Havoc bei den Nibelungen
oder:
über die Unverträglichkeit von eiskaltem Wasser beim Langstreckenlauf
Worms 09.09.2007
www.nibelungenlauf.deJa hier stehe ich nun auf dem Wormser Festplatz. Um mich herum lauter Läufer.
Katherina und ich betreten der Startblock und sortieren uns erst mal im hinteren Drittel ein.
Mitja macht andauernd Fotos von uns beiden und blöde Sprüche. Das darf er leider auch, denn
schließlich läuft er auf Grund einer Mittelohr Entzündung heute doch nicht mit.
Außerdem ist er auch schon mehrere Halb-Marathons gelaufen, und diese auch ziemlich schnell.
Halb-Marathon. Deshalb sei er auch entschuldigt. Jürgen jedoch hat feige gekniffen
und sich am Vorabend auf das nächste Starßenfest begeben. Uschi des Jahres!
Im Startblock stehend denke ich mir: "Du hast es ja nicht anders gewollt, jetzt stehst du hier und
nun musst du auch durch"! Doch alle tollen mentalen Aufmunterungstips helfen nicht gegen meine
Nervosität. "Nochmal gedanklich alles durchgehen. Am Anfang langsam angehen lassen, kein zu
schnelles Tempo auf den ersten Kilometern"
Andererseits bin ich noch nie mit Katherina zusammengelaufen. "Passen unsere Schrittfrequenzen?
Können wir gut zusammen laufen, oder verwirren wir uns gegenseitig?"
Der Countdown reist mich aus meinen Gedanken!
Mitja verabsschiedet sich von uns und wünscht uns einen guten Lauf.
OK jetzt geht es los. Die Tempofraktion direkt hinter der Startlinie rennt los. Vor mir
setzt sich langsam der Pulk in Bewegung. Wir laufen los. An der Startlinie signalisiert
mir ein Dauergepiepse, dass die ganzen Zeitmess-Chips aller Läufer deren Startzeit festhalten. Und
ich aktiviere meine Stopuhr.
Durch einen kleinen Kanal laufen wir über den Festplatz und in die Wormser Innenstadt hinein.
Das Feld ist noch recht dicht und auf einer kleinen Straße mit viel Kopfsteinpflaster wird es
kurzfristig auch ein wenig eng. Aber ok, langsam aber sicher verschwindet auch ein bißchen meine
Nervosität. Ich laufe, und das ist gut so!
Gleich beim ersten Kilometer fragt mich Kathy wie unsere Zeit steht. Ich schaue auf die Uhr.
5:40 Minuten für den ersten Kilometer. Ein klein wenig zu langsam aber noch locker im Rahmen.
Einen 5:30er Schnitt hatten wir uns für die ersten 10 Kilometer vorgenommen. Danach wird dann
situationsbedingt weitergeplant.
Im Zickzack geht es weiter durch die Wormser Innenstadt und wir ziehen langsam das Tempo an.
Ab Kilometer 3 sind wir wieder genau im Plan. Zwischendurch begegnet uns zweimal Mitja der sich den
Streckenplan zu Nutze gemacht hat und uns zum Fotoshooting schon erwartet.
Nach diversen Aufmunterungen "Ihr seht spitze aus"! geht es weiter.
Die Streckenführung durch die Stadt ist charakterisiert durch viele Richtungswechsel, und eher
durchschnittliche Publikumspräsenz. Da hatte der Veranstalter aber mehr versprochen.
Kurz vor Kilometer 5 geht es heraus aus der Stadt in Richtung Stadtwald.
Den ersten Verpflegungsstand lassen wir links liegen und erklimmen die Brücke die über die
Bundesstraße führt. Danach wieder runter und wir tauchen in einen schönen Mischwald ein.
Rechts ist der Stadtpark zu erkennen. Links sind dieverse Vereine angesiedelt, wie die
Kanninchenzüchter und so weiter. Außerdem lacht mich ein wirklich schöner Biergarten auf der linken
Seite an. Ein Bier...mmmhmmm... heute Abend. Dieses Stück zieht sich jetzt mit bis Kilometer 7
Hier biegen wir dann rechts ab und laufen an einen Hochwasserschutzdamm durch eine Weidelandschaft.
Bei Kilometer 8 liegen wir 2 Sekunden über Plan bei 9 und 10 dann wieder 12 Sekunden darunter.
