nachdem mir vor einem Jahr der ebay Kauf der alten frz. DVD mit dt. Ton durch einen betrügerischen ebay Verkäufer misslungen ist endlich die richtige Aufmachung im Steelbook (auch wenn das schon lange nichts mehr besonderes ist).

    Genau diese lange Spanne hat mich Enormes erwarten lassen: Kassovitz in Kombination mit Vincent Cassel, schwarz/weißer Film über Parise Kriminelle im Ausnahmezustand mit der Polizei.
    Im Endeffekt habe ich etwas mehr erwartet, aber von Enttäuschung kann bei so einer Bewertung nicht im Ansatz die Rede sein. Meine Ewartungen an den Film waren einfach anders: jedoch weder bei den Charakteren noch beim Look oder dem Feeling. Ich denke es war der Plot.

    Erwartet habe ich einen Fokus auf die Ausschreitungen und die Riots, bekommen habe ich einen "everyday life" Film über die Tristess in Pariser Betonbautenvorstädte und die Langeweile, wenn man nicht weiß was man mit seiner Zeit anstellen soll. Dies wurde sehr eindrucksvoll vermittelt: zum einen durch die Zeiteinblendungen, die vielen ständig wechselnden Locations und die urplötzlich ausbrechende Aggressivität des Trios Saiid, Hugo und Vinz, dass durch die Straßen zieht und im einzigen Subplot des Filmes einen Schuldner und Freund von Saiid in der City von Paris besuchen geht.

    Fazit Plot: Erwartung war anders, Realität war genauso gut!

    Besonders genial gelungen ist die surreale und abstrakte Szene auf der Toilette als ein im WWII deportierter Jude in einer geisterähnlichen Szene in einen Streit der Drei einsteigt. Ohne Vorstellung, ohne Verabschiedung erzählt er en passant von den Greueltaten der Deportierung und seinem Freund, der beim "Scheißen" zurückgelassen wurde und im Schnee erfror. Ohne mit der Wimper zu Zucken führt uns der Alte her im Vorbeigehen die Perversität heutiger Konflikte vor Augen. Bisweilen ist die Szene sehr offen gestaltet und kann als Parallele gewertet werden zum heutigen Rassismus oder aber eben auch zur plötzlichen völligen Bloßstellung durch Relativierung der scheinbar maximal sinnlosen und brutalen Ausschreitungen in der Gegenwart. Ganz große Charakterzeichnung wird auch in der Reaktion der Drei gezeigt: völlig verdutzt stehen die sonst auch vor Rentnern nicht halt machenden Rowdies, allen voran V.Cassel als Vinz, vor dem Waschbecken und schweigen. Besonders das Wiederaufgreifen durch ein zwar simples aber ehrliches "Was wollte der Mann uns damit sagen" zeigt die Tiefe der scheinbar "primitiven" und gewalttätigen Jugendlichen auf.

    Rassismus wird auch in einer Szene als Saiid, der Araber, und Hugo, der Schwarze, auf eine Gruppe Neonazis treffen, tiefgehend und ohne Fingerzeig thematisiert. Hier zeigt sich besonders gut, dass beide Seiten verhärtet sind und durch ihr eigenes Verhalten dem anderen an Argumenten zuspielen. Da wären die Neonazis, die gerne in Gruppen auftreten, und die Magrebs, die dem in Nichts nachstehen. Als die Neonazis noch die Oberhand haben gehen sie mit großer Aggressivität vor, als jedoch Vinz mit der Polizeipistole - um die dich die Konflikte der Drei im Film drehen - dazustößt und die Machtverhältnisse umkehrt, zögert keiner ebenso Vorteil aus der Situation zu ziehen indem sich genau einer aus dem Rudel gepickt wird, um ihn übelst zu misshandeln und mit dem Tod zu bedrohen. Es gibt eben immer zwei Seiten der Medaille und wer sich einseitig auf eine der beiden Extreme - Rechtsradikalismus oder Ausländergewalt - stürzt wird der Komplexität nicht gerecht.

    Ein weiteres Thema der Filmes, das Hauptthema Polizeigewalt und Gewalt gegen Polizei, wird in einer ebenso feinsinnigen Art dargestellt, dass schnell klar wird, dass die durch Hugo vertretene Meinung (dass die Polizei immer noch zu unserem Schutze da sei, wenngleich es auch schwarze Schafe gibt und ein Polizistenmord eben nicht umgekommene Freunde rächt oder wieder zurückholt) noch am ehesten die Realität widerspiegelt.

    Das Ende des Filmes ist dann der Schlag in die Magengrube, die zeigt, wie schnell es gehen kann...auch in (für die Drei) "normalen" Situationen. Nach dem Schluß mußte ich ersteinmal den kurzen nicht untermalten Abspann genehmigen um den Schluß zu verarbeiten und einzuordnen in die Kontinuität des Filmes, was aber sehr schwer fällt, da der Film eben wie aufgezeigt keine "echte" Kontinuität im Sinne von Moralvorstellungen oder Einkategorisierungen besitzt.

    Fazit: Auf jeden Fall ein tiefgründiger Film, der mir durch seine größtenteils sehr ruhige Art wunderbar gefallen hat, auch wenn meine Ewartungen an den Film in inhaltlicher Sicht wohl ziemlich mit dem tatsächlichen Film auseinanderliefen.


    Offline Flightcrank

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      • Just a guy stuck in the 80s...
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      Guter Film! :arrow: 8/10 war glaube ich meine Wertung...