Bei Kilometer 10 am Verpflegungstand schnappe ich mir einen Becher Iso-Getränk und einen Becher
Wasser. Lässig schüüte ich mir das Iso Zeug in den Hals, uns sehe erst im letzten Moment dessen
fiese rosa Farbe.
Und genau so schmeckt es auch. Buuäärrggh. Schnell Wasser hinterher.
Und hier ist der Punkt den ich in meiner Vorbereitung nicht bedacht hatte.
Das Wasser war eiskalt und im Lauftempo gar nicht so einfach zu trinken.
Ich verschlucke mich, leere mir die Hälfte übers Hemd und das eiskalte Wasser rutscht mir in den
Magen.
Ich hole wieder zu Kathy auf. "Muss die denn gar nichts trinken heute?" denke ich so vor mich hin.
Die Strecke geht nun kurz über einen Feldweg und an der Bundesstraße vorbei. Naja landschaftlich
schon Schöneres gesehen. Inzwischen ist es hier auf dem freien Feld auch recht windig geworden.
Das wäre ja auch recht schön, wenn der Wind nicht dauernd von vorne kommen würde.
Bei Kilometer 11 sind wir mit 59:30 locker unter dem Plan. Nur leider spüre ich meinen Magen immer
stärker. Das eiskalte Wasser vorhin hat ihm nicht so bekommen. Egal durchbeißen. An einer Kreuzung
steh ein Ritter der die Läufer nach rechts in einen anderen Feldweg lenkt. Hinter ihm kommen schon
die wirklich schnellen Läufer vorbei. Wir traben weiter, die Sonne kommt heraus und es wird warm.
Das habe ich jetzt gerade noch gebrauch, denke ich mir. Die Magenschmerzen werden auch nicht besser.
Kathy hat sich ab Kilometer 13 auch schon einen Meter vor mich gesetzt und läuft sauber ihre Zeit.
Kurz vor Kilometer 15 kommt auch schon wieder so ein doofer kleiner Hügel wie es sie hier in diesem
Gebiet, mit den ganzen Dämmen doch recht viele gibt. Die sind nicht besonders hoch aber die kurze
knackige Seigung ist auch nicht Ohne. Diesmal nehme ich mir am Verpflegungsstand nur Wasser und gehe
zum Trinken ein paar Schritte. Das hätt ich auch vorhin schon tun sollen. Denn die Magenschmerzen
sind leider weiterhin da. Ich laufe weiter. Kathy hat inzwischen schon gute 8 Meter Vorsprung und meine
Magen signalisiert mir mit Krämpfen, dass er keinen Bock mehr auf dieses Tempo hat. Ich muss etwas
Tempo rausnehmen und lasse Kathy nach km 16 ziehen.
Nach km 17 kommen wir in ein Industriegebiet am Rhein. So ein trostlosen Streckenteil
brauche ich jetzt gerade noch! Es geht in eine Schleife mitten in das Industriegebiet hinein.
Ich werde langsamer. Auf der Gegenspur kommt mir Kathy entgegen und versucht mich anzufeuern.
Ich halte den Daumen hoch und versuche zu beschleunigen. Nach einer mir endlosen Strecke kommt der
Wendepunkt und ein Verpflegungsstand. Ich nehme mir ein Wasser und gehe ganz ruhig. Trinke ganz in
Ruhe und versuche meinen Puls zu beruhigen und die Magenschmerzen loszuwerden.
Aber mein Magen ist total verkrampft. Nach 200 Meter gehen verfalle ich wieder in den Laufschritt.
Die ganze öde Industriestrecke nun wieder zurück. Bei km 19 konsultiere ich meine Uhr.
1:45:xx "Hey noch gute 14 Minuten für die letzten zwei km um auf unter 2 Stunden zu kommen, das
reißt du doch auf deinen Trainingsstrecken mit einem Gähnen ab" meldet sich der Optimist in mir.
"Da hast du aber auch keine Magenkrämpfe" meldet sich der Schweinehund.
Ich laufe weiter. Obwohl Laufen ist schon fast zuviel gesagt. Die Krämpfe sind einfach zu
schmerzhaft. Ich kann nur im reduzierten Tempo weitermachen.
Nun geht es auch noch durch einen landschaftlich reizenden, die Sinne betörenden Industirehafen.
Toll, aber weiter. "Scheiss Hafen, scheiss Laufen, scheiss Magen". Sowas mache ich nie wieder.
Verfalle kurz ins gehen. Der Schweinehung grinst.
"Halt nein!. Dafür hast du die ganzen letzten Monate trainiert? Um jetzt zu gehen?
Ich trete mir selbst in den Arsch und passiere km 20. Von der Zeit habe ich leider keine Ahnung
mehr. Unter einer Brücke hindurch und ich kann den Festplatz sehen! Juchhu!!
Hinter dem Zelt ist das Ziel ich kann es sehen! Ich gebe Gas. Am Eingang Richtung Festplatz stehen
auch noch meine Eltern und machen Fotos. Gut sehe ich darauf bestimmt nicht aus.
Doch was ist das?
Das Ziel vor Augen doch die Streckenführung macht nochmal eine große Schleife um den Festplatz herum
und dann ins Ziel! Aaaarrrggghhh! "Scheiss Festplatz, scheiss Strecke"
Ich laufe durch die Schleife, komme Richtung Ziel. Links und rechts des Ziels stehen Fotografen und
machen Fotos von allen Finishern. Rechts hängt die Uhr mit der Bruttozeit. Sie zeigt 1:59:36.
Schlagartig kehrt Ruhe in mich, denn meine Nettozeit ist besser. Ich setze ein Lächeln für den
Fotografen auf (versuche es zumindest), schaue in die Kamera und überquere die Ziellinie.
Brutto Zeit: 1:59:43Netto Zeit: 1:59:10 (Messung mit Chip)
Ich trudle aus in den Läufer-Zielbereich. Laufe herum, total verwirrt und setze mich einfach kurz
auf den Boden. Atme tief durch und schaue mich um. Denken...heiß...die Sonne knallt vom
Himmel....Durst. Ich stehe wieder auf und gehe zum Wasserstand. Trinke ein Wasser und laufe weiter.
Ein Stand mit Karamalz. Immer her damit. Ooohh wie lange habe ich das nicht mehr getrunken.
Und wie gut mir das gerade tut. Die Lebensgeister kommen zurück in meinen Körper.
Ich stelle mich an der Ausgabe für die Finisher-Shirts an. Aber auch das ist ein Kampf. Nach
über 10 Minuten habe ich endlich ein Shirt ergattert und besuch gleich noch mal den Karamalz-Stand.
Am Zaun entdecke ich Mitja, ich gehe hin und er gratuliert mir. Kathy müsste auch irgendwo im
Getümmel beim Shirt Stand sein. Nach etwas Smalltalk taucht Kathy auch schon drausen auf.
Bei ihr lief alles super, nur minimale Geschwindigkeitseinbußen auf den letzen Kilometern.
Sie hat eine lockere 1:55:46 erreicht und ist damit die 50.te Frau überhaupt auf der Halb-Marathon
Strecke.
Feste Nahrung hat mein Körper auch weitere 3 Stunden verweigert. Aber dann ging es wieder aufwärts.
Zum Glück habe ich heute frei und kann es mir gut gehen lassen.
Gestern habe ich mich noch mit einem Bier belohnt, wollte noch einen Film schauen, bin aber
eingeschlafen. :oops:
Heute geht es mir wieder super. Ein wenig Ziehen in den Oberschenkeln (da kündigt sich ein
Muskelkater an), und eine kleine Blase habe ich mir auch erlaufen, aber sonst ist alles bestens.
Auch das "Scheiss Laufen" habe ich inzwischen wieder revidiert.
Die nächsten zwei Wochen bleibt beim Laufen auch die Uhr zu Hause und ich gehe nur nach Lust und
Laune laufen.
Nachher gehe ich jetzt an meinem freien Tag erstmal einkaufen. Vieleicht kaufe ich mir als
Belohnung ein weiteres Paar Laufschuhe.
Nachbetrachtung:
Die Geschichte mit den Magenkrämpfen ärgern mich jedoch, doch ein wenig. Irgendwie bin ich auch ein
wenig unzufrieden, da ich weiß, dass ich sicherlich 3-4 Minuten hätte schneller sein können.
Aber was solls. Wieder was gelernt. Das nächste mal gehe ich beim ersten Trinken einfach ein paar
Schritte. die 5-8 Sekunden die man da verliert kann man getrost vernachlässigen.
Naja jetzt habe ich eine persönliche Bestzeit und die gilt es zu schlagen. Entweder im Dezember,
aber da wollten wir eigentlich nur zum Spass und ohne Ziel-Ambitionen laufen, oder spätestens im
nächsten Jahr.
Gruß,
Havoc.